Leitsatz (amtlich)

Voraussetzung für den aus § 1353 Abs. 1 Satz 2 BGB abzuleitenden familienrechtlichen Anspruch des einen Ehegatten gegen den anderen auf Zustimmung zur gemeinsamen Steuerveranlagung ist nicht, dass zweifelsfrei feststeht, dass die Voraussetzungen für eine gemeinsame Veranlagung nach § 26 Abs. 1 Satz 1 EStG vorliegen. Ausgeschlossen ist die Pflicht zur Zustimmung zur Zusammenveranlagung nur, wenn eine gemeinsame Veranlagung zweifelsfrei nicht in Betracht kommt.

 

Verfahrensgang

AG Zeitz (Entscheidung vom 11.01.2012; Aktenzeichen 6 F 186/11 Ri)

 

Tenor

I. Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengerichts - Zeitz vom 28. November 2011 in Gestalt des Berichtigungsbeschlusses vom 11. Januar 2012 wird zurückgewiesen.

Auf die unselbständige Anschlussbeschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengerichts - Zeitz vom 28. November 2011 in Gestalt des Berichtigungsbeschlusses vom 11. Januar 2012 dahin abgeändert, dass die Antragsgegnerin verpflichtet wird,

für das einkommensteuerliche Veranlagungsjahr 2009 der gemeinsamen Veranlagung des Antragstellers und der Antragsgegnerin zur Einkommensteuer zuzustimmen.

II. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung wird angeordnet.

Der Beschwerdewert beträgt EUR 2.303,56.

 

Gründe

I. Der Antragsteller begehrt von der Antragsgegnerin die Zustimmung zur gemeinsamen steuerlichen Veranlagung, und zwar für das einkommensteuerliche Veranlagungsjahr 2009.

Der Antragsteller und die Antragsgegnerin haben am 12. August 2006 die Ehe miteinander geschlossen. Der Antragsteller ist seit 2001 als Ver- und Entlader bei der Fa. R. GmbH in E./Ortsteil T. angestellt, die Antragsgegnerin war bis zum Ende der streitigen Zeit (einkommensteuerliches Veranlagungsjahr 2009) als Rechtsanwaltsfachangestellte tätig.

Aus der Ehe der Beteiligten ging

das (am 18. Juni 2004 geb.) Kind N.

hervor.

Bis zum Veranlagungsjahr 2008 einschließlich ließen sich die Ehegatten einkommensteuerlich zusammenveranlagen (§ 26 EStG). Da ihre eheliche Lebensgemeinschaft noch bestand, hatten sie die Möglichkeit, entweder die Steuerklassen IV/IV (§ 38b Nr. 4 EStG) oder die Steuerklassen III/V (§ 38b Nr. 3 a, aa EStG) zu wählen. Die Ehegatten machten von der zweiten Möglichkeit Gebrauch, so dass das Einkommen des Antragstellers nach der günstigen Steuerklasse III und das der Antragsgegnerin nach der ungünstigen Steuerklasse V versteuert wurde (§ 38b Nr. 3 a, aa EStG). Infolgedessen verblieb dem Antragsteller bei einem Kinderfreibetrag von 0,5 ein durchschnittliches Nettoeinkommen von EUR 1.832 monatlich (Bl. 36 d.A.) und der Antragsgegnerin bei 0,5 Kinderfreibetrag ein durchschnittliches Nettoeinkommen von ca. EUR 655 monatlich (Bl. 26 d.A.).

1. Ende 2008 oder im Mai 2009 trennten sich die Ehegatten. Am 14. Mai 2009 zog der Antragsteller aus der Ehewohnung, die sich in der von den Ehegatten angemieteten Eigentumswohnung an der P. Straße 31 in Z. befand, aus. Als die Ehewohnung zum 31. August 2009 gekündigt wurde, zog auch die Antragsgegnerin - mit dem Kind - aus. Nach der Trennung der Ehegatten beantragte die Antragsgegnerin bei der Finanzverwaltung eine getrennte steuerliche Veranlagung, die auch durchgeführt wurde (§ 26 Abs. 2 EStG). Die Einzelheiten sind streitig:

Der Antragsteller trägt vor, er habe mit der Antragsgegnerin noch bis 14. Mai 2009 in ehelicher Lebensgemeinschaft gelebt; erst am 14. Mai 2009 habe man sich getrennt, indem er - das ist unstreitig - endgültig aus der Ehewohnung ausgezogen sei. Weil die Trennung erst 2009 erfolgt sei, könnten sich die Ehegatten noch für dieses Veranlagungsjahr zusammenveranlagen lassen (§ 26 Abs. 1 EStG). Im Falle einer Zusammenveranlagung stehe der Antragsgegnerin jedenfalls für die Zeit bis August 2009 einschließlich kein Anspruch auf Ausgleich steuerlicher Nachteile zu, denn auch nach der Trennung habe man auf der Grundlage der Steuerklassen III und V und der dadurch bedingten geringeren Steuerlast weitergewirtschaftet. So habe er von seinem damals höheren Nettoeinkommen in der Steuerklasse III bis August 2009 einschließlich Trennungsunterhalt an die Antragsgegnerin geleistet. Zwar habe er keinen Barunterhalt gezahlt, er habe aber Naturalunterhalt geleistet, indem er u.a. auch nach seinem Auszug aus der Ehewohnung am 14. Mai 2009 bis 31. August 2009 einschließlich die Miete für die von ihm zu diesem Zeitpunkt bei der Verwalterin (Z. Wohnungsgenossenschaft) gekündigte Ehewohnung (Bl. 15 d.A.) nebst Abschlusszahlung weitergezahlt und dem Vermieter auch Mängelbeseitigungskosten erstattet habe (bei der Beendigung des Mietverhältnisses am 31. August 2009 zogen die Antragsgegnerin und das Kind aus der Ehewohnung aus). Seine Zahlungen stellten "Unterhaltsleistungen" dar, "die ihrerseits wiederum der Höhe nach durch (sc. seine) Nettoeinkünfte .. bestimmt" gewesen seien. Würde der Antragsgegnerin ein Nachteilsausgleich zugestanden, würde er in unbilliger Weise "doppelt b...

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