Leitsatz (amtlich)

  • 1.

    Eine Windkraftanlage ist kein Scheinbestandteil des Betriebsgrundstücks, wenn bei der Errichtung vereinbart wurde, dass der Grundstückseigentümer die Anlage nach Vertragsende übernehmen kann.

  • 2.

    Außerhalb des §§ 928, 873 BGB kann das Eigentum an der Windkraftanlage nicht dadurch erlöschen oder auf den Grundstückspächter übergehen, dass der Optionsberechtigte erklärt, auf die Übernahme der Anlage endgültig zu verzichten. Maßgeblich ist allein die mit der Errichtung geschaffene Eigentumslage.

  • 3.

    Auch nach § 95 Abs. 1 Satz 2 BGB kann eine Windkraftanlage nur dann Scheinbestandteil sein, wenn bereits die Errichtung in Ausübung eines dinglichen Rechts am Grundstück erfolgte.

 

Verfahrensgang

LG Koblenz (Aktenzeichen LG Koblenz - AZ: 1 O 271/04)

 

Tenor

In Sachen weist der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz die Klägerin darauf hin, dass beabsichtigt ist, ihre Berufung durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen ( § 522 Abs. 2 ZPO ).

 

Gründe

I.

Die Klägerin begehrt die Herausgabe einer Windkraftanlage. Ursprünglich war sie Eigentümerin der Anlage, die nunmehr auf einem Grundstück der Gemeinde B. steht. Dort wurde die Anlage Anfang 2002 errichtet und am 20. März 2002 in Betrieb genommen. Dem liegt ein Vertrag vom 25. Januar 1999 zugrunde (Anlage B 10 zur Klageerwiderung), durch den die Gemeinde einer Rechtsvorgängerin der Beklagten die Errichtung und den Betrieb einer Windkraftanlage gestattete. § 8 Abs. 4 des Vertrages lautet wie folgt:

"Für den Fall, dass der Eigentümer nach Ende des Vertrages die Anlagen übernehmen will, ist ein Übernahmepreis im gegenseitigen Einvernehmen zu vereinbaren. Wird keine Einigung erzielt, so kann ein unabhängiger, vom Gericht anerkannter Gutachter den Restwert ermitteln."

Die Klägerin meint, die beklagte Pächterin müsse die Windkraftanlage nach § 985 BGB herausgeben, da es sich um einen bloßen Scheinbestandteil des Grundstücks handele.

II.

Dem ist das Landgericht nicht gefolgt und hat die Klage abgewiesen. Windkraftanlagen seien grundsätzlich wesentliche Bestandteile des Betriebsgrundstücks. Nur wenn sie Scheinbestandteil im Sinne von § 95 BGB seien, gelte etwas anderes. Dem stehe im vorliegenden Fall jedoch die zitierte Vertragsklausel entgegen.

III.

Dagegen wendet sich die Klägerin mit der Berufung. Sie rügt das Verfahren des Landgerichts und dessen Sachentscheidung. Sie verweist darauf, dass die Gemeinde B. unter dem 13. Juni 2006 auf ihr Optionsrecht aus dem Pachtvertrag unwiderruflich verzichtet hat (Bl. 254 GA). Außerdem sei mittlerweile eine persönliche Dienstbarkeit zu Gunsten der Beklagten im Grundbuch eingetragen, so dass es sich auch nach § 95 Abs. 1 Satz 2 BGB um einen bloßen Scheibestandteil handele.

IV.

Die Berufung ist ohne Aussicht auf Erfolg. Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

1.

Die Rüge, es handele sich um eine Überraschungsentscheidung, weil der Kammervorsitzende dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin vor der mündlichen Verhandlung telefonisch erklärt habe, man werde der Klage stattgeben, trägt nicht. Die sachliche Richtigkeit einer Entscheidung lässt sich nicht dadurch in Zweifel ziehen, dass zuvor eine sachlich unrichtige Entscheidung angekündigt worden sein soll.

Die behauptete Verletzung des rechtlichen Gehörs ist jedenfalls dadurch geheilt, dass die Klägerin Gelegenheit hat, sich in zweiter Instanz umfassend zur Sache zu äußern. Auch der ergänzende Vortrag der Klägerin rechtfertigt indes keine andere Sachentscheidung.

2.

Das Landgericht hat richtig gesehen, dass eine Windkraftanlage grundsätzlich wesentlicher Bestandteil i.S.v. §§ 93, 94 BGB ist. Das wird von der Berufung auch nicht bekämpft und steht in Einklang mit der in Rechtsprechung und Literatur ganz herrschenden Meinung (vgl. die umfangreichen Nachweise bei Ganter in WM 2002, 105 ff).

Der Berufung ist auch darin zu folgen, dass § 95 BGB die §§ 93, 94 BGB einschränkt.

a.

Nach § 95 Abs. 1 Satz 1 BGB gehören solche Sachen nicht zu den Bestandteilen eines Grundstücks, die nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grund und Boden verbunden sind. Darauf hebt die Klägerin in erster Linie ab und meint, wegen der unwiderruflichen Verzichtserklärung der Ortsgemeinde B. vom 13. Juni 2006 (Bl. 254 GA) stehe nunmehr fest, dass die Verbindung nur zu einem vorübergehenden Zweck erfolgt sei.

Das ist aus mehreren Gründen nicht tragfähig:

aa.

Die von der Klägerin vorgelegte einseitige Absichtserklärung der Gemeinde hat allenfalls schuldrechtliche Wirkungen und ist damit für die Eigentumsfrage ohne Bedeutung. Das Eigentum an einem Grundstück kann nur nach § 928 Abs. 1 BGB aufgegeben werden. Eine derartige Erklärung hat die Gemeinde nicht abgegeben. Da die Windkraftanlage aus den noch darzustellenden Gründen nicht sonderrechtsfähig ist, kommt der Erklärung der Gemeinde sachenrechtlich keinerlei Bedeutung zu.

Das gilt unabhängig davon, ob man mit dem Landgericht den Pachtvertrag vom 25. Januar 1999 oder den nunmehr von der Berufung vorgelegten Pachtvertrag vom 4. Februar 2003 ( Bl. 248 - 252 GA ) ...

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