Leitsatz

Ein Arbeitnehmer ist regelmäßig nicht verpflichtet, im laufenden Arbeitsverhältnis routinemäßigen Blutuntersuchungen zur Klärung einer eventuell vorliegenden Alkohol- oder Drogenabhängigkeit zuzustimmen.

Ein Arbeitnehmer war als bewaffneter ziviler Wachmann seit 1989 bei den Britischen Streitkräften in Bielefeld beschäftigt. Jährliche ärztliche Untersuchungen ergaben keine Beanstandungen. Im Jahr 1996 wurde diese jährliche ärztliche Untersuchung um eine Überprüfung auf Alkohol- und Drogenabhängigkeit erweitert, was nur unter Entnahme einer Blutprobe möglich ist. Der Wachmann verweigerte auch nach einer Abmahnung die Blutentnahme. Daraufhin kündigten die Streitkräfte das Arbeitsverhältnis mit der ordentlichen Kündigungsfrist. Das Bundesarbeitsgericht hat die Kündigung für unwirksam erklärt.

Eine ärztliche Untersuchung des Arbeitnehmers mit daran anschließender Offenbarung personenbezogener Daten durch einen Arzt an den Arbeitgeber führt regelmäßig zu einem Eingriff in die Intimsphäre des Arbeitnehmers, die verfassungsrechtlich geschützt ist. Zwar hat der Arbeitgeber an sich ein berechtigtes Interesse, nur solche Arbeitnehmer zu beschäftigen, die nicht infolge Alkohol- bzw. Drogenmissbrauchs im Betrieb eine Gefahr für sich und andere darstellen. Dies gilt insbesondere, wenn der Arbeitnehmer im Dienst eine Waffe führt. Im Hinblick auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers kann der Arbeitgeber eine Blutuntersuchung jedoch nur verlangen, wenn Umstände vorliegen, die bei vernünftiger und lebensnaher Anschauung die ernsthafte Besorgnis begründen, bei dem betreffenden Arbeitnehmer könne eine Alkohol- bzw. Drogenabhängigkeit vorliegen. Solche Umstände waren hier nicht ersichtlich.

 

Link zur Entscheidung

BAG, Urteil vom 12.08.1999, 2 AZR 55/99

Anmerkung

Praxishinweis: Nur wenn konkrete Verdachtsmomente für eine Alkohol- oder Drogenabhängigkeit vorliegen, kann der Arbeitgeber vom Arbeitnehmer eine diesbezüglich ärztliche Untersuchung verlangen.

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