Entscheidungsstichwort (Thema)

Umsatzsteuerliche Organschaft zwischen GbR und GmbH - Anteilsbesitz an GmbH durch GbR-Gesellschafter

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine finanzielle Eingliederung einer GmbH i.S.d. § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG liegt nicht vor, wenn die Anteile an der GmbH einem (nicht mehrheitlich beteiligten) Gesellschafter der GbR gehören. Etwas anderes folgt auch nicht aus der Übergangsregelung im BMF-Schreiben vom 5. Juli 2011 (BStBl. I, 2011, 703).

 

Normenkette

UStG § 2 Abs. 2 Nr. 2 S. 1

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob zwischen der Klägerin und der "A GbR" ein umsatzsteuerliches Organschaftsverhältnis vorliegt und daher von der Klägerin getätigte Umsätze als Innenumsätze von der Umsatzbesteuerung auszunehmen sind.

Die Klägerin ist die ehemalige C GmbH, eine mit Vertrag vom 28. Dezember 2000 gegründete GmbH, mit Sitz in E. Sie war im Handelsregister unter der HRB-Nr. XXX eingetragen. Gegenstand des Unternehmens war die Übernahme von Dienstleistungen im Bereich der Pflege und Betreuung pflegebedürftiger Menschen, insbesondere im Bereich der Geschäftsführung im Pflegebereich, wie die Organisation, Logistik und Planung von Pflegeeinsätzen im Bereich der stationären Krankenpflege und Altenbetreuung (§ 2 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags). Die Gesellschaft war berechtigt, alle Geschäfte vorzunehmen, die dem Gesellschaftszweck unmittelbar oder mittelbar zu fördern geeignet waren. Die Klägerin durfte andere Unternehmen gleicher oder ähnlicher Art übernehmen, sich an ihnen beteiligen oder ihre Geschäfte führen. Die Gesellschaft durfte Zweigniederlassungen errichten. Das Stammkapital der Klägerin betrug 25.000 €; Alleingesellschafterin war Frau G, die zudem zur alleinigen Geschäftsführerin berufen worden ist. Durch Gesellschafterbeschluss vom 26. Mai 2009 wurde die Liquidation der Klägerin beschlossen und Frau G zur Liquidatorin bestellt. Laut Handelsregistereintragung vom 23. August 2011 war die Liquidation zu diesem Zeitpunkt beendet und die Firma erloschen. Seit dem 26. Januar 2001 liegt dem Finanzamt eine der Steuerberatungsgesellschaft I erteilte Vertretungs- und Empfangsvollmacht vor. Aufgrund dieser Vollmacht wies das Amtsgericht K mit Schreiben vom 2. März 2017 darauf hin, dass die von der früheren Gesellschafter-Geschäftsführerin und späteren Liquidatorin beantragte Bestellung eines Nachtragliquidators in Ansehung der Fortwirkung der Vollmacht nicht erforderlich sei (§ 86 Zivilprozessordnung - ZPO).

Es existiert eine Kopie eines auf den 9. März 2001 datierten Vertragsdokuments zwischen der Klägerin und der "M GmbH". Gegenstand des Unternehmens der M GmbH war das Betreiben eines mobilen Pflegeservices. Alleiniger Gesellschafter war bis zum 26. Juni 2002 Herr O und ab dem 27. Juni 2002 Frau G. Ausweislich der Vorbemerkung zum o.g. Vertrag war die M GmbH daran interessiert, die Führung der täglichen Geschäfte ihres Unternehmens in bestimmten Bereichen - wie Organisation und Logistik - auf die Klägerin zu übertragen. Gem. § 1 des Vertrags übertrug die M GmbH der Klägerin sodann die Führung der laufenden Geschäfte des Unternehmens in den Bereichen der Organisation, des mobilen Pflegeservices und der Logistik und Planung der einzelnen Pflegeeinsätze. Die Arbeitsverhältnisse der von der M GmbH beschäftigten Arbeitnehmer wurden dadurch nicht berührt; die Klägerin sollte diesen gegenüber im Namen und für Rechnung der M GmbH agieren (§ 3 des Vertrags). Als Vergütung dafür erhielt die Klägerin 20.000 DM monatlich. In diesem Zusammenhang hieß es in § 4 des Vertrags:

"Aufgrund der umsatzsteuerlichen Organschaft ist eine Umsatzsteuer nicht im Rahmen der Vergütung anzusetzen."

Darüber hinaus existiert eine Kopie eines auf den 6. Juli 2001 datierten Vertragsdokuments, mit welchem Herr O, Frau G und Herr R die "A GbR" gründeten. Dieser Vertrag sah u. a. vor:

"§ 1 Gemeinsamer Zweck

(1) Der Zweck der Gesellschaft ist die gemeinsame Interessensvertretung, in Hinblick auf die Leistungen innerhalb der Kooperation, welche die Gesellschafter im Rahmen ihrer Beteiligungen an der "M GmbH" (Anteilseigner: Herr O) und "T GmbH" (Anteilseigner: Herr O und Herr R zu je 50 %) sowie der "C GmbH" (Anteilseignerin: G) gemeinsam erbringen.

(2) Den einander ergänzenden und bedingenden Tätigkeiten der zuvor genannten Gesellschaften, und die damit einhergehenden wirtschaftlichen Vorteile, erfordern auch bei der Umsetzung des Geschäftskonzeptes, im Innen- und Außenverhältnis, eine die gesamte Unternehmensgruppe umfassende einheitliche Entscheidungsbasis.

[...]

§ 3 Umsetzung der Interessensvertretung

Die Gesellschafter verpflichten sich, zur Erreichung des gemeinsamen Zwecks, die in dieser Gesellschaft einstimmig gefassten Beschlüsse durch einheitliches Abstimmverhalten im Rahmen der Wahrnehmung ihrer Gesellschaftsrechte in den Beteiligungen "M GmbH", "T GmbH" und "C GmbH" durchzusetzen (Stimmrechtsbindung).

Zur Durchsetzung der gemeinsamen Interessen werden die Gesellschafter ebenfalls dafür Sorge tragen, dass die Geschäftsführung vorgenannte...

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