Leitsatz

Bei der Beurteilung der Gewinnerzielungsabsicht eines Winzers sind in die einen Zeitpunkt vor dem 31.12.1998 betreffende Totalgewinnprognose auch die stillen Reserven des selbst genutzten, dem Betriebsvermögen zugehörigen Einfamilienhauses einzubeziehen, die nach § 52 Abs. 15 EStG im Falle einer Entnahme oder zum 31.12.1998 als steuerfrei entnommen behandelt werden.

 

Sachverhalt

Die Kläger, zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Eheleute, erzielten jeweils Einkünfte aus nicht selbständiger Arbeit. Im Nebenerwerb unterhielten sie einen Weinbaubetrieb mit einer Anbaufläche von zuletzt 2,15 ha, dessen Ernte zu 90 % an eine Genossenschaft abgeliefert und zu 10 % durch Fass- und Flaschenweinausbau selbst vermarktet wurde. Der Gewinn aus dem Weinbaubetrieb wurde nach der Einnahme-Überschussrechnung (§ 4 Abs. 3 EStG) ermittelt. Seit dem Wirtschaftsjahr 1980/81 fielen ausschließlich Verluste an, die sich für die Wirtschaftsjahre 1983/84 bis 1994/95 auf insgesamt 581.394 DM summierten. Davon entfielen 345.401 DM auf das selbst genutzte, zum Betriebsvermögen rechnende Einfamilienhaus. Das Finanzamt erkannte die Verluste zunächst an, kam aber nach einer Betriebsprüfung zu dem Ergebnis, es liege keine Gewinnerzielungsabsicht vor. Daher wurden die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft ab dem Veranlagungszeitraum 1991 mit 0 DM festgesetzt. Der dagegen gerichteten Klage gab das FG statt, ließ jedoch wegen grundsätzlicher Bedeutung Revision zu (Az. des BFH: IV R 8/03).

 

Entscheidung

Das FG stützt seine Entscheidung darauf, dass zur Beurteilung der Gewinnerzielungsabsicht die in dem Einfamilienhaus enthaltenen stillen Reserven bei der Ermittlung des Totalgewinns zu berücksichtigen sind. Es handelt sich bei dem Einfamilienhaus um notwendiges Betriebsvermögen, des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs, dass bis zum 31.12.1998 der Nutzungswertbesteuerung unterlag (§ 13 Abs. 2 Nr. 2 EStG i.V.m. § 52 Abs. 15 EStG EStG).

Die Gewinnerzielungsabsicht ist für den Zeitraum von der Gründung bis zur Veräußerung, Aufgabe oder Liquidation des Betriebs zu prüfen. Bei der Ermittlung bzw. Prognose des entsprechenden Totalgewinns sind auch die stillen Reserven des im Betriebsvermögen gehaltenen Einfamilienhauses einzubeziehen, selbst wenn sie bei ihrer Realisierung steuerfrei blieben. Es ist nicht entscheidend, dass das Einfamilienhaus als selbstgenutzter Wohnraum ab 1987 steuerfrei hätte entnommen werden können (§ 52 Abs. 15 EStG) bzw. spätestens mit dem 31.12.1998 ohne Versteuerung stiller Reserven zu entnehmen war (BFH, Urteil v. 18.9.1996, I R 69/95, BFH/NV 1997, S. 408). Damit sind Gewinne aus der steuerbefreiten Entnahme oder Veräußerung von Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens in Form der entsprechenden stillen Reserven bei der Totalgewinnprognose zu berücksichtigen, solange die Wirtschaftsgüter zum Betriebsvermögen rechnen.

Demnach standen den durch ein Gutachten ermittelten stillen Reserven des Einfamilienhauses zum 1.1.1991 von 316.456 DM sowie den stillen Reserven anderer Wirtschaftsgüter von 10.000 DM aufgelaufene Verluste aus dem Weinbaubetrieb von 331.351 DM gegenüber. Die Differenz von Verlusten und stillen Reserven von 4.895 DM bedeutet keine Verlustsituation, die die Annahme einer Liebhaberei zu diesem Zeitpunkt rechtfertigt. Gleiches gilt für die Folgejahre, da sich unter Berücksichtigung gestiegener stiller Reserven des Hauses und gestiegener Verluste auf den 1.1.1995 ein Totalgewinn von 763 DM, auf den 1.1.1996 ein Verlust von 1.528 DM ergab. Somit konnte nicht von einer einen Totalgewinn ausschließenden Entwicklung ausgegangen werden. Dabei war bis Ende 1998 vom Verbleiben des Hauses im Betriebsvermögen auszugehen.

Da bisher noch nicht höchstrichterlich geklärt ist, ob für den Fall einer zukünftig steuerfreien Entnahmemöglichkeit von Betriebsvermögen dessen stille Reserven bei der Beurteilung der Gewinnerzielungsabsicht einzubeziehen sind und ob dabei das zu eigenen Wohnzwecken genutzte Einfamilienwohnhaus eines Winzers mit einer untergeordneter Nutzung zu betrieblichen Zwecken als Betriebsvermögen zu behandeln ist, wurde Revision zugelassen.

 

Hinweis

Für Land- und Forstwirte kann die konkrete Entscheidung nur noch bis zum Wirtschaftsjahr 1998/99 Bedeutung haben, da die Nutzungswertbesteuerung zum 31.12.1998 ausgelaufen ist. Darüber hinaus ist die Bedeutung der Revision jedoch nicht zu unterschätzen. Entscheidet sich der BFH wegen der Steuerfreiheit bei Entnahme gegen die Einbeziehung der stillen Reserven in die Totalgewinnprognose, stellt sich die Frage, ob Gleiches nicht auch für steuerfreie Einnahmen gelten muss, etwa für Investitionszulagen. Folgt der BFH dagegen der Auffassung des FG, so wird die Rechtfertigung der unterschiedlichen Vorgehensweise bei der Totalgewinnprognose im Rahmen der Gewinn- und der Überschusseinkünfte schwierig. Bei Überschusseinkünften, etwa aus Vermietung und Verpachtung, bleiben stille Reserven nämlich mangels Steuerbarkeit außer Betracht.

 

Link zur Entscheidung

FG Rheinland-Pfalz, U...

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