FinMin Schleswig-Holstein, 12.8.2021, VI 302 - S 2337 - 107 I

Steuerliche Behandlung von Entschädigungen, die den ehrenamtlichen Mitgliedern kommunaler Vertretungen gezahlt werden (ab VZ 2021)
 

A. Allgemeines

Die den ehrenamtlichen Mitgliedern kommunaler Volksvertretungen gewährten Entschädigungen unterliegen grundsätzlich als Einnahmen aus „sonstiger selbständiger Arbeit„ im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG der Einkommensteuer. Dies gilt insbesondere für Entschädigungen, die für Verdienstausfall oder Zeitverlust gewährt werden.

Steuerfrei sind

  • nach § 3 Nr. 13 EStG Reisekostenvergütungen, die nach den Vorschriften des Bundesreisekostengesetzes oder entsprechender Landesgesetze gewährt werden,
  • nach § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG Aufwandsentschädigungen, soweit sie Aufwendungen abgelten, die einkommensteuerrechtlich als Betriebsausgaben berücksichtigungsfähig wären.
 

B. Anerkennung steuerfreier Aufwandsentschädigungen (§ 3 Nr. 12 Satz 2 EStG)

I. Für ehrenamtliche Mitglieder einer Gemeindevertretung oder einer Stadtvertretung gilt folgendes:

  1. Pauschale Entschädigungen und Sitzungsgelder sind steuerfrei, soweit sie insgesamt während der Dauer der Mitgliedschaft folgende Beträge nicht übersteigen:

    in einer Gemeinde oder Stadt mit Monatlich Jährlich
    höchstens 20.000 Einwohnern 125 EUR[*)] 1.500 EUR
           
    20.001 bis 50.000 Einwohnern 199 EUR[*)] 2.388 EUR
           
    50.001 bis 150.000 Einwohnern 245 EUR[*)] 2.940 EUR
           
    150.001 bis 450.000 Einwohnern 307 EUR 3.684 EUR
           
    mehr als 450.000 Einwohnern 367 EUR 4.404 EUR

    Die Nachholung nicht ausgeschöpfter Monatsbeträge in anderen Monaten desselben Kalenderjahres ist zulässig. Dabei kann jedoch der steuerfreie Jahresbetrag uneingeschränkt nur dann angesetzt werden, wenn die Mitgliedschaft in der Gemeinde- bzw. Stadtvertretung während eines ganzen Kalenderjahres bestanden hat.

  2. Neben den steuerfreien Beträgen nach Nummer 1 wird die Erstattung der tatsächlichen Fahrkosten für Fahrten von der Wohnung zum Sitzungsort und zurück als steuerfreie Aufwandsentschädigung anerkannt; bei Benutzung eines eigenen Kraftfahrzeugs ist die Wegstreckenentschädigung nach dem Bundesreisekostengesetz oder nach entsprechendem Landesgesetz maßgebend.
  3. Die steuerfreien Beträge nach Nummer 1 erhöhen sich

    1. für Amtsvorsteher in hauptamtlich verwalteten Ämtern, Stadtpräsidenten und Bürgervorsteher auf das Dreifache der Beträge nach Nummer 1,
    2. für die ständigen Vertreter der Stadtpräsidenten und Bürgervorsteher auf das Doppelte der Beträge nach Nummer 1,
    3. für Fraktionsvorsitzende auf das Doppelte der Beträge nach Nummer 1.

II. Für ehrenamtliche Mitglieder eines Kreistages gilt folgendes:

  1. Pauschale Entschädigungen und Sitzungsgelder sind steuerfrei, soweit sie insgesamt während der Dauer der Mitgliedschaft folgende Beträge nicht übersteigen:

    in einem Landkreis mit monatlich jährlich
    höchstens 250.000 Einwohnern 245 EUR[*)] 2.940 EUR
           
    mehr als 250.000 Einwohnern 307 EUR 3.684 EUR
  2. Abschnitt I Nummer 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden.

III. Für ehrenamtliche Mitglieder des Amtsausschusses bleibt von den gewährten Entschädigungen ein Betrag von 33 1/3 Prozent steuerfrei, mindestens jedoch der Betrag, der nach Abschnitt I bei einem ehrenamtlichen Mitglied einer Gemeindevertretung in Gemeinden bis zu 20.000 Einwohnern steuerfrei zu belassen ist.

IV. Die Regelungen des Abschnitts I gelten nicht bei kommunalen Zweckverbänden (z.B. Wasserversorgungs- oder Abwasserbeseitigungsverband).

V. Die Regelungen nach Abschnitt I Nummer 1 und 2 gelten sinngemäß auch für die ehrenamtlichen Mitglieder eines Ortsbeirats. Dabei ist jedoch nicht die Einwohnerzahl der Gemeinde oder der Stadt, sondern die des Ortsteils maßgebend. Für den Vorsitzenden des Ortsbeirats verdoppeln sich die steuerfreien Beträge nach Abschnitt I Nummer 1.

 

C. Wirkung der steuerfreien Aufwandsentschädigungen

Mit den steuerfreien Entschädigungen nach Teil B sind alle Aufwendungen, die mit einer ehrenamtlichen Tätigkeit im Sinne des Teils B zusammenhängen, mit Ausnahme der Aufwendungen für Geschäfts- und Dienstreisen, abgegolten. Es bleibt den Steuerpflichtigen unbenommen, ihre tatsächlichen Aufwendungen, soweit sie nicht Kosten der Lebensführung sind, die ihre wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung mit sich bringt, gegenüber dem Finanzamt nachzuweisen oder glaubhaft zu machen. In diesem Falle können die tatsächlichen Aufwendungen insoweit, als sie die steuerfreien Entschädigungen im Sinne dieses Erlasses übersteigen, als Betriebsausgaben oder Werbungskosten berücksichtigt werden.

 

D. Anwendungszeitraum

Die vorstehenden Regelungen sind erstmals für das Kalenderjahr 2021 anzuwenden.

Dieser Erlass ergeht im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen und den obersten Finanzbehörden der anderen Länder.

 

Normenkette

EStG § 3 Nr. 12 Satz 2

EStG § 18 Abs. 1 Nr. 3

[*)] Die pauschalen Entschädigungen und Sitzungsgelder sind jedoch mindestens in Höhe des in R 3.12 Absatz 3 LStR genannten Mindestbetrages von derzeit 250 EUR monatlich steuerfr...

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