Leitsatz

1. Für die wirtschaftliche Eingliederung i.S. von § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG müssen die Unternehmensbereiche von Organträger und Organgesellschaft miteinander verflochten sein. Dabei kann die wirtschaftliche Eingliederung auch auf der Verflechtung zwischen den Unternehmensbereichen zweier Organgesellschaften beruhen. Es müssen aber mehr als nur unerhebliche Beziehungen zwischen den Unternehmensbereichen bestehen. Hieran fehlt es bei der Vermietung von ohne weiteres austauschbaren Büroräumen.

2. Nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG kann im Verhältnis zwischen zwei Schwestergesellschaften nicht bestimmt werden, welche Schwestergesellschaft Organträger und welche Organgesellschaft ist, so dass ohne Einbeziehung des gemeinsamen Gesellschafters keine Organschaft zwischen den beiden Schwestergesellschaften besteht (Festhalten an BFH-Urteil vom 01.12.2010 – XI R 43/08, BFHE 232, 550, BStBl II 2011, 600).

 

Normenkette

§ 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG, Art. 11 EGRL 112/2006 (= MwStSystRL)

 

Sachverhalt

Alleingesellschafter und einziger Geschäftsführer der Klägerin, einer GmbH, ist Z. Z schloss mit der Klägerin einen arbeitnehmerähnlichen Geschäftsführervertrag. Gegenstand des Unternehmens der Klägerin war insbesondere die Übernahme der persönlichen Haftung und Geschäftsführung der A‐KG (KG), deren einzige Komplementärin die Klägerin war. Einziger Kommanditist der KG war Z. Unternehmensgegenstand der KG war die Finanz- und Versicherungsmaklertätigkeit.

Im Streitjahr 2013 zahlte die KG an die Klägerin für die Geschäftsführung 24.000 EUR. Geschäftsan­schrift der Klägerin und der KG war seit Anfang 2013 A‐Straße 1 in A‐Stadt. Die Geschäftsräume mit einer Größe von 123 qm vermieteten Z und seine Ehefrau an die KG für eine Monatsmiete von 1.070 EUR. Der Mietgegenstand gehörte den Ehegatten je zur Hälfte. Im Anschluss an eine Außenprüfung ging das FA davon aus, dass die Klägerin steuerpflichtige Geschäftsführungsleistungen an die KG erbracht habe, und erließ für 2013 einen erstmaligen USt-Jahresbescheid und für 2014 geänderte USt-Festsetzungen. Die Klage zum FG hatte in Bezug auf den Streitpunkt der Organschaft keinen Erfolg (FG Düsseldorf, Urteil vom 20.11.2020, 1 K 347/19 U, Haufe-Index 14946932, EFG 2022, 287).

 

Entscheidung

Der BFH bestätigte die Klageabweisung zur Frage der Organschaft. Im Hinblick auf das Erfordernis einer Verflechtung der Unternehmensbereiche von Organträger und Organgesellschaft verneinte der BFH eine die Klägerin, die KG und Z umfassende Organschaft. Es bestehe keine unmittelbare wirtschaftliche Eingliederung der Klägerin in Z als Organträger, da Z seine Geschäftsführertätigkeit bei der Klägerin nichtselbstständig ausgeübt habe. Es liege auch keine mittelbare wirtschaftliche Eingliederung der Klägerin in das Unternehmen des Z aufgrund einer Verflechtung mit dem Unternehmensbereich der KG vor. Zwar ergebe sich aus der entgeltlichen Geschäftsführung der Klägerin für die KG eine wirtschaftliche Verflechtung zwischen diesen. Es sei aber die KG nicht wirtschaftlich in das Unternehmen des Z eingegliedert, da der Vermietung durch den Kläger an die KG nur untergeordnete Bedeutung zugekommen sei.

 

Hinweis

1. Für die wirtschaftliche Eingliederung bei einer Organschaft i.S.v. § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG stellt der BFH weiterhin auf eine Verflechtung der Unternehmensbereiche von Organträger und Organgesellschaft ab. Ob dieses Erfordernis unionsrechtskonform ist, sieht der BFH als bedeutungslos an, da im Hinblick auf den eindeutigen Wortlaut des nationalen Rechts eine abweichende richtlinienkonforme Auslegung nicht in Betracht kommt.

2. Die wirtschaftliche Eingliederung muss nicht aufgrund unmittelbarer Beziehungen zum Organträger bestehen, sondern kann auch auf der Verflechtung zwischen den Unternehmensbereichen zweier Organgesellschaften beruhen.

3. Inhaltlich erfordert die wirtschaftliche Eingliederung einen vernünftigen wirtschaftlichen Zusammenhang i.S. einer wirtschaftlichen Einheit, Kooperation oder Verflechtung zwischen den Unternehmensbereichen von Organträger und Organgesellschaft. Die Tätigkeiten in diesen Bereichen müssen zumindest aufeinander abgestimmt sein und sich dabei fördern und ergänzen. Dabei braucht die Organgesellschaft nicht wirtschaftlich vom Organträger abhängig zu sein. Es müssen aber mehr als nur unerhebliche Beziehungen zwischen den Unternehmensbereichen bestehen.

Die Vermietung eines Betriebsgrundstücks mit einer Größe von 2 982 qm, dem für die Unternehmenstätigkeit besonderes Gewicht zukommt, oder einer Halle mit 967 qm und einem Bürotrakt bestehend aus sieben Räumen mit 273 qm hat der BFH in der Vergangenheit als ausreichend angesehen. Demgegenüber genügt eine Vermietung von nicht eigens für die Unternehmenstätigkeit in besonderer Weise ausgestatteten und daher ohne Weiteres austauschbaren Büroräumen nicht, da ihr eine nur geringe Bedeutung zukommt.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 1.2.2022 – V R 23/21

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