Rz. 14

Ein Teilerlass von der Grundsteuer nach § 34 GrStG setzt zunächst voraus, dass der normale Rohertrag des bebauten Grundstücks in einem bestimmten Ausmaß (s. Rz. 21) gemindert ist.

Den Begriff des normalen Rohertrags hat der Gesetzgeber im Rahmen des Grundsteuer-Reformgesetzes v. 26.11.2019[1] unter Berücksichtigung des reformierten Bewertungsrechts fortentwickelt und dabei – im Gegensatz zur bisherigen Regelung in § 33 GrStG – konkretisiert.

Normaler Rohertrag ist bei bebauten Grundstücken gem. § 34 Abs. 1 S. 3 und 4 GrStG die nach den Verhältnissen zu Beginn des Erlasszeitraums geschätzte übliche Jahresmiete, die in Anlehnung an die Miete zu ermitteln ist, die für Räume gleicher oder ähnlicher Art, Lage und Ausstattung regelmäßig gezahlt wird. Betriebskosten sind hierbei gem. § 34 Abs. 1 S. 5 GrStG nicht einzubeziehen.

Einerseits wurde mit dieser Begriffsbestimmung die Verwaltungsvereinfachung, die mit der Neufassung des bisherigen § 33 Abs. 1 GrStG im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2009 mit Wirkung zum 1.1.2008 erreicht wurde, erhalten.[2] Durch die generelle Anknüpfung an die zu Beginn des Erlasszeitraums geschätzte übliche Jahresmiete ist für die Bestimmung des normalen Rohertrags insbesondere nicht mehr relevant, ob zu Beginn des KJs (Erlasszeitraums) eine Vermietung oder ein Leerstand vorliegt und welche Mieteinnahmen für die tatsächlich überlassenen Räume erzielt werden. Gegenstandslos ist darüber hinaus die Frage, ob das bebaute Grundstück im Ertrags- oder Sachwertverfahren zu bewerten ist. Anderseits trägt die Begriffsbestimmung dem Umstand Rechnung getragen, dass die – umlagefähigen – Betriebskosten nach § 2 der Betriebskostenverordnung[3] regelmäßig nicht in den Rohertrag einzubeziehen sind.[4]

Zur Ermittlung der üblichen Jahresmiete gibt es in der Praxis verschiedene Möglichkeiten. Im Sinne der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur bis einschließlich des Kalenderjahres 2024 geltenden Einheitsbewertung ist eine übliche Miete in erster Linie durch unmittelbaren Vergleich aus tatsächlich gezahlten Mieten für geeignete Vergleichsobjekte abzuleiten (Vergleichsmieten).[5] Liegen derartige Vergleichsmieten nicht vor, kann zur Ermittlung der üblichen Jahresmiete bei zu Wohnzwecken genutzten Gebäuden/Gebäudeteilen insbesondere die ortsübliche Vergleichsmiete aus örtlichen Mietspiegeln i. S. d. §§ 558c, 558d BGB herangezogen werden. Die ortsübliche Vergleichsmiete wird gem. § 558 Abs. 2 BGB gebildet aus den üblichen Entgelten, die in der Gemeinde oder einer vergleichbaren Gemeinde für Wohnraum vergleichbarer Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage einschließlich der energetischen Ausstattung und Beschaffenheit in den letzten 6[6] Jahren vereinbart oder, von Erhöhungen der Betriebskosten nach § 560 BGB abgesehen, geändert worden sind. Ausgenommen ist Wohnraum, bei dem die Miethöhe durch Gesetz oder im Zusammenhang mit einer Förderzusage festgelegt worden ist. Für die ortsübliche Vergleichsmiete relevant sind somit grundsätzlich alle Neuvermietungen der letzten 6Jahre sowie alle Bestandsverträge, bei denen die Miete in den letzten 6 Jahren geändert wurde. Werden in einem Mietspiegel nur Mietspannen angegeben, die nicht weiter differenziert werden können, sollte grundsätzlich auf die Mittelwerte abgestellt werden. Es obliegt den Beteiligten (Gemeinde oder Steuerschuldner) darzulegen, weshalb hiervon im konkreten Einzelfall abgewichen werden muss. Eventuell kann auch eine Mietdatenbank i. S. d. § 558e BGB herangezogen werden. Dies ist eine zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete fortlaufend geführte Sammlung von Mieten, die von der Gemeinde oder von Interessenvertretern der Vermieter und Mieter gemeinsam geführt und anerkannt wird.

Für nicht zu Wohnzwecken genutzte Gebäude/Gebäudeteile kann in der Praxis nur selten auf örtliche Gewerbemietspiegel zurückgegriffen werden. Für diese Objekte kann ggf. auch ein Abgleich mit den Mietverhältnissen in vergleichbaren überregionalen Lagen hilfreich sein.

Weitere Erkenntnisquellen für die Ableitung der üblichen Jahresmiete können insbesondere die Grundstücksmarktberichte der Gutachterausschüsse, Veröffentlichungen der Fachverbände, wie beispielsweise die Orientierungsrahmen Gewerbemieten der IHK[7] sowie der Wohnpreis- und Gewerbepreis-Spiegel des IVD, Anzeigen in Zeitungen oder Internetportalen sein.

 
Hinweis

Für Zwecke der Grundsteuer dürfte nur in Ausnahmefällen ein aufwendiges Mietwertgutachten eines Sachverständigen in Betracht kommen.

Maßgeblich ist die nach den Verhältnissen zu Beginn des Erlasszeitraums geschätzte übliche Jahresmiete. Mithin ist insbesondere unerheblich, ob eine Vermietung oder ein Leerstand vorliegt und welche Mieteinnahmen für die tatsächlich überlassenen Räume tatsächlich erzielt werden.

 

Rz. 15

einstweilen frei

[1] BGBl I 2019, 1794.
[3] Verordnung über die Aufstellung von Betriebskosten (BetriebskostenverordnungBetrKV) v. 25.11.2003, BGBl I 2003, 2346, zuletzt geändert durch Art. 15 des Gesetzes v. 23...

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