2.1 Begriff des Grundstücks

 

Rz. 9

In § 244 Abs. 1 BewG wird das Grundstück als wirtschaftliche Einheit des Grundvermögens (§ 243 BewG) definiert. Diese Definition folgt der tradierten bewertungsrechtlichen Begriffsbestimmung in § 70 Abs. 1 BewG.

Mit der Verwendung des Terminus "wirtschaftliche Einheit" des Grundvermögens wird auf die allgemeine Begriffsbestimmung zur wirtschaftlichen Einheit in § 2 BewG zurückgegriffen. Hiernach ist insbesondere nach der Verkehrsanschauung zu entscheiden, was als wirtschaftliche Einheit zu gelten hat. Die wirtschaftliche Einheit des Grundvermögens bestimmt sich mithin vornehmlich nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten (Rz. 11).

Wenngleich in der Praxis das bewertungsrechtliche Grundstück mit dem Grundstück i. S. d. bürgerlichen Rechts häufig deckungsgleich sein wird, deckt sich der bewertungsrechtliche Grundstücksbegriff nicht mit dem – grundbuchrechtlichen – Grundstücksbegriff des bürgerlichen Rechts.[1] Nach bürgerlichem Recht erstreckt sich ein Grundstück nur auf den räumlich abgegrenzten Teil der Erdoberfläche, der gem. § 3 GBO im Grundbuch ein eigenes Grundbuchblatt erhält oder gem. § 4 Abs. 1 GBO unter einer eigenen Nummer im Bestandsverzeichnis auf einem gemeinschaftlichen Grundbuchblatt verzeichnet ist. Demgegenüber ist der bewertungsrechtliche Grundstücksbegriff teils enger (z. B. kein forst- und landwirtschaftliches Vermögen) und teils weiter (z. B. Zusammenfassung mehrere Grundstücke i. S. d. bürgerlichen Rechts zu einer wirtschaftlichen Einheit). Für die Abgrenzung der wirtschaftlichen Einheiten des Grundvermögens ist es mithin grundsätzlich ohne Bedeutung, ob eine Grundstücksfläche ein Grundstück i. S. d. bürgerlichen Rechts ist, denn die wirtschaftliche Einheit des Grundvermögens kann sowohl mehrere Grundstücke i. S. d. bürgerlichen Rechts umfassen, als auch nur Teil eines Grundstücks i. S. d. bürgerlichen Rechts sein.[2]

Der bewertungsrechtliche Grundstücksbegriff deckt sich auch nicht mit dem katasterrechtlichen Flurstücksbegriff. Für die Abgrenzung der wirtschaftlichen Einheiten des Grundvermögens ist es grundsätzlich unerheblich, ob eine Grundstücksfläche katastertechnisch verselbstständigt ist und ein eigenes Flurstück bildet. Das bewertungsrechtliche Grundstück kann mehrere Flurstücke umfassen, aber auch nur Teil eines Flurstücks sein.[3]

 
Hinweis

Im amtlichen Liegenschaftskatasterinformationssystem (ALKIS) werden alle Flurstücke und Gebäude mit ihren räumlichen Abgrenzungen maßstabsgetreu dargestellt (Liegenschaftskarte) und beschrieben, wozu z. B. die Gemarkung, die Flur- und Flurstücksnummer, die Größe des Flurstücks, die Lagebezeichnung und die tatsächliche Nutzungsart gehören (Liegenschaftsbuch). Das Liegenschaftskataster ist ein amtliches Verzeichnis i. S. d. Grundbuchordnung.

 

Rz. 10

einstweilen frei

[1] A 244 Abs. 1 S. 2 BewGrSt.
[2] Halaczynski, in Rössler/Troll, BewG, § 70 Abs. 1 Rz. 4; BFH v. 26.2.1986, II R 236/83, BFH/NV 1987, 366.

2.2 Grundstück als wirtschaftliche Einheit des Grundvermögens

 

Rz. 11

Nach § 244 Abs. 1 BewG bildet jede wirtschaftliche Einheit des Grundvermögens ein Grundstück. Der Begriff der wirtschaftlichen Einheit ist ein bewertungsrechtlicher Typusbegriff, um den Bewertungsgegenstand abzugrenzen bzw. die Bewertungseinheit zu bestimmen. Maßgebend ist nach der allgemeinen Bewertungsvorschrift in § 2 Abs. 1 S. 3 BewG, was nach der Verkehrsanschauung als wirtschaftliche Einheit zu gelten hat. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung ist hierunter die Anschauung zu verstehen, die urteilsfähige und unvoreingenommene Bürger von einer Sache haben oder gewinnen können, wenn sie mit ihr befasst werden.[1] Zu beachten ist, dass sich die Verkehrsanschauung mit der wirtschaftlichen Entwicklung weiterentwickelt.

Unter der Prämisse der Verkehrsanschauung bestimmt sich der Begriff "wirtschaftliche Einheit" vornehmlich nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten.[2] Dabei sind gem. § 2 Abs. 1 S. 4 BewG die örtliche Gewohnheit und tatsächliche Übung (Rz. 12), die Zweckbestimmung (Rz. 13) und die wirtschaftliche Zusammengehörigkeit (Rz. 14) der einzelnen Wirtschaftsgüter zu berücksichtigen. Neben objektiven Merkmalen, wie die örtliche Gewohnheit und tatsächliche Übung sowie wirtschaftliche Zusammengehörigkeit, sind mithin auch subjektive Merkmale, wie die Zweckbestimmung, maßgebend. Stehen die subjektiven Merkmale allerdings im Widerspruch zu den objektiven Merkmalen, sind die objektiven Merkmale maßgeblich.[3]

Insbesondere bei Wohngrundstücken wird darüber hinaus die Möglichkeit zur Veräußerung der wirtschaftlichen Einheit unter Berücksichtigung der tatsächlichen Gegebenheiten des Bewertungsgegenstandes vorausgesetzt (Rz. 15).

Mehrere Wirtschaftsgüter können nach § 2 Abs. 2 BewG grundsätzlich aber nur zu einer wirtschaftlichen Einheit zusammengefasst werden, wenn sie demselben Eigentümer gehören (Grundsatz der Einheitlichkeit des Eigentums).

Mit der Bestimmung der wirtschaftlichen Einheit des Grundvermögens wird entschieden, welche Vermögensgegenstände des Grundvermögens (§ 243 B...

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