[Ohne Titel]

Alexander v. Wedelstädt[*]

[*] Der Autor ist Abteilungsdirektor a.D. und war als Gruppenleiter bzw. Referatsleiter in der Oberfinanzdirektion Düsseldorf (jetzt Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen) zuständig für das steuerliche Verfahrensrecht, Betriebsprüfung, Steuerstrafrecht und Steuerfahndung sowie Umsatzsteuer.

I. Einleitung

§ 174 Abs. 4 AO ist eine besonders gestaltete Vorschrift zur Änderung von Steuerbescheiden und Steuerbescheiden gleichgestellten Bescheiden. Aus einer vom Steuerpflichtigen verursachten Korrektur einer falschen steuerrechtlichen Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts in einem ihm gegenüber ergangenen Steuerbescheid werden Schlussfolgerungen bei einem bestandskräftigen anderen Steuerbescheid des Steuerpflichtigen oder – § 174 Abs. 5 AO – eines Dritten durch die Änderung dieses Steuerbescheids gezogen. Die Vorschrift ist wegen ihres Ausnahmecharakters äußerst streitanfällig (Nieland, AO-StB 2011, 39, 40).

II. Änderung nach § 174 Abs. 4 AO

1. Die Regelung der Vorschrift

Nach § 174 Abs. 4 S. 1 AO können, wenn auf Grund irriger Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts ein Steuerbescheid ergangen ist, der auf Grund eines Rechtsbehelfs oder sonst auf Antrag des Steuerpflichtigen durch die Finanzbehörde zu seinen Gunsten aufgehoben oder geändert wird (Ausgangsänderung), aus dem Sachverhalt nachträglich durch Erlass oder Änderung eines Steuerbescheids oder mehrerer Steuerbescheide die richtigen steuerlichen Folgerungen gezogen werden (Folgeänderung). Dies gilt auch dann, wenn der Steuerbescheid durch das Gericht aufgehoben oder geändert wird (§ 174 Abs. 4 S. 2 AO). § 174 Abs. 4 AO ist auch auf Steuerbescheiden gleichgestellte Bescheide wie z.B. Feststellungsbescheide (§ 181 Abs. 1 AO) anzuwenden.

2. Einwendungen gegen die Ausgangsänderung

Einwendungen gegen die Ausgangsänderung wird es regelmäßig nicht geben, wenn die Ausgangsänderung dem Begehren des Steuerpflichtigen folgt, der Steuerpflichtige insoweit also nicht beschwert ist. Die Aufhebung oder Änderung nach § 174 Abs. 4 AO setzt jedoch nicht voraus, dass im Rahmen der Ausgangsänderung der bestimmte Sachverhalt steuerrechtlich zutreffend beurteilt wird oder dass dem Rechtsbehelf oder dem Antrag aus den vom Steuerpflichtigen geltend gemachten Gründen und in dem begehrten Umfang entsprochen wird (BFH v. 19.5.2005 – IV R 17/02, BStBl. II 2005, 637; v. 11.5.2010 – IX R 25/09, BStBl. II 2010, 953 = AO-StB 2010, 325 m.w.N; von Groll in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 174 AO Rz. 247 [Febr. 2019]; Bartone in Kühn/von Wedelstädt, 22. Aufl. 2018, § 174 AO Rz. 63). Wird dem Begehren des Steuerpflichtigen nicht vollumfänglich stattgegeben oder ist der Änderungsbescheid aus anderen Gründen unrichtig und damit rechtswidrig, steht ihm als Rechtsschutz zur Verfügung die Klage, wenn das Ausgangsänderungsverfahren auf Grund eines Einspruchs, der Einspruch, wenn es auf Grund eines Änderungsantrags des Steuerpflichtigen eingeleitet worden ist.

Richtigstellung gelegentlich einer anderweitigen Änderung: Die Korrektur der Beurteilung des irrig beurteilten Sachverhalts im Ausgangsänderungsverfahren muss vom Steuerpflichtigen nicht zum Gegenstand seines Rechtsbehelfs oder Antrags gemacht worden sein. Es reicht aus, wenn sie im Rahmen eines vom Steuerpflichtigen betriebenen anderweitigen Änderungsbegehrens z.B. als Folge der Überprüfung der Sache nach § 367 Abs. 2 S. 1 AO erfolgt, jedoch nicht allein auf der Initiative des FA beruht (BFH v. 2.5.2001 – VIII R 44/00, BStBl. II 2001, 562 = AO-StB 2001, 142; v. 11.5.2010 – IX R 25/09, BStBl. II 2010, 953 = AO-StB 2010, 325; von Groll in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 174 AO Rz. 247 [Febr. 2019] m.w.N.; Bartone in Kühn/von Wedelstädt, AO/FGO, 22. Aufl. 2018, § 174 AO Rz. 63). Wirkt sich in diesem Fall die Richtigstellung der Beurteilung des bestimmten Sachverhalts steuermindernd aus, fehlt es insofern an der Beschwer, sie kann also nicht Gegenstand eines Rechtsbehelfsverfahrens gegen den Änderungsbescheid sein. Da allerdings § 174 Abs. 4 S. 1 AO nicht fordert, dass sich die Richtigstellung der Beurteilung des bestimmten Sachverhalt zugunsten des Steuerpflichtigen auswirkt, das Gesetz vielmehr von einer Änderung des Steuerbescheids zugunsten des Steuerpflichtigen ausgeht, ist m.E. § 174 Abs. 4 AO auch dann anwendbar, wenn sich die gelegentlich eines anderweitigen Änderungsbegehrens des Steuerpflichtigen erfolgte Richtigstellung des bestimmten Sachverhalts steuererhöhend auswirkt, der Steuerbescheid aber auf Grund der steuermindernden Auswirkungen des Änderungsbegehrens nach Saldierung zu seinen Gunsten geändert wird, die steuermindernden Auswirkungen seines Änderungsantrags also größer sind als die steuererhöhenden Auswirkungen der Richtigstellung. Der Änderungsbescheid zugunsten des Steuerpflichtigen unterschreitet auf Grund der steuererhöhenden Beurteilung des bestimmten Sachverhalts den beantragten Umfang der Änderung. Der Steuerpflichtige ist insoweit beschwert und kann gegen den Änderungsbescheid Einspruch einlegen.

Ablehnung des Antrags auf Änderung: Nur der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass gegen die Ablehnung ei...

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