Kommentar

Der Gesetzgeber hat mit dem JStG 2022 für kleinere Photovoltaikanlagen eine Steuerbefreiung in § 3 Nr. 72 EStG geschaffen. In der Praxis sind dazu zahlreiche Zweifelsfragen aufgetreten, zu welchen die Finanzverwaltung in einem BMF-Schreiben nun Stellung nimmt.

Hintergrund: Gesetzliche Änderungen

Photovoltaikanlagen stellen einen wichtigen Beitrag dar, um die Klimaziele zu erreichen und zugleich die Energieversorgung zu sichern. Deshalb hat der Gesetzgeber beschlossen, diese Form der Energieerzeugung möglichst einfach und handhabbar zu gestalten und insbesondere die bisher oftmals komplexe Besteuerung deutlich zu vereinfachen.

Dazu wurde bei der Einkommensteuer mit § 3 Nr. 72 EStG eine Steuerbefreiung für die typischen Photovoltaikanlagen eingeführt, sodass für kleinere PV-Anlagen ab 1.1.2022 keine einkommensteuerliche Relevanz mehr besteht. Begleitend wurde auch die Umsatzbesteuerung vereinfacht, indem für den Erwerb bzw. die Montage einer Photovoltaikanlage ab 1.1.2023 der sog. Nullsteuersatz gilt.

Ausführliche Informationen zu den Neuregelungen bei der Einkommensteuer und der Umsatzsteuer finden Sie im Beitrag Fotovoltaik: Einzelfragen und steuerliche Optimierung.

Zweifelsfragen zur steuerlichen Behandlung von Photovoltaikanlagen

Auch wenn die gesetzlichen Änderungen auf den ersten Blick vorteilhaft und vereinfachend klingen, so haben sich doch in der Praxis eine Vielzahl von Zweifelsfragen ergeben. Für die Umsatzsteuer liegt bereits seit längerem ein BMF-Schreiben vor, das zu aufgetretenen Fragen Stellung bezieht (s. hierzu Photovoltaik in der Umsatzsteuer – zum Nullsteuersatz ab 2023 (zu § 12 Abs. 3 UStG)). Bei der Einkommensteuer liegt nun auch ein Schreiben des BMF vor, in welchem die Finanzverwaltung zu einigen Unklarheiten und Folgefragen bei der Anwendung und Umsetzung der Steuerbefreiung Stellung nimmt.

BMF-Schreiben zu § 3 Nr. 72 EStG

Das BMF und die obersten Finanzbehörden der Länder geben der Finanzverwaltung die folgenden Regeln bei der Anwendung der Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 72 EStG vor:

Persönlicher Anwendungsbereich

Die Steuerbefreiung gilt für natürliche Personen, Mitunternehmerschaften und Körperschaften. In der Praxis treten oftmals Fragen zu Photovoltaikanlagen bei Eheleuten auf. Wird durch den Ehemann und die Ehefrau z. B. jeweils eine eigenständige Photovoltaikanlage mit jeweils 12 kWp betrieben, sind beide Anlagen steuerbefreit. Wird von Ehemann und Ehefrau eine gemeinsame Photovoltaikanlage mit 24 kWp auf ihrem EFH betrieben, bilden die Eheleute eine Mitunternehmerschaft, sodass auch diese Anlage steuerbefreit ist.

Sachlicher Anwendungsbereich: Leistung und Arten

Um die Größe der Photovoltaikanlage zu beurteilen ist auf die Bruttoleistung nach dem Marktstammdatenregister in Kilowatt (peak) - kurz: kWp - abzustellen.

Steuerbefreit sind Photovoltaikanlagen auf, an oder in dem jeweiligen Gebäude. Dazu gehören auch Anlagen auf Nebengebäuden (z. B. Gartenhäuser, Garagen, Carports) und auch dachintegrierte Anlagen oder Fassadenanlagen. Es ist nicht erforderlich, dass der Betreiber der PV-Anlage auch Eigentümer des Gebäudes ist.

Photovoltaikanlagen auf Freiflächen sind nicht steuerbefreit - unabhängig von deren Größe.

Sachlicher Anwendungsbereich: Kleinere Anlagen

Der Gesetzgeber hat die maximal steuerfreie Leistung von PV-Anlagen nicht einheitlich geregelt. Vielmehr ist auf die Art des Gebäudes abzustellen.

Art des Gebäudes Maximale Leistung
EFH 30 kWp
ZFH/MFH zu Wohnzwecken 15 kWp je Wohneinheit
gemischt genutzte Immobilie 15 kWp je Wohn-/Gewerbeeinheit
Gebäude ohne Wohnzwecke (z. B. Gewerbeimmobilie, Garagengrundstück) 30 kWp
Gewerbeimmobilie, mehrere Einheiten 15 kWp je Gewerbeeinheit

Bei der Anzahl der Wohn- bzw. Gewerbeeinheiten ist regelmäßig auf die selbstständige und unabhängige Nutzbarkeit abzustellen.

Hierzu hat das BMF einige Beispiele gebildet, anhand welcher zusätzlich beurteilt werden kann, ob die jeweilige Photovoltaikanlage begünstigt ist oder nicht.

Steuerfrei sind:

  • A hat auf seinen 3 Einfamilienhäusern jeweils eine Anlage mit 25 kWp - alle PV-Anlagen sind steuerfrei.
  • B hat auf einem Grundstück mit Ladengeschäft und 2 Wohnungen eine Anlage mit 40 kWp und auf einer Gewerbeimmobilie eine Anlage mit 20 kWp - alle PV-Anlagen sind steuerfrei.
  • C hat auf einem ZFH eine Anlage mit 25 kWp und auf einer Gewerbeimmobilie mit drei Gewerbeeinheiten eine Anlage mit 45 kWp - alle PV-Anlagen sind steuerfrei.
  • Ehemann D und Ehefrau E haben auf dem gemeinsamen EFH jeweils eine Anlage mit 16 kWp - beide PV-Anlagen sind steuerfrei.

Nicht steuerfrei sind:

  • F hat auf seinem EFH eine Anlage mit 34 kWp - die Anlage ist steuerpflichtig.
  • G hat auf seinem Haus mit zwei Wohneinheiten und einer dazugehörigen Garage jeweils eine Anlage mit 15,1 kWp - beide Anlagen sind steuerpflichtig.
  • H und I sind Miteigentümer eines MFH mit 3 Wohneinheiten. H betreibt auf dem Hausdach eine PV-Anlage mit 50 kWp und I auf den Garagen eine Anlage mit 10 kWp - die Anlage des H ist steuerpflichtig, nur die Anlage des I ist steuerf...

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