Zusammenfassung

 
Überblick

Nachstehend soll ein Einblick in die Nutzung der Process Mining Technologie für die Aufnahme, Dokumentation, Analyse und Optimierung administrativer Prozesse gegeben werden. Dabei ist es das Ziel, nach einer kurzen Darstellung der traditionellen Methoden zur Aufnahme und Analyse von Prozessen und dem Aufzeigen der Grenzen dieser Methoden auf das Konzept des Process Mining und dann vor allem auf die praktische Anwendung bei der Aufnahme und Analyse von Prozessen im administrativen Bereich von Unternehmen und Organisationen einzugehen.

1 Anlässe zur Aufnahme, Analyse und Optimierung administrativer Prozesse

Der Anlass für die Aufnahme administrativer Prozesse kann zunächst in einer Dokumentation der Prozesse liegen. Dies kann z. B. erfolgen, um die Prozesse im Falle eines Mitarbeiterwechsels leichter an den neuen Mitarbeiter übergeben zu können. Aus der steuerlichen Perspektive kann die Erstellung einer Verfahrensdokumentation Anlass für die Aufnahme der Prozesse sein.

Die Notwendigkeit der Erstellung einer Verfahrensdokumentation ist in der Literatur nicht unumstritten. Die Dokumentation soll dann nicht erforderlich sein, wenn das Verfahren auch ohne eine entsprechende Dokumentation erforderlich ist. Da heutzutage auch bereits bei Unternehmen, die als mittelständisch bezeichnet werden können, der Einsatz von Software nicht mehr wegzudenken ist, ergibt sich meines Erachtens im realen Leben schon daher die Notwendigkeit, eine entsprechende Dokumentation zu erstellen.

Ein weiterer wesentlicher Anlass für die Aufnahme von Prozessen liegt häufig in der Dokumentation vorhandener Prozesse und Abläufe als Basis für die Analyse und Optimierung der Prozesse, z. B. auch im Vorfeld der Einführung von IT-Systemen. Insbesondere auf diesen Anlass soll im Folgenden an verschiedenen Stellen eingegangen werden.

Darüber hinaus ist die Aufnahme und Dokumentation der Prozesse wesentliche Voraussetzung zur Zertifizierung von Prozessen, z. B. nach der Norm DIN EN ISO 9000:1000.[1]

[1] Zu weiteren Anlässen siehe auch Koch, Einführung in das Management von Geschäftsprozessen, Berlin, 2011

Deutlich ablehnend Brete in DStR 2019 S. 258; differenzierter Klein/Rätke, AO, 15 Aufl. 2020, § 147 Rn. 21 und Kromer/Kling, beck.digitax 2021 S. 32

2 Traditionelle Methoden zur Prozessaufnahme und -analyse

2.1 Methoden zur Erfassung der Prozesse

Traditionelle Methoden der Prozessaufnahme basieren im Wesentlichen auf dem Beobachten der Tätigkeit der Prozessbeteiligten und der Befragung dieser Personen oder Auswertung von Dokumenten. Dabei werden in der Regel zunächst Teilbereiche gebildet, um den Umfang und die Komplexität der Aufnahme zu reduzieren. Diese Teilbereiche können entweder anhand der Aufbauorganisation oder der Ablauforganisation definiert werden. Wird die Aufbauorganisation zugrunde gelegt, erfolgt die Aufnahme von Prozessen in Abteilungen oder Ähnlichem. Dies bringt das Problem mit sich, dass eine Aufnahme der Prozesse über die Grenzen der betrachteten Organisationseinheit hinaus schwierig wird. Schnittstellen müssen definiert werden, die dann bei der Aufnahme der Prozesse in der angrenzenden Organisationseinheit wieder verknüpft werden müssen.

Baut die Aufnahme auf der Ablauforganisation auf, hat es sich bewährt, zunächst auf einer Metaebene in einer End-to-End Betrachtung die übergreifenden Prozesse aufzunehmen und diese dann in Teilprozesse zu zerlegen.

Wenngleich etwas seltener in der Praxis anzutreffen, besteht auch die Möglichkeit, ein konkretes Objekt, z. B. eine Rechnung oder Bestellung, durch die Abläufe zu verfolgen. Man spricht dann von einem objektorientierten Vorgehen.

Die konkrete Aufnahme der Prozesse erfolgt dann im nächsten Schritt. Dazu können klassische Interviewmethoden mit strukturierten, vorbereiteten Fragebögen genutzt werden oder auch Fragebögen, die an die entsprechenden Personen verteilt und von diesen ausgefüllt werden.

Eine weitere Möglichkeit ist die Beobachtung der konkreten Tätigkeit der Prozessbeteiligten. Dabei werden die einzelnen ausgeführten Handlungen in einer Art Protokoll festgehalten. Ergänzend können verwendete Dokumente etc. festgehalten werden.

 
Praxis-Tipp

Kommunikative Prozessaufnahme

Als eine der eher kommunikativen Methoden hat sich die sog. Brown Paper Methode bewährt. Dabei dokumentieren die am Prozess Beteiligten – meist unter Moderation des Projektteams – gemeinsam den Prozess mithilfe von Haftnotizen die einzelnen Prozessschritte auf einer langen Bahn Packpapier (daher der Name der Methode). Meist werden auch gleich Probleme oder andere Anmerkungen auf andersfarbigen Haftnotizen vermerkt. Damit geht die Prozessaufnahme gleich einher mit einer ersten Analyse der Prozesse.

Festgehalten werden bei allen diesen Arten der Aufnahme in der Regel folgende Punkte:

  • Auslöser des Prozesses
  • einzelne Verarbeitungsschritte
  • benötigte Inputs (Material, Informationen, etc.)
  • am Verarbeitungsschritt Beteiligte
  • genutzte Software
  • Outputs und gegebenenfalls deren Dokumentation
  • zu treffende Entscheidungen
  • Schnittstellen zu anderen Prozessen
  • Zeiten für einzelne Verarbeitungsschritte
  • etc.

Was konkret aufgezeichnet wird, muss sich vor allem nach dem Zweck der Prozessaufnahme richten.

T...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge