Entscheidungsstichwort (Thema)

Erlöschen des Sachverständigen-Vergütungsanspruchs bei verspäteter Geltendmachung des Umsatzsteueranteils

 

Leitsatz (amtlich)

Die in § 2 I 1 JVEG normierte Ausschlussfrist von drei Monaten gilt einheitlich für den gesamten Vergütungsanspruch des Sachverständigen. Er hat deshalb seinen Anspruch nach Grund und Höhe innerhalb der Frist vollständig zu beziffern. Eine mit der Kostenrechnung nicht geltend gemachte, auf die Vergütung entfallende Umsatzsteuer kann nach Fristablauf nur noch unter der Voraussetzung einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand erstattet werden.

 

Normenkette

JVEG § 2 Abs. 1 Sätze 1, 2 Nrn. 1, § 2 Abs. 1 S. 2 Nrn. 2, § 4 Abs. 3-4, § 8 Abs. 1, § 12 Abs. 1 S. 2 Nr. 4; UStG § 12 Abs. 2, § 19

 

Tatbestand

Das LG beauftragte den forensisch-psychiatrischen Sachverständigen Dr. W. am 18.02.2009 mit der Erstellung eines Gutachtens zu den Voraussetzungen der §§ 20, 21 StGB. Das schriftliche Gutachten vom 18.03.2009 ging am 19.03.2009 bei Gericht ein. In der Hauptverhandlung vom 07.04.2009 erläutete der Sachverständige sein Gutachten mündlich. Mit Liquidation vom 13.04.2009 stellte der Sachverständige für sein Gutachten 1.618,90 EUR, aufgeschlüsselt nach Aktenstudium und Vorbereitung, Exploration und Untersuchung, Ausarbeitung und Gutachtenserstellung, Diktat und Korrektur, Schreibgebühren und Fahrtkosten, in Rechnung. Die Liquidation wurde antragsgemäß festgesetzt und am 18.05.2009 ausgezahlt. Mit Schreiben vom 10.05.2009 übersandte der Sachverständige seine Rechnung für die Teilnahme an der Hauptverhandlung vom 07.04.2009, aufgeschlüsselt nach Fahrtkosten und Verhandlungsdauer, über einen Gesamtbetrag von 617,65 EUR. Auch diese Vergütung wurde antragsgemäß festgesetzt und gelangte am 04.06.2009 zur Auszahlung. In beiden Rechnungen machte der Sachverständige keine Umsatzsteuer geltend. Mit Schreiben vom 03.07.2009, eingegangen am 10.07.2009, teilte der Sachverständige mit, er habe erst jetzt bemerkt, dass bei einigen seiner vor Juni 2009 ausgestellten Rechnungen die zwischenzeitlich notwendige Umsatzsteuer anlässlich der Rechnungserstellung seitens seines Sekretariats unberücksichtigt geblieben sei. Er übersandte deshalb erneute Liquidationen für die Erstellung des Gutachtens und die Teilnahme an der Hauptverhandlung, in denen die Umsatzsteuerbeträge in Höhe von 307,59 EUR und 117,35 EUR jeweils zur Erstattung geltend gemacht werden. Mit Beschluss des Einzelrichters vom 20.08.2009 bestimmte die Strafkammer, dass dem Sachverständigen auch die auf die Liquidationen entfallende Umsatzsteuer zu erstatten sei. Gegen diesen der Bezirksrevisorin am 24.08.2009 mitgeteilten Beschluss wendet sich die von ihr vertretene Staatskasse mit der Beschwerde im Schreiben vom 24.08.2009, der das LG nicht abgeholfen hat. Das zur Entscheidung gem. § 4 Abs. 7 Satz 2 JVEG wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache vom Einzelrichter auf den Senat übertragende Rechtmittel erweist sich als erfolgreich.

 

Entscheidungsgründe

I.

Die Beschwerde ist statthaft und zulässig (§ 4 Abs. 3 JVEG). Insbesondere übersteigt der Beschwerdegegenstand 200 Euro. Dies gilt auch für den auf die Teilnahme an der Hauptverhandlung entfallenden (Umsatzsteuer-) Teilbetrag, weil sich beide Beträge auf dasselbe Strafverfahren beziehen und deshalb als Teile einer einheitlichen Sachverständigenleistung zusammenzurechnen sind.

II.

Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg und führt zur Aufhebung des Beschlusses vom 20.08.2009 sowie zur Zurückweisung der Vergütungsfestsetzungsanträge vom 03.07.2009, weil der Sachverständige hinsichtlich der auf die Liquidationen entfallenden Umsatzsteuer die Antragsfrist des § 2 I 1 JVEG nicht gewahrt hat, weshalb sein Vergütungsanspruch insoweit erloschen ist.

1.

Nach § 2 I 1 JVEG erlischt der Anspruch auf Vergütung des Sachverständigen, wenn er nicht binnen 3 Monaten bei der Stelle, die ihn herangezogen oder beauftragt hat, geltend gemacht wird. Das schriftliche Gutachten vom 18.03.2009 ging am 19.03.2009 beim LG ein. Damit begann insoweit die Frist zur Geltendmachung der Vergütung gemäß § 2 I 2 Nr. 1 JVEG. Der Sachverständige erläutete sein Gutachten in der Hauptverhandlung vom 07.04.2009. Mit diesem Tage begann insoweit die Frist zur Geltendmachung der Vergütung gemäß § 2 I 2 Nr. 2 JVEG. Beide Fristen waren bei Eingang der ergänzenden Liquidation am 10.07.2009 jedoch bereits abgelaufen.

2.

Der Senat vermag der Auffassung des LG, es sei auf den Eingang des Nettovergütungsanspruches abzustellen, nicht zu folgen. Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung des § 2 I 1 JVEG ist die Sicherstellung einer zeitnahen Abrechnung, weil dies eine größere Gewähr für deren Richtigkeit bietet und die Möglichkeit zur schnellen Durchsetzung einer etwaigen Nachzahlungspflicht des Kostenschuldners erheblich verbessert. Innerhalb der Frist des § 2 I 1 JVEG ist der Vergütungsanspruch des Sachverständigen beziffert und substantiiert geltend zu machen (vgl. BT-Dr. 15/1971, S. 178 f). Das Anliegen einer zeitnahen Abrech...

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