rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Unterhaltsleistungen im Jahr 2011 an den in der Russischen Föderation lebenden Vater sowie an die in der Ukraine lebende Mutter bei eigenem monatlichen Nettoeinkommen des Steuerpflichtigen bzw. seiner Ehefrau von jeweils weniger als 1.500 Euro nicht nach § 33a Abs. 1 EStG abziehbar. tatsächliche Unterhaltspflicht als Voraussetzung nach § 33a Abs. 1 S. 1 EStG. Zumutbarkeit einer eigenen Erwerbstätigkeit der unterstützten Person bis zum 65. Lebensjahr

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Für die Frage, ob Personen gegenüber dem Unterhaltszahler i. S. d. § 33a Abs. 1 S. 1 EStG 2011 „gesetzlich unterhaltsberechtigt” sind, ist eine konkrete Betrachtungsweise in dem Sinne erforderlich, dass alle zivilrechtlichen Voraussetzungen eines Unterhaltsanspruchs (§§ 1601 bis 1603 BGB) vorliegen müssen, die Unterhaltskonkurrenzen (§§ 1606, 1608, 1609 BGB) zu beachten sind und insbesondere die Bedürftigkeit des Empfängers i. S. d. § 1602 BGB nicht unterstellt werden darf, sondern tatsächlich vorliegen muss.

2. Grundsätzlich kann auch von in Russland bzw. der Ukraine lebenden, über 60 Jahre alten Elternteilen nach den insoweit maßgeblichen inländischen Maßstäben ungeachtet eines dort ggf. geltenden niedrigeren Renteneintrittsalters eine eigene Erwerbstätigkeit zur Bestreitung des Lebensunterhalts bis zum 65. Lebensjahr erwartet werden. Sind die Eltern zur Überzeugung des Gerichts trotz gesundheitlicher Probleme noch erwerbsfähig, so sind sie nicht bedürftig i. S. d. § 1602 Abs. 1 BGB, wenn sie sich nicht durchgängig um eine eigene Erwerbstätigkeit bemüht haben.

3. Unterhaltsaufwendungen können im Allgemeinen nur dann als zwangsläufig und folglich als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden, wenn sie in einem angemessenen Verhältnis zum Nettoeinkommen des Leistenden stehen und diesem nach Abzug der Unterhaltsleistungen noch die angemessenen Mittel zur Bestreitung des Lebensbedarfs verbleiben. Bei Unterhaltszahlungen an im Ausland lebende Eltern ist im Jahr 2011 nicht mehr auf die Grundsätze zur sog. Opfergrenze abzustellen.

4. Beim sogenannten Verwandtenunterhalt beträgt der angemessene Selbstbehalt gegenüber den Eltern im Veranlagungszeitraum 2011 mindestens 1.500 Euro monatlich (vgl. Ziffer 21.3.2. Unterhaltsleitlinien des Oberlandesgerichts Dresden, Stand 1.1.2011). Beträgt das ggf. um Unterhaltspflichten gegenüber den eigenen Kindern bzw. dem Ehegatten bereinigte monatliche Nettoeinkommen des Steuerpflichtigen weniger als 1.500 Euro, so ist er gegenüber seinen Eltern nicht leistungsfähig i. S. d. § 1603 BGB und damit nicht unterhaltspflichtig. Gleichwohl an die Eltern aus sittlicher Verbundenheit, nicht aber aufgrund einer tatsächlichen Unterhaltspflicht erbrachte Unterhaltsleistungen sind jedoch nicht nach § 33a Abs. 1 EStG abziehbar.

 

Normenkette

EStG 2011 § 33a Abs. 1 Sätze 1, 6, § 1 Abs. 1; BGB §§ 1601-1603, 1609

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Abzugsfähigkeit der Unterhaltsleistungen an den in der Russischen Föderation lebenden Vater des Klägers sowie an die in der Ukraine lebende Mutter der Klägerin.

Die Kläger sind verheiratet und wurden im Jahr 2011 (Streitjahr) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.

Der Kläger erzielte im Streitjahr aus seiner nichtselbständigen Tätigkeit als Geschäftsführer Einkünfte in Höhe von 42.000 Euro. Die Klägerin erzielte im Streitjahr aus ihrer geringfügigen Beschäftigung Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit in Höhe von 4.920 Euro und als Promoterin Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von 2.979 Euro. Die Kläger leben mit ihren beiden leiblichen Kindern, den Söhnen V., geboren am 29.1.1999 und I., geboren am 4.12.2006, für die sie im Streitjahr laufend Kindergeld in Höhe von jeweils 2.208 Euro bezogen, in einem gemeinsamen Haushalt. Die Kläger erhielten im Streitjahr Steuererstattungen von 352 Euro. Der Kläger wendete Beiträge in Höhe von 980 Euro zur Basiskranken- und Pflegeversicherung auf, wobei sich die tatsächlichen Aufwendungen zur Kranken- und Pflegeversicherung auf insgesamt 1.240 Euro beliefen. Die Klägerin wendete Beiträge zur Rentenversicherung (Arbeitnehmeranteil) von 251 Euro und zur Basiskranken- und Pflegeversicherung von 306 Euro auf.

Die Mutter der Klägerin, A. I. N., geboren am 8.2.1949 im Dorf J., war im Streitjahr verwitwet und hielt sich in den Zeiträumen vom 1.1.2011 bis 14.2.2011 und vom 23.11.2011 bis 31.12.2011 im Haushalt der Kläger auf. Im übrigen Zeitraum hielt sie sich an ihrem Wohnsitz in der ul. M. 132 in B., S., Ukraine auf. Sie bezog als Rentnerin im Streitjahr ukrainische Renteneinnahmen in Höhe von 10.117,84 UAH (Hrywnja) (ca. 919 Euro). Sie lebte im Streitjahr in einer selbstgenutzten Immobilie, deren Wert mit 2000 UAH angegeben wurde. Sie übte im Streitjahr keine Erwerbstätigkeit aus.

Der Vater des Klägers, V. S., geboren am 29.9.1948 in S., war im Streitjahr geschieden und hielt sich in den Zeiträumen vom 1.1.2011...

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