Leitsatz (amtlich)

Ein Miterbe, dessen Anteil der Testamentsvollstreckung unterliegt, kann sowohl einen Antrag auf Entlassung eines Testamentsvollstreckers betreffend seinen eigenen der Testamentsvollstreckung unterworfenen Erbanteil als auch betreffend einen Erbanteil eines weiteren Miterben stellen, der ebenfalls von der Testamentsvollstreckung umfasst ist. (Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung des Senats = OLG München Beschluss v. 22.09.2005 - 31 Wx 46/05).

 

Normenkette

BGB § 2227

 

Verfahrensgang

AG Rosenheim (Aktenzeichen VI 1911/12)

 

Tenor

1) Die Beschwerde des Beteiligten zu 6 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Rosenheim - Nachlassgericht - vom 1.7.2019 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Entscheidung betreffend die Festsetzung des Geschäftswerts für das Verfahren betreffend die Entlassung aus dem Amt des Testamentsvollstreckers aufgehoben wird und vorbehalten bleibt.

2) Der Beteiligte zu 6 hat die der Beteiligten zu 4 im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

3) Die Festsetzung des Geschäftswerts für das Beschwerdeverfahren bleibt vorbehalten.

 

Gründe

I. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht ist das Nachlassgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass die Voraussetzungen für die von dem Beteiligten zu 4 beantragte Entlassung des Beschwerdeführers aus dem Amt des Testamentsvollstreckers, das sich allein auf die Erbteile der Beteiligten zu 4 und 5 (zu je 7/20) bezieht, vorliegen.

1. Die formellen Voraussetzungen für die von der Beteiligten zu 4 beantragte Entlassung des Beschwerdeführers aus dem Amt des Testamentsvollstreckers in Bezug beider Erbteile sind gegeben.

Die Beteiligte zu 4 ist als verwaltungsunterworfene Miterbin, deren Erbenstellung sich im Wege der (erläuternden) Auslegung der von der Erblasserin verwenden Formulierung betreffend die Bedachte ergibt, nicht nur in Bezug auf ihren Miterbenanteil, sondern auch in Bezug auf den Erbteil des Beteiligten zu 5 antragsberechtigt im Sinne des § 2227 BGB.

a) Zur Antragstellung sind alle Personen berechtigt, deren Rechte und Pflichten durch die Testamentsvollstreckung unmittelbar betroffenen werden können, die also ein rechtliches Interesse an der Testamentsvollstreckung haben (Palandt/Weidlich BGB 70. Auflage ≪2020 ≫ § 2227 Rn. 7; Heckschen in: Burandt/Rojahn Erbrecht 3. Auflage ≪2019 ≫ § 2227 Rn. 3). Solange der Erbengemeinschaft nicht vollständig auseinandergesetzt ist, bezieht sich die Verwaltung des Erbteilstestamentvollstreckers auf den gesamten Nachlass, sodass der Erbteilstestamentsvollstrecker in einem gesetzlichen Schuldverhältnis zu allen - auch den vollstreckungsfreien - Erben steht. Insofern lässt sich eine Beschränkung der Testamentsvollstreckung auf einen Erbteil nicht als Beschränkung nur dieses Erbteils werten. Vielmehr wirkt die vom Erblasser angeordnete Erbteilstestamentvollstreckung als Beschränkung auch für die vollstreckungsfreien Miterben, solange die Erbengemeinschaft besteht (BGH NJW 1997, 1362 ≪1963 ≫). Demgemäß können auch die von der Testamentsvollstreckung nicht unterworfenen Miterben durch die Verwaltung des Testamentsvollstreckers in ihren Rechten berührt sein, und haben somit ein rechtliches Interesse daran, von welcher Person und auf welche Person die Testamentsvollstreckung geführt wird (Heckschen in: Burandt/Rojahn a.a.O. § 2227 Rn. 3 m.w.N.). Insoweit bejaht die obergerichtliche Rechtsprechung (vgl. OLG Hamm FamRZ 2009, 2120; OLG Celle OLGR 2005, 112) sowie die Literatur (vgl. nur Heckschen a.a.O.; Staudinger/Baldus BGB ≪2016 ≫ § 2227 Rn. 27; Palandt/Weidlich BGB 70. Auflage ≪2020≫ § 2227 Rn. 7 MüKoBGB/Zimmermann, 8. Aufl. 2020, BGB § 2227 Rn. 4; Muscheler AcP 197 (1997), 226 (239); Muscheler ZErb 2009, 54; Reimann ZEV 2006, 32) die Antragsbefugnis eines Miterben, der nicht selbst von dieser Testamentsvollstreckung erfasst ist. Die Entscheidung des OLG Köln (NJW-RR 1987, 1098) steht hierzu nicht im Widerspruch, da diese das Beschwerderecht eines entlassenen Testamentsvollstreckers bei der Ernennung des neuen betrifft. Soweit der Senat in seiner Entscheidung, Beschluss v. 22.09.2205 - 31 Wx 46/05 (= NJW-RR 2006, 14 = FGPrax 2005, 267 = ZErb 2005, 424 = Rpfleger 2006, 18) die Auffassung vertreten hat, dass ein Miterbe, dessen Anteil nicht der Testamentsvollstreckung unterliegt, keinen Antrag auf Entlassung eines Testamentsvollstreckers stellen kann, der nur die Anteile der übrigen Miterben verwaltet, hält er daran nicht, mehr fest.

b) Unter Zugrundelegung dieses Grundsatzes betreffend das Antragsrecht eines Miterben erstreckt sich das Antragsrecht eines Miterben, dessen Erbteil der Verwaltung durch einen Testamentsvollstrecker unterworfen ist, daher auch auf die Entlassung eines Testamentsvollstreckers in Bezug auf einen (anderen) Erbteil, der ebenfalls der Testamentsvollstreckung unterworfen ist.

2. Zutreffend ist das Nachlassgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass die materiellen Voraussetzungen im Sinne des § 2227 BGB betreffend die Entlassung des Bes...

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