Rz. 27

In seiner 1. Alt. sieht § 29b Abs. 1 AO die Zulässigkeit der Datenverarbeitung zur Erfüllung der der Finanzbehörde obliegenden Aufgaben vor. Ausweislich der Gesetzesbegründung sind die Aufgaben des Verantwortlichen in erster Linie § 85 AO zu entnehmen, nach dem die Finanzbehörden die Steuern nach Maßgabe der Gesetze gleichmäßig festzusetzen zu haben.[1]

Die Zulässigkeit der Datenverarbeitung folgt nach dem Konnexitätsprinzip der Aufgabenzuständigkeit. Primäraufgabe der Finanzbehörden ist die gesetz- und gleichmäßige Besteuerung unter struktureller Vollzugssicherung.[2] Die Durchführung des oder der Besteuerungsverfahren nach § 85 AO folgt dem gemeinsamen Zweck der gleichmäßigen Festsetzung und Erhebung entstandener Steuern. Begrifflich könnte hierunter also auch die Herstellung der Belastungsgleichheit in anderen Steuerfällen gefasst werden. Allerdings erscheint dies für die Verwendung der Daten eines individuellen Stpfl. ein zu weit gehender Zweck zu sein, da dieser nur in eigener Sache seinen individuellen Mitwirkungspflichten[3] nachkommt.[4]

Aus Sicht der Verwaltung ist daher als Zweck der Verarbeitung personenbezogener Daten nach § 29b Abs. 1 AO die Durchführung des jeweiligen Steuerverwaltungsverfahrens gegenüber dem betreffenden Stpfl. differenziert nach Steuerart und Veranlagungsart zu sehen.[5] Das hat zur Folge, dass Daten, die in früheren Zeiträumen erklärt wurden, aber für die Besteuerung eines späteren Veranlagungszeitraums genutzt werden sollen (z. B. Aktivierung angeschaffter Wirtschaftsgüter; Erwerb einer Beteiligung), nicht auf Grundlage des § 29b AO verarbeitet werden können. Gleiches gilt, wenn im Rahmen der ESt-Erklärung erhobene Daten für Zwecke der Verprobung der USt oder Erkenntnisse aus früheren Jahren für die Risikoklassifizierung des Steuerfalls genutzt werden sollen. In diesen Fällen stellte sich dann stets die Frage, inwieweit die Weiterverarbeitung der Daten durch § 29c AO gedeckt ist. Diese Verwaltungssicht erscheint sehr eng und auch zu wenig differenziert.[6] Mindestens vertretbar und m. E. vorzugswürdig wäre im Hinblick auf § 88a AO eine zeitraumübergreifende Zweckbestimmung.[7]

 

Rz. 28

Um denkbarer Kritik am unzureichenden Konkretisierungsgrad der Rechtsgrundlage für die Datenverarbeitung[8] zu begegnen, werden in der Gesetzesbegründung die wesentlichen Verarbeitungsvorgänge, mithilfe derer diese Aufgaben von den Finanzbehörden erfüllt werden (z. B. Deklaration und Verifikation der Besteuerungsgrundlagen, Sicherstellung der rechtlichen und tatsächlichen Belastungsgleichheit durch entsprechende Datenerhebungsregelungen, Vermeidung von strukturellen Vollzugsdefiziten), dargestellt.[9] Damit aber sind die in den Einzelsteuergesetzen enthaltenen Datenverarbeitungsregeln und die Verarbeitungszwecke, denen diese Regeln folgen, in den Anwendungsbereich des § 29b AO hineinzulesen[10] und so eine angemessene Konkretisierung des Verarbeitungszweckes vorzunehmen. Bei dem zu fordernden Konkretisierungsgrad für die Rechtsgrundlage für die Datenverarbeitung darf nicht übersehen werden, dass § 88 AO den Finanzbehörden in Bezug auf die Ermittlung und Überprüfung des steuerrelevanten Sachverhalts ein weites Ermessen und eben keinen gleichförmigen Datenerhebungsvorgang – von der an amtliche Vordrucke gebundenen Pflicht zur Abgabe einer Steuererklärung nach § 149 AO i. V. m. den Einzelsteuergesetzen einmal abgesehen – zuerkennt. Durch eine zu eng gefasste und starre Rechtsgrundlage für die Datenverarbeitung liefe dieses Verwaltungsermessen leer. Damit aber kann der Verarbeitungszweck hinreichend konkret abgeleitet werden, ohne dass es hierzu einer näheren Spezifizierung im Abs. 1 bedarf.

Rz. 29 einstweilen frei

[1] BT-Drs. 18 (11) 1068, 46; ebenso BFH v. 5.9.2023, IX R 32/21, BFH/NV 2024, 55, NJW 2023, 3668 Rz. 29.
[2] Drüen, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 29b AO Rz. 9.
[3] Vgl. § 92 AO.
[4] So offenbar Myßen/Kraus, DB 2017, 1860, 1865.
[6] Myßen/Kraus, DB 2017, 1860, 1865.
[7] Baum, in eKommentar, § 29b AO Rz. 16.
[8] Öffentliche Anhörung v. 29.5.2017, Prot.-Nr. 18/119, 1927.
[9] BT-Drs. 18 (11) 1068, 47.
[10] Vgl. z. B. § 41b EStG i. V. m. § 93c AO in Bezug auf die Einkünfte nach § 19 EStG und die Anrechnung der einbehaltene LSt auf die persönliche Steuerschuld des Arbeitnehmers.

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