rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Berücksichtigung einer Nachzahlung von Erwerbsunfähigkeitsrente an ein behindertes volljähriges Kind im Rahmen der Ermittlung der eigenen Einkünfte und Bezüge

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Berechnung, ob ein volljähriges behindertes Kind aufgrund seiner Behinderung außerstande ist, sich mit seinen eigenen Einkünften und Bezügen selbst zu unterhalten, ist nach dem Monatsprinzip vorzunehmen.

2. Nicht monatlich, sondern jährlich anfallende Einnahmen sind abweichend davon dem Monat des Zuflusses und den folgenden elf Monaten anteilig zuzurechnen. Entsprechend sind auch einmalige Einnahmen (hier eine Nachzahlung von Erwerbsunfähigkeitsrente) zu behandeln.

 

Normenkette

EStG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 3, S. 2, § 11 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 23.02.2012; Aktenzeichen V R 39/11)

BFH (Urteil vom 23.02.2012; Aktenzeichen V R 39/11)

BFH (Beschluss vom 28.03.2011; Aktenzeichen III B 144/09)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob dem Kläger für seine Tochter S. im Jahr 2003 Kindergeld zustand.

Die Familienkasse hatte dem Kläger das Kindergeld zunächst gewährt, weil S., die am 05. August 1983 geboren ist, im August 2001 eine Lehre als Fotografin begonnen hatte. Die Ausbildung sollte bis Ende Juli 2004 dauern. Am 30. September 2002 wurde der Ausbildungsvertrag jedoch einvernehmlich aufgehoben. In der Zeit vom 01. Januar bis zum 21. April 2003 bezog S. Arbeitslosengeld in Höhe von insgesamt 285,27 EUR. Die Nürnberger Versicherung erkannte S. unter dem 11. Februar 2003 einen Anspruch auf Auszahlung einer Berufsunfähigkeitsrente sowie für den Zeitraum vom 01. Mai 2002 bis zum 01. März 2003 eine Nachzahlung in Höhe von 6.530,80 EUR zu.

Der Kläger unterrichtete die Familienkasse am 13. Juli 2004 in einer persönlichen Vorsprache darüber, dass S. die Lehre aus gesundheitlichen Gründen habe abbrechen müssen und sich arbeitsplatz- bzw. ausbildungsplatzsuchend gemeldet habe. Gleichzeitig habe sie einen Behindertenausweis beantragt. Im November 2004 reichte der Kläger einen Bescheid des Amtes für Familie und Soziales vom 22. Juli 2004 nach, in dem das Amt bei S. eine Beeinträchtigung der Gehirnfunktion mit teilweisem Gesichtsfeldausfall beidseitig und einen daraus resultierenden Grad der Behinderung von 30 % feststellte. Gleichzeitig teilte das Amt mit, S. erfülle nicht die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Steuervergünstigung nach § 33b des Einkommensteuergesetzes (EStG).

Die Familienkasse gelangte zu dem Ergebnis, dass S. Einkünfte und Bezüge nach Abzug der Kostenpauschale von 180,– EUR und des Pauschbetrags für Renten von 102,– EUR im Streitjahr 2003 über dem maßgeblichen Grenzbetrag von 7.188,– EUR lagen, hob die Kindergeldfestsetzung für 2003 mit Bescheid vom 14. Februar 2005 auf und forderte den ausgezahlten Betrag von insgesamt 1.848,– EUR zurück. Das gegen diesen Bescheid geführte Einspruchsverfahren blieb ohne Erfolg.

Der Kläger hat fristgemäß Klage erhoben. S. sei schwer erkrankt. Bei ihr sei ein Hirntumor diagnostiziert worden, der mit einer massiven Einschränkung des Sehfeldes verbunden und von verschiedenartigem Kopfschmerz und Schwindel begleitet sei. Aufgrund dieser gesundheitlichen Beeinträchtigung, die bereits im Streitjahr vorgelegen habe, sei es zur Auszahlung der Berufsunfähigkeitsrente gekommen. Die Rentennachzahlung von 6.530,80 EUR sei jedoch nicht bei S. Einkünften und Bezügen anzusetzen, da diese Summe zur Einrichtung einer neuen Wohnung verwendet worden sei. Denn S. habe mit ihrer Ausbildung auch die damalige Wohnung aufgeben müssen. Sie habe für eine Übergangszeit bei ihren Eltern gewohnt und sei sodann in die Nähe der Arbeitsstätte ihrer Mutter gezogen. Damit sei gewährleistet, dass S. nahezu täglich besucht werden könne und ihr die notwendige Unterstützung zuteil werde. Darüber hinaus seien „Ausgaben von monatlich durchschnittlich 75,– EUR für weitere Unterstützungshandlungen” angefallen. Fahrtkosten, die im Zusammenhang mit der Erkrankung gestanden hätten, seien bislang ebenfalls unberücksichtigt geblieben. Diese beliefen sich „auf schätzungsweise mehr als 700,23 EUR”. Zur vorläufigen Konkretisierung sei darauf hinzuweisen, dass S. bei verschiedenen Ämtern, Ärzten und Kliniken zwischen Z. und D. vorstellig geworden sei. Hierbei sei sie auf Hilfe Dritter angewiesen gewesen, da sie aufgrund des auf 40 % verminderten Sehfeldes nicht in der Lage gewesen sei, allein zu fahren. S. in 2003 geleisteten Beiträge für ihre freiwillige Versicherung in der gesetzlichen Krankenkasse von insgesamt 867,39 EUR seien abzuziehen. Ferner seien S. Einkünfte und Bezüge um den behinderungsbedingten Mehrbedarf zu mindern, der sich nach § 33b EStG auf 310,– EUR belaufe. Schließlich sei die Rückforderung der Beklagten auch deshalb unberechtigt, weil sie bereits im Frühjahr 2003 unter Vorlage der Bestätigung über die Rentenzahlung an S. unterrichtet worden sei, das Kindergeld jedoch weitergezahlt habe.

Der Kläger bea...

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