Der Anleger versteuert während der Haltedauer der Investmentanteile die Ausschüttungen. Es gibt zahlreiche Fälle, in denen die Ausschüttungen geringer sind als die Erträge einer risikolosen Geldanlage, da Investmentfonds häufig die außerordentlichen Erträge und ggf. auch die laufenden Erträge (z.B. Dividenden, Mieten, Zinsen) thesaurieren. An dieser Stelle soll die Vorabpauschale nach § 18 InvStG greifen und die laufende Besteuerung thesaurierter Erträge sicherstellen. Das bedeutet, dass die Vorabpauschale steuerpflichtig ist, obwohl ihr kein Geldfluss zugrunde liegt. Die Ermittlung der Vorabpauschale als jährlich fiktiver Ertrag knüpft an die Verzinsung risikoloser Kapitalanlagen an und greift grundsätzlich dann, wenn in dem jeweiligen VZ die Ausschüttungen des Investmentfonds diese Marktverzinsung nicht erreichen (Mindestbesteuerung).

Zuflusszeitpunkt: Die Vorabpauschale gilt am ersten Werktag des folgenden Kalenderjahres als zugeflossen. Daher war im VZ 2018 eine Steuerpause hinsichtlich der Versteuerung thesaurierter Investmenterträge eingetreten. Die Vorabpauschale für das KJ 2019 somit am 2.1.2020 (VZ 2020) zugeflossen.

 

Beispiel zur Ermittlung einer Vorabpauschale

Der Basiszins für das Jahr 2019 beträgt 0,52 %, der Rücknahmepreis zum Beginn des Jahres 2019 beträgt 200 EUR, der Rücknahmepreis zum Ende des Jahres 2019 beträgt 201 EUR und die Ausschüttung je Investmentanteil im Kalenderjahr 2019 beträgt 0,30 EUR. Die Investmentanteile wurden ganzjährig gehalten.

Lösungsansatz:

Schritt 1: Ermittlung des Basisertrags

 
  Basisertrag 2019
Rücknahmepreis zu Beginn des KJ 200 EUR
x Basiszins 0,52 %
= Zwischenergebnis 1,04 EUR
./. Abschlag von 30 % 0,312 EUR
= Basisertrag 0,728 EUR

Schritt 2: Ermittlung des Höchstbetrags

 
  Höchstbetrag 2019
Rücknahmepreis zum Ende des KJ 201 EUR
abzgl. Rücknahmepreis zu Beginn des KJ 200 EUR
= Unterschiedsbetrag 001 EUR
zzgl. Ausschüttungen 0,30 EUR
= Höchstbetrag 1,30 EUR

Schritt 3: Ansatz des geringeren Betrags (Basisertrag oder Höchstbetrag)

 
  Geringerer Betrag
Basisertrag 0,728 EUR
Höchstbetrag 1,30 EUR
Geringerer Betrag 0,728 EUR

Schritt 4: Ermittlung der Vorabpauschale

 
  Höhe der Vorabpauschale
Basisertrag 0,728 EUR
abzgl. Ausschüttungen 2019 0,30 EUR
Vorabpauschale 0,428 EUR je Anteil

Die Vorabpauschale 2019 fließt am 1. Werktag des Folgejahres in 2020 zu. Die Vorabpauschale kann unter den Voraussetzungen des § 20 InvStG teilweise steuerfrei bleiben. Bei unterjährigem Erwerb ist sie anteilig anzusetzen. Bei Schritt 4 ist erkennbar, dass die Vorabpauschale nur zum Ansatz kommen soll, soweit sie die tatsächlichen Ausschüttungen übersteigt; daher stellt die Vorabpauschale lediglich eine Mindestbesteuerung sicher.

Beraterhinweis Der Basisertrag ist mit mindestens vier Nachkommastellen anzusetzen und erst nach der Multiplikation mit der Anzahl der mit Ablauf des 31.12. des Kalenderjahres verwahrten oder verwalteten Anteile an dem Investmentfonds ist eine kaufmännische Rundung auf zwei Nachkommastellen vorzunehmen (vgl. BMF v. 21.5.2019 – IV C 1 - S 1980-1/16/10010:001, BStBl. I 2019, 527 Rz. 18.4).

Die einzelnen Berechnungsschritte sind auch auf S. 2 ab Zeile 34 der Anlage KAP-INV in komprimierter Form aufgeführt. S. hierzu unten stehender Auszug aus der Anlage KAP-INV 2020.

Auszug aus der Anlage KAP-INV 2020

Vorabpauschale im Jahr des Erwerbs: Im Jahr des Erwerbs vermindert sich die Vorabpauschale um ein Zwölftel für jeden vollen Monat, der dem Monat des Erwerbs vorangeht (§ 18 Abs. 2 InvStG). Daher ist in der Anlage KAP-INV auch für die Vorabpauschale die Erfassung getrennt nach Anschaffungszeitpunkten vorgesehen (s. hierzu die Zwischenüberschrift zur Zeile 31). Für jeden Anschaffungsmonat im KJ 2019 ist eine eigene Spalte auszufüllen. Für Anschaffungen im Januar 2019 und für vor 2019 angeschaffte Investmentanteile wird die Vorabpauschale stets mithilfe der Angaben in der ersten Spalte ermittelt.

Beraterhinweis Die Daten zur angesetzten Vorabpauschale sollten bis zum Zeitpunkt der Veräußerung vorgehalten werden. Im Veräußerungsfall werden die in den Vorjahren versteuerten Vorabpauschalen gewinnmindernd berücksichtigt (s.a. Zeile 54 der Anlage KAP-INV 2020). Die Dokumentation bietet sich insb. für Fälle mehrjähriger Haltedauer an. Bei inländischer Depotführung wird die auf Ebene der auszahlenden Stellen versteuerte (angesetzte) Vorabpauschale grds. bis zum Zeitpunkt der Veräußerung vorgehalten und i.d.R. gewinnmindernd berücksichtigt.

Bei unterjähriger Neuauflage eines Investmentfonds ist der erste festgesetzte Rücknahmepreis oder falls dieser nicht vorhanden ist, der erste für diesen Investmentfonds ermittelte Börsen- oder Marktpreis bei der Ermittlung der Vorabpauschale zugrunde zu legen. Darüber hinaus ist die Vorabpauschale zeitanteilig anzusetzen (§ 18 Abs. 2 InvStG).

Anschaffung vor 2018: Die Vorabpauschale ist grds. unabhängig vom Zeitpunkt der Anschaffung der Investmentanteile zu versteuern. Für das Jahr der Veräußerung ist keine Vorabpauschale zu versteuern.

Keine fortlaufend...

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