Rz. 14

Um eine relations- und realitätsgerechte Bewertung zu gewährleisten, sah sich der Gesetzgeber veranlasst, die in § 256 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BewG für Ein- und Zweifamilienhäuser normierten Zinssätze in Korrelation zu bestimmten Bodenrichtwertniveaus abzustufen.[1] Nach § 256 Abs. 2 BewG verringert sich der Liegenschaftszinssatz bei Ein- und Zweifamilienhäusern um jeweils 0,1 Prozentpunkte je volle 100 EUR, die der Bodenrichtwert oder Bodenwert nach § 247 Abs. 3 BewG je m² Grundstücksfläche die Grenze von 500 EUR/m² Grundstücksfläche übersteigt. Ab einem Bodenrichtwert oder Bodenwert nach § 247 Abs. 3 BewG je m² Grundstücksfläche von 1.500 EUR/m² Grundstücksfläche wird ein einheitlicher Liegenschaftszinssatz von 1,5 % angewendet. Im Ergebnis wird hiermit eine Gleitzone eingeführt, in der der Liegenschaftszinssatz in Stufen je 100 EUR Bodenrichtwert von 2,5 % (bis 599 EUR Bodenrichtwert) auf 1,5 % (ab 1.500 EUR Bodenrichtwert) absinkt und ab diesem Bodenrichtwert konstant bleibt.[2]

Abstufung der Liegenschaftszinssätze bei EFH/ZFH

Die Höhe des Liegenschaftszinssatzes hat einen erheblichen Werteinfluss. Eine Absenkung von 0,1 Prozentpunkten führt bei Ein- und Zweifamilienhäusern mit einer noch langen Restnutzungsdauern zu einer Erhöhung des Grundsteuerwerts von bis zu 5 %.

Die gestufte Absenkung der Liegenschaftszinssätze bei Ein- und Zweifamilienhäusern in Gebieten mit hohen Bodenrichtwertniveaus trägt in mehrfacher Hinsicht zu einer relations- und realitätsgerechteren Bewertung bei. Sie leistet insbesondere einen Beitrag zu einer stärkeren Lagedifferenzierung innerhalb der Gemeinden. Insbesondere in Großstädten wirkt sie somit den lagebezogenen Defiziten entgegen, die den – gemeindebezogenen – durchschnittlichen Nettokaltmieten in der Anlage 39 zum BewG anhaftet (§ 252 BewG Rz. 37). In hochpreisigen Lagen wirkt sie des Weiteren einer Unterbewertung entgegen. Schließlich reduziert sie in erheblichem Maße die Anzahl der Mindestwertfälle i. S. d. § 251 BewG.

Eine Absenkung des Liegenschaftszinssatzes für Ein- und Zweifamilienhäuser auf 1,5 % in besonders guten Lagen bildet den Teilmarkt typisch ab. So betrug z. B. der durchschnittliche Liegenschaftszinssatz für wiederverkaufte Reihen- und Doppelhäuser in München 2018 1,6 % bei einer Spanne von 1,3 – 1,9 %.[3]

Die empfehlenden Ausschüsse des Bundesrates hatten gleichwohl eine Streichung der Regelung empfohlen. Nach ihrer Ansicht bedürfe es für eine relations- und realitätsgerechte Bewertung von Einfamilienhäusern, Zweifamilienhäusern und Wohnungseigentum für Zwecke der Grundsteuer keiner Reduzierung der gesetzlich typisierten Liegenschaftszinssätze für Grundstücke mit höheren Bodenrichtwerten. Die an die jeweilige Mietniveaustufe angepassten Listen-Mieten, die Bodenrichtwerte und die je nach Grundstücksart unterschiedlich hohen Liegenschaftszinssätze bewirken bereits eine hinreichende Differenzierung nach wesentlichen Wertmerkmalen zwischen den Grundstücken verschiedener Grundstücksarten und innerhalb der Grundstücksarten.[4]

Der Bundesrat ist in seiner Stellungnahme zum Entwurf eines Grundsteuer-Reformgesetzes vom 20.9.2019[5] dieser Empfehlung jedoch – zurecht – nicht gefolgt.

 
Praxis-Beispiel

Ermittlung des Liegenschaftszinssatzes für ein Einfamilienhaus bei hohem Bodenrichtwertniveau:[6]

Für ein Einfamilienhausgrundstück beträgt der Bodenrichtwert 950 EUR/m².

Der Liegenschaftszinssatz für Einfamilienhäuser beträgt grundsätzlich 2,5 %. Da im vorliegenden Fall der Bodenrichtwert von 950 EUR/m² die Grenze von 500 EUR/m2 um 4 volle 100 EUR übersteigt, reduziert sich der Liegenschaftszinssatz um 0,4 Prozentpunkte (4 x 0,1 Prozentpunkte) auf 2,1 %.

Nach zutreffender Verwaltungsauffassung ist die Kürzung des Liegenschaftszinssatzes nach § 256 Abs. 2 und 3 BewG regelmäßig anhand des für die Lagequalität prägenden Bodenrichtwerts vorzunehmen.[7] Liegt die wirtschaftliche Einheit in mehreren Bodenrichtwertzonen, soll dies i. d. R. der Bodenrichtwert der Bodenrichtwertzone sein, in welcher das Gebäude belegen ist (i. d. R. höherer Bodenrichtwert). Als zulässig erachtet wird aber auch ein nach Flächenanteilen gewichteter Bodenrichtwert.[8]

Der nach Flächenanteilen gewichtete Bodenrichtwert ermittelt sich wie folgt:

 
TF 1 in m² x BRW TF 1 in EUR/m² + TF 2 in m² x BRW 2 TF 2 in EUR/m² + TF n in m² x BRW TF n in EUR/m²
TF 1 in m² + TF 2 in m² + TF n in m²

TF = Teilfläche

BRW = Bodenrichtwert

N = Nummer der ggf. weiteren Teilflächen

 
Praxis-Beispiel

Ermittlung des für die Kürzung (Absenkung) des Liegenschaftszinssatzes nach § 256 Abs. 2 BewG maßgeblichen Liegenschaftszinssatzes bei mehreren Bodenrichtwertzonen unter Berücksichtigung des nach Flächenanteilen gewichteten Bodenrichtwerts

Ein mit einem Einfamilienhaus bebautes Grundstück befindet sich mit einer Teilfläche von 600 m² in einer Bodenrichtwertzone mit einem Bodenrichtwert von 920 EUR (baureifes Land / Wohnbaufläche -reines Wohngebiet) und mit einer Teilfläche von 200 m² in einer Bodenrichtwertzone mit einem Bodenrichtwert von 65...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge