rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Streitwert der Klage des Insolvenzverwalters auf Erteilung einer Bescheinigung zur Freistellung vom Steuerabzug bei Bauleistungen. Ablehnung des Antrags auf Erteilung einer Freistellungsbescheinigung i.S.d. § 48 b EStG. Streitwertfestsetzung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Streitwert der durch den Insolvenzverwalter über das Vermögen eines Bauunternehmens erhobenen Klage auf Erteilung einer Freistellungsbescheinigung nach § 48b EStG ist im Wege des Ermessens nach der Bedeutung der Bescheinigung für den Antragsteller zu bestimmen.

2. Da der Insolvenzverwalter vom Finanzamt die Auskehrung der nach § 48a Abs. 1 EStG abgeführten Beträge verlangen kann, ist sein Interesse an der Erteilung der Freistellungsbescheinigung niedriger zu bewerten als der Gesamtbetrag der abgezogenen Steuer.

3. In Anlehnung an den Streitwert der Stundung einer Steuerforderung erscheint es sachgerecht, das Interesse mit 10 % des Gesamtbetrags der Abzugssteuer anzusetzen.

 

Normenkette

GKG § 13 Abs. 1 S. 1; EStG 2002 § 48 Abs. 1 S. 3, § 48a Abs. 1, § 48b Abs. 1 S. 1; AO 1977 §§ 5, 222

 

Tenor

Der Streitwert wird auf EUR 2745,29 festgesetzt.

 

Gründe

Auf Antrag des Klägers war der Streitwert gem. § 25 Abs. 2 Satz 1 GerichtskostengesetzGKG – festzusetzen. Dabei ist nach § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Im Streitfall beantragte der Kläger als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Fa. MR die Erteilung einer Freistellungsbescheinigung nach § 48 b EinkommensteuergesetzEStG –. Die Freistellungsbescheinigung befreit den Leistungsempfänger von Bauleistungen von der Pflicht zum Steuerabzug nach § 48 b Abs. 1 Satz 1 EStG, anderenfalls müsste er 15 v. H. von der Gegenleistung abziehen und gem. § 48 a Abs. 1 EStG an das Finanzamt abführen, sodass der Leistende lediglich 85 v. H. des Werklohnes erhält. Gerät der Leistende in Insolvenz, kann der Insolvenzverwalter vom Finanzamt die Auskehrung der nach § 48 a Abs. 1 EStG abgeführten Beträge verlangen, das Finanzamt kann diese Beträge nicht mit etwaigen Steuerschulden der Gemeinschuldnerin verrechnen, sondern es ist insoweit Insolvenzgläubiger nach § 38 Insolvenzordnung – InsO –. Nach Anmeldung zur Tabelle stünde ihm dann lediglich eine Befriedigung in Höhe der Verteilungsquote zu, nach der die Insolvenzmasse zu verteilen ist (Beschluss des Bundesfinanzhofes – BFH – vom 13. November 2002 – I B 147/02, BStBl II 2003, 716).

Daraus folgt, dass im Streitfall das Interesse des Klägers an der Erteilung der Freitstellungsbescheinigung mit 10 v. H. des Betrages zu bemessen ist, der als Steuerabzug in Betracht kommt, also 15 v. H. der Forderungen, welche aus Bauleistungen gem. § 48 Abs. 1 Satz 3 EStG entstanden sind. Entgegen der Ausführungen des Beklagten ist der Streitwert nicht gem. § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG mit 4.000 Euro anzusetzen. Dies ist nur dann statthaft, wenn der Sachverhalt keine genügenden Anhaltspunkte für die Streitwertfestsetzung bietet. Im Streitfall kann jedoch der Forderungsbestand aufgrund der durch die Debitorenliste der Gemeinschuldnerin nachgewiesenen Forderungen aus Bauleistungen festgestellt werden, dieser beträgt 183.019,53 Euro. Von diesem Betrag kann der Kläger als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Gemeinschuldnerin 15 v. H. abgezogenen Werklohn von den Leistungsempfängern herausverlangen, sodass der Gesamtbetrag 27.452,92 beträgt. Sein Interesse an der Erteilung der Freistellungsbescheinigung nach § 48 b EStG ist jedoch nicht mit dem vollen Betrag zu bemessen, den er mit dieser Bescheinigung herausverlangen könnte. Denn der Vorteil, den er durch die Bescheinung erlangt, liegt lediglich darin, dass das Insolvenzverfahren beschleunigt wird. Ohne die Freistellungsbescheinigung müsste er die von den Leistungsempfängern abgeführten Beträge vom Finanzamt herausverlangen, wozu unter Umständen auch längere Rechtstreitigkeiten erforderlich wären (vgl. insoweit BFH-Beschluss vom 13. November 2002, a. a. O.). Da der Insolvenzverwalter also ohnehin einen Anspruch auf Auskehr der Abzugsteuer hat, ist sein Interesse an der Erteilung der Freistellungsbescheinigung niedriger zu bewerten als der Gesamtbetrag der abgezogenen Steuer. Der Vorteil besteht allenfalls in ersparten Zinsen. Überdies musste der Insolvenzverwalter den vereinnahmten Betrag in Höhe der Insolvenzquote wieder an das Finanzamt abführen. Ferner kann der Rechtsgedanke der Stundung herangezogen werden. Wird die Stundung einer Steuerforderung begehrt, ist als Streitwert regelmäßig 10 v. H. des zu stundenden Steuerbetrages anzusetzen (Gräber-Ruban, FGO, vor § 135 Rn. 35). Auch insoweit wird lediglich ein geringer Prozentsatz für das Interesse an der späteren Zahlung der Steuerschuld als Streitwert herangezogen. Sachgerecht erscheint daher, das Interesse mit 10 v. H. vom Gesamtbetrag der Abzugsteuer anzusetzen. Daher war der Streitwert mit 10 v. H. aus 27.452,92, also 2.745,29 festzusetze...

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