rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Schätzung der Lohnsteuer mit einem durchschnittlichen Steuersatz wegen nicht ordnungsgemäßer Aufzeichnung der Löhne in Lohnkonten

 

Leitsatz (redaktionell)

Das Finanzamt war berechtigt, wegen nicht ordnungsgemäß in Lohnkonten aufgezeichneter Lohnzahlungen die Lohnsteuer in Anlehnung an § 40 Abs. 1 EStG 2002 und R 126 Abs. 3 LStR mit dem Mindeststeuersatz (§ 39b Abs. 2 Satz 8 Halbs. 1 EStG 2002) zu schätzen und den Arbeitgeber als Haftungsschuldner in Anspruch zu nehmen, wenn zwar für insgesamt 108 Arbeitnehmer nachträglich Lohnkonten eingereicht worden sind, die im Wesentlichen vollständig erscheinen, wenn aber die darin gemachten Angaben offenbar nicht zeitnah aufgezeichnet worden sind und wenn nunmehr für einzelne Arbeitnehmer mehrere Lohnkonten mit verschiedenen Angaben vorliegen, sodass der Eindruck entsteht, dass ohne entsprechende Aufzeichnungen im Streitzeitraum nachträglich durch zum Teil beliebige Annahmen z. B. hinsichtlich der Lohnsteuerklasse Lohnkonten erstellt worden sind, und wenn somit die individuellen Besteuerungsmerkmale der Empfänger der bislang unversteuerten Aushilfslöhne nicht zu ermitteln sind.

 

Normenkette

EStG 2002 § 40 Abs. 1, § 39b Abs. 2 Sätze 2, 6, 8 Hs. 1, § 42d Abs. 3 S. 2; AO § 191 Abs. 1, § 162 Abs. 1-2, § 158; LStR R 126 Abs. 3

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Streitig blieb zuletzt, ob bei der Lohnsteuerhaftung für 2003 ausgezahlte Löhne, die nicht ordnungsgemäß in Lohnkonten aufgezeichnet wurden, die Lohnsteuer in Anlehnung an § 40 Abs. 1 EinkommensteuergesetzEStG – mit einem durchschnittlichen Steuersatz geschätzt werden darf.

Bei einer Lohnsteueraußenprüfung für den Zeitraum 01.01.2003 bis 31.12.2006 legte die Klägerin für 2003 nur ein Lohnjournal für Mai bis Dezember 2003 vor, in dem die Löhne einer Arbeitnehmerin (F.) aufgezeichnet waren. Da darüber hinaus keine Lohn- und Finanzbuchungsunterlagen und keine Bilanz oder Einnahmeüberschussrechnung vorlagen, schätzte die Lohnsteuer-Außenprüfung entsprechend dem Bilanzansatz 2002 für 2003 Aushilfslöhne i.H.v. 10.797 Euro. Auf Grund dessen nahm der Beklagte die Klägerin mit Haftungsbescheid vom 17.01.2008 unter anderem für den Zeitraum 2003 für Lohnsteuer, Solidaritätszuschläge und evangelische und römisch-katholische Kirchensteuer in Haftung. Den Steuersatz schätzte der Beklagte dabei in Anlehnung an § 40 Abs. 1 EStG, R 126 Abs. 3 – LStR – mit dem Mindeststeuersatz nach § 39b Abs. 2 Satz 8 Halbs. 1 EStG von 19,9 % (Bruttosteuersatz). Zur Begründung des Auswahlermessens wird ausgeführt, dass die Beklagte anstelle der Arbeitnehmer in Haftung genommen werde, weil Fehler bei einer größeren Zahl von Arbeitnehmern gemacht worden seien, ein entschuldbarer Rechtsirrtum nicht vorliege und eine Inanspruchnahme des Arbeitgebers nicht unbillig erscheine.

Dagegen legte die Klägerin am 28.01.2008 Einspruch ein. Zur Begründung führte sie aus, sie habe ausschließlich eine Mitarbeiterin fest beschäftigt. Diese sei ordnungsgemäß abgerechnet worden und im Lohnjournal enthalten. Darüber hinaus habe sie nur geringfügig beschäftigte Arbeitnehmer eingestellt, die nach ihrer jeweiligen Lohnsteuerklasse abgerechnet worden seien. Die Berechnung von pauschaler Lohnsteuer komme daher nicht in Betracht. Sofern die Arbeitnehmer einer Religion angehörten, sei entsprechend der veranlagten Lohnsteuer auch Kirchensteuer sowie Solidaritätszuschlag berechnet worden. Auf Grund der geringen Höhe der gezahlten Aushilfslöhne sei die Zahlung von Lohnsteuer nicht in Betracht gekommen. Zur weiteren Begründung ihres Einspruchs legte die Klägerin ihre Geschäftskontoauszüge vor, woraus sich im Jahr 2003 gezahlte Aushilfslöhne i.H.v. 39.114,01 Euro ergeben. Daraufhin setzte der Beklagte mit Haftungsbescheid vom 11.04.2008 nach vorheriger Anhörung der Klägerin die Haftungssumme für 2003 auf 8.912,30 Euro herauf. Dabei berücksichtigte er für 2003 anstelle des bislang geschätzten Betrages die auf Grund der vorgelegten Kontoauszüge festgestellten Aushilfslöhne. Mit Einspruchsentscheidung vom 07.01.2009 wies er den Einspruch der Klägerin als unbegründet zurück.

Am 10.02.2009 hat die Klägerin Klage erhoben.

Im Klageverfahren hat die Klägerin Lohnunterlagen vorgelegt, woraufhin der Beklagte mit Haftungsbescheid vom 08.01.2010 die Haftungssumme für 2005 und 2006 auf Null Euro herabgesetzt hat. Daraufhin hat die Klägerin den Rechtsstreit wegen Lohnsteuerhaftung 2004 bis 2006 für erledigt erklärt. Für 2003 hat die Klägerin zunächst am 20.10.2009 für 21 Arbeitnehmer Lohnkonten des Jahres 2003 vorgelegt. Am 15.01.2010 hat sie für 74 Arbeitnehmer Lohnkonten eingereicht. In diesen sind die 21 Arbeitnehmer enthalten, für die bereits am 20.10.2009 die Lohnunterlagen vorgelegt worden sind. Dabei weichen hinsichtlich einiger Arbeitnehmer die Angaben zur Lohnsteuerklasse und/oder der Lohnhöhe in den am 15.01.2010 vorgelegten Konten von den am 20.10.2009 vorgelegten Konten ab. Insgesamt weisen die...

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