Rz. 225

In Niedersachsen wurde zur Besteuerung der Grundstücke als wirtschaftliche Einheiten des Grundvermögens (sog. Grundsteuer B) – abweichend vom Bundesrecht – ein sog. „"Flächen-Lage-Modell" eingeführt. Analog zum "Flächen-Faktor-Verfahren" in Hessen erweitert das niedersächsische "Flächen-Lage-Modell" das bayerische – reine – Flächenmodell (siehe Rz. 70 ff.) zwecks Lagedifferenzierung um einen Lagefaktor, der sich aus dem Verhältnis des Bodenrichtwerts der Bodenrichtwertzone, in der das zu bewertenden Grundstücks liegt, zum durchschnittlichen Bodenrichtwert der Gemeinde ermittelt und mithilfe eines Exponenten in Höhe von 0,3 gedämpft wird. Es handelt sich hierbei nicht um eine "Vollregelung" des gesamten Grundsteuer- und Bewertungsrechts, sondern lediglich um Abweichungen vom Bundesrecht, einschließlich erforderlicher Ergänzungen. Soweit der Landesgesetzgeber keine abweichenden Regelungen getroffen hat, findet das bundesgesetzlich geregelte Grundsteuer- und Bewertungsrecht als "partielles Bundesrecht" weiter Anwendung.[1]

 

Rz. 226

Im Gegensatz zum hessischen "Flächen-Faktor-Verfahren" hält das niedersächsische "Flächen-Faktor-Verfahren" jedoch an dem dreistufigen Besteuerungsverfahren für die Grundsteuer B fest. Auf der ersten Stufe werden für die wirtschaftlichen Einheiten des Grundvermögens – abweichend von den Grundsteuerwerten im Bundesmodell – Äquivalenzbeträge festgestellt. In dem Feststellungsbescheid sind ergänzend auch Feststellungen zu treffen über die Fläche von Grund und Boden und die Gebäudeflächen sowie ihre Einordnung als Wohn- oder Nutzfläche. Hierauf aufbauend wird auf der zweiten Stufe durch Anwendung landesrechtlich vorgegebener Grundsteuermesszahlen auf die festgestellten Äquivalenzbeträge für den Grund und Boden und etwaiger Gebäude der Grundsteuermessbetrag ermittelt und festgesetzt. Auf der dritten Stufe erfolgt schließlich die eigentliche Grundsteuerfestsetzung durch die Gemeinden, die hierbei die von ihnen bestimmten Hebesätze auf den Grundsteuermessbetrag anwenden.

Die Äquivalenzbeträge werden erstmals auf den 1.1.2022 allgemein festgestellt (Hauptfeststellung). Weitere turnusmäßige Hauptfeststellungen sind nicht vorgesehen. Die Lagefaktoren werden in Abständen von sieben Jahren automatisiert geprüft. Dies kann zu einzelfallbezogenen Betragsfortschreibungen führen.

Die Grundsteuermessbeträge werden im Anschluss an die Hauptfeststellung der Äquivalenzbeträge auf den 1.1.2025 allgemein festgesetzt (Hauptveranlagung). Im Fall der Neufeststellung des Äquivalenzbetrags aufgrund einer Betrags- oder Flächenfortschreibung erfolgt grundsätzlich auch eine Neufestsetzung des Grundsteuermessbetrags.

Sowohl für die Feststellung des Äquivalenzbetrags als auch für die Festsetzung des Grundsteuermessbetrags ist das Lagefinanzamt zuständig (§§ 18, 22 AO).

Den Gemeinden steht das verfassungsrechtlich verankerte Recht zu, die Hebesätze der Grundsteuer im Rahmen der Gesetze festzusetzen (Art. 106 Abs. 2 S. 2 GG). Zur Herstellung der Aufkommensneutralität werden die Gemeinden durch den niedersächsischen Landesgesetzgeber aber verpflichtet, bei der Hauptveranlagung auf den 1.1.2025 anhand des bisherigen Grundsteueraufkommens und des künftig erwarteten Grundsteueraufkommens aufgrund der neuen Grundsteuermessbeträge einen aufkommensneutralen Hebesatz zu ermitteln und in geeigneter Art und Weise zu veröffentlichen. Unter Verweis auf § 25 GrStG wird den niedersächsischen Gemeinden ab dem Jahr 2025 landesrechtlich die Möglichkeit eingeräumt, für unbebaute baureife Grundstücke eine sog. Grundsteuer C zu erheben.

 

Rz. 227

Für den Bereich der Betriebe der Land- und Forstwirtschaft (Grundsteuer A) sind gem. § 11 NGrStG nur punktuelle Abweichungen bei der Bestimmung der wirtschaftlichen Einheit von den bundesgesetzlichen Regelungen vorgenommen worden. Diese führen nicht zu signifikanten Abweichungen zum Bundesrecht.

[1] Krumm/Paeßens, GrStG, Grundlagen, Rn. 76.

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