Entscheidungsstichwort (Thema)

Eiskunstlaufprofi als Gewerbetreibender. Abgrenzung zwischen Kunst und Sport. Gewerbesteuermessbescheide gegen vermeintliche GbR. Aufhebung. Beteiligter

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Tätigkeit eines Eiskunstläufers besteht weniger darin, Eindrücke, Erfahrungen und Erlebnisse durch das Medium des Eiskunstlaufs in einer bestimmten Formensprache zu unmittelbarer Anschauung zu bringen, sondern zielt vielmehr darauf ab, Preisrichter und Publikum durch besondere körperliche Fähigkeiten zu beeindrucken. Es ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass er damit keine freiberuflichen Einkünfte aus künstlerischer Tätigkeit, sondern als Sportler Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt.

2. Erzielt nicht eine vermeintliche GbR, sondern die einzelnen „Beteiligten” jeweils selbständig gewerbliche Einkünfte, so ist der Gesellschafter, der die Aufhebung des gegen die vermeintliche Gesellschaft ergangenen Gewerbesteuermessbescheides beantragt, Beteiligter dieses Verfahrens im Sinne von § 174 Abs. 4 AO. Gegen ihn kann nach der Aufhebung innerhalb der Frist des § 174 Abs. 4 Satz 3 AO ein Gewerbesteuermessbescheid erlassen werden.

 

Normenkette

EStG 1990 § 15 Abs. 2 S. 1, § 18 Abs. 1 Nr. 1; EStG 1997 § 15 Abs. 2 S. 1, § 18 Abs. 1 Nr. 1; GewStG 1991 § 2 Abs. 1; AO § 174 Abs. 4 S. 3, Abs. 5; FGO § 69 Abs. 3 S. 1, Abs. 2 S. 2

 

Tenor

1. Der Antrag wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahren trägt die Antragstellerin.

3. Die Beschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob die Einkünfte der Antragstellerin der Gewerbesteuer unterliegen oder ob sie als Künstlerin freiberuflich tätig war.

Die Klägerin ist Eiskunstläuferin. Am 6. Juni 1997 reichte die Klägerin die Einkommensteuererklärung 1995 beim Antragsgegner ein. Darin erklärte sie u.a. im Hinblick auf ihre Eiskunstlauftätigkeit Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit. Mit Bescheid vom 16. Juli 1997 setzte der Antragsgegner die Einkommensteuer 1995 antragsgemäß auf 43.756,00 DM fest. Die Steuerfestsetzung erfolgt nach § 164 Absatz l AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

Am 13. März 1998 reichte die Antragstellerin die Einkommensteuererklärung für das Jahr 1996 beim Antragsgegner ein. Mit Bescheid vom 18. Juni 1998 setzte der Antragsgegner abweichend von den Angaben der Antragstellerin die Einkommensteuer 1996 auf 3.289,00 DM fest. Die Festsetzung erfolgte nach § 164 Absatz l AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

Am 30. April 1999 reichte die Antragstellerin die Einkommensteuerklärung für das Jahr 1997 beim Antragsgegner ein. Mit Bescheid vom 20.05.1999 setzte der Antragsgegner abweichend von den Angaben der Antragstellerin die Einkommensteuer 1997 auf 8.742,00 DM fest. Die Steuerfestsetzung erfolgt nach § 164 Absatz l AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

Gewerbesteuererklärungen wurden nicht angegeben. Bei der Antragstellerin wurde vom 7. September 1999 bis zum 2. Februar 2000 eine Betriebsprüfung durchgeführt, die sich u.a. auf die Frage der Qualifizierung der Einkünfte als Eiskunstläuferin und die Frage einer Mitunternehmerschaft mit ihrem Eiskunstlaufpartner erstreckte. Die Betriebsprüfung bejahte Einkünfte aus gewerblicher Tätigkeit, die im Rahmen einer Mitunternehmerschaft erzielt worden seien. In Auswertung des Berichtes der Betriebsprüfung vom 19. April 2000 setzte der Antragsgegner mit Bescheid vom 9. Juni 2000 die Einkommensteuer 1996 mit 50.748,00 DM, die Einkommensteuer 1997 mit 69.677,00 DM und die Einkommensteuer 1995 mit 52.353,00 DM mit 4.711,77 DM fest. Ein Gewerbesteuermessbetragsbescheid gegenüber der Antragstellerin erging nicht.

Mit Bescheid vom 10. September 2001 erließ der Antragsgegner Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung 1995, 1996 und 1997. Dieser sowie der Gewerbesteuermessbetragsbescheid für die GbR wurde auf den Einspruch der Antragstellerin in dem diesbezüglichen Einspruchsverfahren aufgehoben, da der Antragsgegner entsprechend dem Vortrag der Antragstellerin im Einspruchsverfahren wegen der Gewerbesteuer der GbR nicht mehr von einer Mitunternehmerschaft ausging. Die Antragstellerin wurde nach Auskunft des Antragsgegners in dem Einspruchsverfahren gegen den Gewerbesteuermessbetragsbescheid der GbR nicht hinzugezogen.

Mit Bescheid vom 24. November 2005 setzte der Antragsgegner den Gewerbesteuermessbetrag für die Jahre 1995 bis 1997 fest (1995: 644,23 Euro, 1996: 3.796,34 Euro und 1997: 7.298,69 Euro). Die Änderung des Bescheides wurde auf § 174 Abs. 4 AO gestützt. Mit Schreiben vom 15. Dezember 2005 legte die Antragstellerin dagegen Einspruch ein. Sie führte darin aus, dass sie keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb erziele, da sie freiberuflich als Künstlerin tätig sei. Der ebenfalls gestellte Antrag auf Aussetzung der Vollziehung wurde vom Antragsgegner abgelehnt. Über den Einspruch ist noch nicht entschieden.

In ihrem gerichtlichen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung trägt die Antragstellerin vor, dass bis zum Jahr 1994 die Einkünfte der Antragstellerin als freiberufl...

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