Leitsatz (amtlich)

Fällt einer von zwei in einem Ehegattentestament eingesetzten Schlusserben ohne Hinterlassung von Abkömmlingen weg, sind bei Anwendung der Regel des § 2270 Abs. 2 BGB die Wirkungen der Anwachsung (§ 2094 Abs. 1 Satz 1 BGB) von der Wechselbezüglichkeit umfasst.

 

Normenkette

BGB § 2094 Abs. 1 S. 1, § 2270 Abs. 2

 

Verfahrensgang

AG Regensburg (Beschluss vom 29.11.2016; Aktenzeichen 553 VI 2427/16)

 

Tenor

1. Die Beschwerde des Beteiligten zu 2 gegen den Beschluss des AG Regensburg vom 29.11.2016, Az. 553 VI 2427/16, mit dem Antrag auf Einziehung des erteilten Erbscheins wird zurückgewiesen.

2. Der Beschwerdeführer trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Der Beschwerdewert wird auf 45.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Erblasserin war mit F. verheiratet. Dieser hatte zwei leibliche Kinder, den Beteiligten zu 1 und Frau G., welche mit dem Beteiligten zu 2 verheiratet war.

Der Ehemann der Erblasserin verfasste am 10.9.1991 handschriftlich folgendes Schriftstück:

"Unser Testament

Regensburg, 10.9.1991

Wir, die Eheleute F. und A., setzen uns gegenseitig als Erben ein.

Erben des Überlebenden von uns sollen unsere Kinder B. und G., zu gleichen Teilen sein.

F.

Die Erblasserin setzte handschriftlich auf dasselbe Schriftstück folgenden Passus:

"Regensburg 10.9.1991

Vorstehendes ist auch mein letzter Wille.

A."

Der Ehemann der Erblasserin starb am 26.12.2013.

Am 26.2.2014 errichtete die Erblasserin zu Urkundsnummer ... der Notarin I. in Regensburg folgendes notariellen Testament, das unter anderem vorsah:

"§ 1 Vorbemerkung

Ich bin wie im Eingang des Testaments erwähnt, verwitwet. Abkömmlinge, auch adoptierte, habe und hatte ich nicht.

Mein verstorbener Ehemann hatte aus seiner ersten Ehe zwei Kinder:

  • B. [...]
  • G. [...]

[...]

§ 3 Letztwillige Verfügungen

1. Zu meinen alleinigen und ausschließlichen Erben bestimme ich hiermit meine Stiefkinder, Herrn B. und Frau G. zu gleichen Teilen.

Ersatzerbe für Herrn B. ist dessen Ehefrau [...]

Ersatzerbe für Frau G. ist deren Ehemann, D. [...]

Weitere Ersatzerben bestimme ich heute nicht. Eine Vor-und nach Erbfolge ist hierdurch nicht angeordnet.

[...]"

Am 4.7.2016 verstarb Frau G. ohne Hinterlassung von Abkömmlingen. Zwischen dem 9. und dem 10.7.2016 verstarb die Erblasserin.

Der Beteiligte zu 1 hat zur Niederschrift des AG Regensburg am 25.10.2016 die Erteilung eines Erbscheins beantragt, wonach die Erblasserin von ihm allein beerbt worden sei. Im gemeinschaftlichen Testament vom 10.9.1991 seien Ersatzerben nicht bestimmt worden. Der Anteil von Frau G. wachse gemäß § 2094 BGB dem übrigen Erben an. Die von der Erblasserin im notariellen Testament vom 26.2.2014 vorgenommene Ersatzerbeneinsetzung sei unwirksam, da die Erblasserin an die Schlusserbeneinsetzung im gemeinschaftlichen Testament gebunden gewesen sei.

Mit Beschluss vom 29.11.2016 hat das AG die zur Begründung des Antrags auf Erteilung eines Erbscheins erforderlichen Tatsachen für festgestellt erachtet. Der Erbschein ist erteilt worden.

Mit Schriftsatz vom 17.1.2017 hat der Beteiligte zu 2 beantragt, den Erbschein wegen Unrichtigkeit einzuziehen, und hat gegen den Feststellungsbeschluss des AG vom 29.11.2016 - seinen Prozessbevollmächtigten zwischen dem 21.12.2016 und dem 28.12.2016 zugestellt - Beschwerde eingelegt. Für die Erbfolge seien das gemeinschaftliche Testament und das notarielle Testament der Erblasserin maßgebend. Durch die Einsetzung des Beteiligten zu 2 als Ersatzerbe liege keine Beeinträchtigung des Erbrechts des Beteiligten zu 1 vor. Denn nach dem ursprünglichen gemeinschaftlichen Testament sei dieser auch nur als hälftiger Erbe eingesetzt worden. Der zwischenzeitliche Tod von Frau G. ändere daran nichts.

Mit Schriftsatz vom 7.2.2017 hat der Beteiligte zu 1 ausgeführt, dass zum Zeitpunkt der Errichtung des gemeinschaftlichen Testaments beide Stiefkinder der Erblasserin bereits verheiratet gewesen seien. Der Beteiligte zu 1 habe zu diesem Zeitpunkt schon zwei Töchter gehabt. Es sei eine bewusste Entscheidung der Erblasser gewesen, keine Ersatzerben zu bestimmen. Es sei der Wille erkennbar, dass das Erbe innerhalb der Familie erhalten bleiben solle. Bei dem Beteiligten zu 2 handele es sich nicht um einen Abkömmling der Erblasserin, somit um keinen gesetzlichen Ersatzerben. Damit er Ersatzerbe werde, hätte er als ein solcher im gemeinschaftlichen Testament benannt werden müssen. Der Nachlass umfasse im Wesentlichen das Vermögen des erstverstorbenen Vaters der im gemeinschaftlichen Testament bestimmten Schlusserben und deshalb könne ein Ersatzerbe außerhalb der verwandtschaftlichen Linie nicht als der Wille des Vaters unterstellt werden.

Mit Beschluss vom 23.3.2017 hat das AG der Beschwerde gegen den Beschluss des AG vom 29.11.2016 nicht abgeholfen. Der Feststellungsbeschluss sei zu Recht ergangen. Die Erblasserin sei von dem Beteiligten zu 1 allein beerbt worden. Die Einsetzung der Erblasserin zur Alleinerbin ihres Ehemannes im gemeinschaftlichen Testament sei nach der Zweifelsregelung des § 2270 Abs. 2 BGB wechselbezüglich...

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