Entscheidungsstichwort (Thema)

Testament

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Unterschrift kann ihrer Abschlussfunktion ausnahmsweise auch genügen, wenn sie auf dem Testamentsumschlag angebracht ist. Es muss mit dem Testament ein so enger Zusammenhang bestehen, dass sich die Unterschrift auf dem Umschlag nach dem Willen des Erblassers und der Verkehrsauffassung als äußere Fortsetzung und Anschluss der in der Testamentsurkunde verkörperten Erklärung in dem Sinne darstellt, dass der Umschlag als letztes Blatt der Testamentsurkunde die abschließende Unterschrift trägt. Umschlag und Inhalt bilden allerdings nicht ohne weiteres ein unteilbares Ganzes. Ein innerer Zusammenhang zwischen Testamentsinhalt und Namensunterschrift auf dem Umschlag besteht insbesondere dann nicht, wenn sich die Aufschrift auf dem Umschlag lediglich als Absendervermerk oder als Schutzmaßnahme gegen Einsicht durch fremde Personen oder als Kennzeichnung des Inhalts erweist.

 

Normenkette

BGB § 2247

 

Verfahrensgang

LG Kempten (Beschluss vom 09.04.2002; Aktenzeichen 4 T 1005/01)

AG Kempten (Aktenzeichen 5 VI 458/00)

 

Tenor

I. Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2 gegen den Beschluß des Landgerichts Kempten (Allgäu) vom 9. April 2002 wird zurückgewiesen.

II. Der Beteiligte zu 2 hat die der Beteiligten zu 1 im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.

III. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 618.061 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Die im 87. Lebensjahr am 1.5.2000 verstorbene Erblasserin war verwitwet und kinderlos. Am 22.6.1990 wurde für sie eine Gebrechlichkeitspflegschaft gemäß § 1910 BGB a.F. angeordnet und der Beteiligte zu 2, der Rechtsanwalt ist, zum Pfleger und später zum Betreuer bestellt. Im Jahr 1995 wurde der Beteiligte zu 2 von diesem Amt entbunden und die Beteiligte zu 1 zur Betreuerin bestellt. Diese ist die Nichte der Erblasserin und als nächste noch lebende Verwandte gesetzliche Alleinerbin. Auf ihren Antrag hat das Nachlaßgericht am 28.6.2000 einen entsprechenden Erbschein erteilt.

Unter dem 1.10.1992 hatte die Erblasserin folgendes handschriftliche – allerdings nicht unterschriebene – Testament verfaßt:

„Testament

Vermächtnis:

Schwester Anna: DM 2.000,-

Albert und Josefine DM 8000,-

Anni DM 1.000,- pro Monat

Hannelore u. Söhne je 2.000,-

jeweils nur persönlich

Erbe:

Rechtsanwalt … (= Beteiligter zu 2)

1.10.1992”

Nach Angabe des Beteiligten zu 2 sei die Erblasserin mit diesem zu Hause erstellten Schriftstück in seiner Kanzlei erschienen und habe – ohne den Inhalt des Schriftstücks bekannt zu geben – einen DIN A 5 Umschlag verlangt und erhalten. In diesen habe sie das Schriftstück eingesteckt, den Umschlag zugeklebt und auf dessen Rückseite vermerkt:

„Testament …(= Erblasserin)”

Anschließend habe die Erblasserin den so beschrifteten Umschlag ihm, dem Beteiligten zu 2, zur Verwahrung in einem Banksafe übergeben und ihm erklärt, sie habe ihn zum Erben eingesetzt. Am 16.8.1996 hat der Beteiligte zu 2 den Umschlag in amtliche Verwahrung gegeben.

Am 5.4.2001 hat der Beteiligte zu 2 beantragt, den der Beteiligten zu 1 erteilten Erbschein vom 28.6.2000 einzuziehen und ihm einen Erbschein als Alleinerben der Erblasserin auszustellen. Diese Anträge hat das Nachlaßgericht mit Beschluß vom 10.4.2001 zurückgewiesen. Hiergegen hat der Beteiligte zu 2 Beschwerde eingelegt, die das Landgericht nach persönlicher Anhörung des Beteiligten zu 2 mit Beschluß vom 9.4.2002 unter Festsetzung eines Gegenstandswertes von 618.061 EUR zurückgewiesen hat. Gegen diese Entscheidung hat der Beteiligte zu 2 in der Hauptsache weitere Beschwerde und gegen die Festsetzung des Gegenstandswerts Beschwerde eingelegt.

 

Entscheidungsgründe

II.

1. Die Rechtsmittel sind zulässig. Soweit sich der Beteiligte zu 2 gegen die Entscheidung des Landgerichts in der Hauptsache wendet, ist die nicht fristgebundene weitere Beschwerde gemäß § 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO statthaft; sie ist auch im übrigen zulässig, insbesondere in der gemäß § 29 Abs. 1 Satz 2 FGG erforderlichen Form eingelegt worden. Da der Beteiligte zu 2 selbst Rechtsanwalt ist genügt seine Unterschrift unter die Beschwerdeschrift; der Beiziehung eines anderen Rechtsanwalts hat es nicht bedurft (vgl. Keidel/Kahl FGG 14. Aufl. § 29 Rn. 15 a. E. m.w.N.). Auch das Rechtsmittel gegen die Festsetzung des Beschwerdewerts ist als zulassungsfreie und unbefristete Erstbeschwerde gemäß § 31 Abs. 3 Satz 1 KostO statthaft; zur Entscheidung ist das Bayerische Oberste Landesgericht berufen (§ 14 Abs. 5 Satz 2 KostO; vgl. BayObLGZ 1986, 489/490 m.w.N.). Die Beschwerde ist auch im übrigen zulässig; vgl. § 31 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 14 Abs. 4 Satz 1 KostO.

Die Rechtsmittel haben aber in der Sache keinen Erfolg.

2. Das Landgericht hat ausgeführt:

Die Erbeinsetzung des Beteiligten zu 2 im Testament vom 1.10.1992 stehe der im Erbschein vom 28.6.2000 bescheinigten gesetzlichen Erbfolge der Erblasserin durch die Beteiligte zu 1 nicht entgegen, weil die letztwillige Verfügung vom 1.10.1992 entgegen § 2247 Abs. 1 BGB ni...

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