Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulässigkeit der Einzelbewertung des Feldinventars mit Teilschätzungen in Form des Ansatzes der Maschinenringsätze trotz fehlender Kosten- und Leistungsrechnung. Grasnarbe kein Umlaufvermögen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Beim Feldinventar handelt es sich steuerlich um selbstständige Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens, wobei das Feldinventar einer abgrenzbaren Fläche (eines einzelnen Feldes) jeweils als selbständiges Wirtschaftsgut anzusehen ist.

2. Das Feldinventar muss auch bei Fehlen einer Kosten- und Leistungsrechnung nicht mit den Durchschnittswerten gemäß den Standardherstellungskosten des Bundesministeriums für Landwirtschaft – BML – bewertet werden, es kann auch eine Einzelbewertung des Feldinventars aufgrund einer Inventur mit Teilschätzungen in Form des Ansatzes der Maschinenringsätze vorgenommen werden.

3. Die über mehrere Jahre, in der Regel über fünf Jahre, stehende Grasnabe des Feldfutters ist dazu geeignet und bestimmt, dem landwirtschaftlichen Betrieb dauerhaft zu dienen, und gehört daher nicht zum Umlauf-, sondern zum Anlagevermögen; insoweit kann daher kein Feldinventar angesetzt werden.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 1 S. 1, § 5 Abs. 1 S. 1, § 6 Abs. 1 Nr. 2; BGB § 94 Abs. 1; HGB § 240 Abs. 3-4

 

Tenor

Die geänderten Bescheide über Körperschaftsteuer 2004 und 2005, gesonderte Feststellung des verbleichenden Verlustabzugs zur Körperschaftsteuer zum 31.12.2002 und zum 31.12.2003 und gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes zum 31.12.2002 und zum 31.12.2003 jeweils vom 18.02.2008 in Gestalt der zusammengefassten Einspruchsentscheidung 03.08.2010 werden dahingehend geändert, dass bei der Bilanzierung des Feldinventars

  1. die Flächen gemäß der Schlagkarteien der Klägerin, wie sie vom Beklagten in der Übersicht im Schriftsatz vom 09.09.2011 zusammengefasst wurden, zugrunde gelegt werden,
  2. die danach (nur) für Sommerfrüchte (Sommergerste, Erbsen, Hafer, Hanf, Mais) genutzten Flächen mit 28,18 EUR/ha (Pacht und Grundsteuer für drei Monate)
  3. und die danach (auch) für Winterfrüchte (Winterraps, Wintergerste, Triticale, Winterweizen) genutzten Flächen mit den Inventurwerten der Klägerin zuzüglich der anteiligen Grundsteuer für drei Monate i.H.v. 2,28 ER/ha angesetzt werden

    sowie

  4. die danach für Feldgras genutzten Flächen ohne Ansatz bleiben.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 v.H. des zu vollstreckenden Betrages abwenden wenn nicht die Klägerin vor der Vollstrechung Sicherheit i gleicher Höhe leistet.

 

Tatbestand

Streitig ist die Bewertung des Feldinventars der Klägerin.

Die Klägerin betreibt eine gemischte Landwirtschaft. Ihr Wirtschaftsjahr ist das Kalenderjahr. In den Jahren 2002 und 2003 erzielte sie ihre Umsatzerlöse zu rund 20 v.H. aus der Pflanzenproduktion. Reichlich 60 v. H. ihrer Umsatzerlöse erzielte die Klägerin durch die Milchproduktion.

Die Klägerin aktivierte ihr Feldinventar. Die Bewertung erfolgte durch Erfassung der einzelnen Schläge. Diese wurden mit den anteiligen Pachtaufwendungen für reichlich drei Monate, den Einzelkosten des ausgebrachten Saatgutes und der ausgebrachten Pflanzenschutz- bzw. Düngemittel sowie zur Erfassung des Wertverzehrs des Anlagevermögens und der Personalkosten mit den für den örtlichen Maschinenring in den Streitjahren geltenden Richtsätzen bewertet. Flächen, die nur für Sommerfrüchte (Sommergerste, Erbsen, Hafer, Hanf, Mais) genutzt wurden, blieben ohne Ansatz, weil die Klägerin aus Trinkwasser- und Bodenschutzgründen auf eine Herbstfurche verzichtet. Ebenfalls ohne Ansatz blieben die für Feldgras genutzten Flächen.

Auf Grund einer Betriebsprüfung für die Jahre 2002 bis 2005 gelangte der Beklagte zu der Auffassung, dass das Feldinventar mit Durchschnittswerten gemäß den Standardherstellungskosten des Bundesministeriums für Landwirtschaft – BML – nach den Verfügungen der Oberfinanzdirektion C. – OFD – vom 17.01.2003 S 2133 – 6/19 – St 21 und vom 04.08.2003 S 2123 – 6/222 – St 21 anzusetzen sei. Eine betriebsindividuelle Ermittlung der Herstellungskosten setze eine Kosten- und Leistungsrechnung voraus. Einer Schätzung der Gemeinkosten im Rahmen der Einzelbewertung nach den Maschinenringwerten sei nicht zuzustimmen, weil die obersten Finanzbehörden der Länder eine ausreichende Repräsentanz dieser Werte bislang nicht feststellen hätten können. Werde keine Kosten- und Leistungsrechnung erstellt, sei auf die auf statistischen Erhebungen bei Landwirten beruhenden und repräsentativen Werten des BML-Jahresabschlusses zurückzugreifen. Von dieser Schätzungsmethode lasse die Rechtsprechung allenfalls eine Abkehrmöglichkeit zu, wenn die Durchschnittswerte retrograd ermittelt würden. Zudem sei ein Übergang von den Standardherstellungskosten zur Einzelbewertung mit betriebsindividuellen Beträgen wegen des Grundsatzes der Bewertungsstetigkeit nach § 252 Abs. 1 Nr. 6 Handelsgesetzbuch – HGB – unzulässig. Fern...

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