Leitsatz (amtlich)

Erbschaftssteuerschulden gehören nicht zu den Nachlassverbindlichkeiten i.S.d. § 1967 Abs. 2 BGB, sondern sind von jedem Erben persönlich zu tragen.

 

Normenkette

BGB § 1967; ErbStG §§ 10, 15, 20

 

Verfahrensgang

LG Trier (Urteil vom 24.08.2010; Aktenzeichen 4 O 47/10)

 

Tenor

1. Der Senat beabsichtigt nach vorläufiger Beratung, die Berufung gegen das Urteil des LG Trier vom 24.8.2010 - 4 O 47/10, durch einstimmigen Beschluss gem. § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO zurückzuweisen.

2. Die Klägerin erhält Gelegenheit zur Stellungnahme bis 24.1.2011.

 

Gründe

Die Berufung hat aus den nachstehend dargelegten Gründen keine Aussicht auf Erfolg. Eine Entscheidung des Berufungsgerichtes nach § 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 und 3 ZPO ist nicht erforderlich.

I. Das LG geht zu Recht davon aus, dass die Erbschaftssteuerschuld nicht an die Gesamtrechtsnachfolge, sondern am jeweiligen persönlichen Vermögenszuwachs anknüpft. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Entscheidung des LG Bezug genommen. Die dagegen erhobenen Angriffe der Berufung vermögen nicht zu überzeugen. Hierzu Folgendes:

1. Die Klägerin verkennt, dass es für Ihr Klagebegehren allein darauf ankommt, ob in der letztwilligen Verfügung des Erblassers der Wille zum Ausdruck kommt, dass die persönlichen Erbschaftssteuerschulden zunächst aus dem Nachlass beglichen werden.

Anders als die Berufung meint, stellt sich die Erbschaftssteuerschuld nach Auffassung des Senates nicht als Verbindlichkeit des Nachlasses aus § 1967 Abs. 2 BGB dar. Dies ergibt sich aus dem Umstand, dass die Erbschaftssteuer der Höhe nach an das persönliche Verwandtschaftsverhältnis des einzelnen Erben gegenüber dem Erblasser anknüpft (§ 15 ErbStG). § 20 Abs. 1 ErbStG regelt ausdrücklich, dass Steuerschuldner der Erwerber ist, nicht der Nachlass als Ganzes. § 20 Abs. 3 ErbStG begründet nur eine Mithaftung des Nachlasses bis zur Auseinandersetzung, was entbehrlich wäre, wenn es sich ohnehin um eine Nachlassverbindlichkeit handeln würde. Dementsprechend bestimmt auch § 10 Abs. 8 ErbStG, dass die Erbschaftssteuer nicht von dem für ihre Bestimmung maßgeblichen Nachlasswert in Abzug zu bringen ist. Der Erbe wird zwar in seiner Eigenschaft als Erbe belastet, jedoch haftet er nicht für die Erbschaftssteuerschuld anderer Erben (z.B. Pflichtteilsberechtigte). Aus diesem Umstand folgt, dass der Nachlass gerade nicht belastet mit der Erbschaftssteuerschuld auf den Erben im Wege der Gesamtrechtsnachfolge übergeht, sondern dass die Entstehung der Steuerschuld individuell an jeden Erwerb durch einen Erbfall anknüpft und so folglich nicht zur Abwicklung des Nachlasses gehört. Für diese Sichtweise spricht auch die Tatsache, dass die Höhe der Erbschaftssteuerschuld nach dem ErbStG von dem Grad der verwandtschaftlichen Beziehungen abhängig gemacht wird, der individuell und erst nach der endgültigen Feststellung der Erben bestimmt werden kann.

Soweit sich aus der Entscheidung des BFH vom 28.4.1992 (VII R 33/91 unter Rz. 21 = NJW 1993, 350) etwas anderes ergibt, handelt es sich nur um eine nicht näher begründete Nebenbemerkung. In dem Fall des BFH waren nämlich nicht Erbschaftssteuerschulden betroffen, sondern nachträgliche Einkommensteuerverbindlichkeiten aus ererbtem Vermögen. In einer neueren Entscheidung vom 14.10.2009 (X R 29/08, zitiert nach juris) lässt der BFH die Frage ausdrücklich offen (Rz. 14). Die Entscheidung des OLG Naumburg vom 20.10.2006 (10 U 33/06, FamRZ 2007, 1047) überzeugt den Senat nicht. Weshalb die an die verwandtschaftliche Nähe anknüpfende Höhe der Erbschaftssteuerschuld keine hinreichende Unterscheidung zwischen Nachlassverbindlichkeiten und persönlichen Verbindlichkeiten des Erben rechtfertigen soll, wird dort nicht begründet. Letztlich hat das Gericht die Frage aber auch nicht entschieden, sondern auf den letzten Willen des Erblassers abgestellt (Rz. 61 der Entscheidung). Das OLG Köln hat am 7.5.2001 (2 Wx 6/01, MDR 2001, 1320) ausdrücklich nur für die kostenrechtliche Behandlung des Erbscheinsverfahrens ausgesprochen, dass die Erbschaftsteuerschuld vom Nachlasswert in Abzug zu bringen ist (Rz. 13). Die Kommentierung von Edenhofer zu § 1967 (in Palandt, BGB, 70. Aufl. 2011, § 1967 Rz. 7) zitiert die Urteile lediglich, ohne selbst argumentativ Stellung zu nehmen. Die Kommentierung widerspricht dazu den Ausführungen zu § 2311 BGB (s.u.).

Mit dem OLG Hamm (MDR 1990, 1014 f. JurBüro 1990, 1502), dem OLG Frankfurt (v. 13.2.2003 - 20 W 35/02, zitiert nach juris), dem BayObLG (NJW-RR 2002, 1520), dem OLG Düsseldorf (v. 18.12.1998 - 7 U 72/98, FamRZ 1999, 1465) und der Literatur (Ehm in: jurisPK-BGB, 5. Aufl. 2010, § 1967 Rz. 28 mit Fußnote 72); RGRK/Johannsen, BGB, 12. Aufl., § 1967 Rz. 16; Staudinger/Marotzke, BGB, Neubearbeitung 2002, § 1967 Rz. 33; Schallenberg/Rafiqpoor, InsO, 2. Aufl., § 325 Rz. 9; Söffing/Volkers/Weinmann, Erbschafts- und Schenkungssteuerrecht, 1999, Stichwort "Nachlasssteuer" Rz. 2) geht der Senat aus den dargelegten Gründen deshalb davon aus, dass die Erbschaftssteuerschulde...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge