Entscheidungsstichwort (Thema)

Haftung des ständigen Vertreters im Inland für Lohnsteuer

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Ständiger Vertreter im Inland ist eine Person, die nachhaltig die Geschäfte eines Unternehmens besorgt und dabei dessen Sachweisungen unterliegt. Von einem ständigen Vertreter im Inland ist auszugehen, wenn dieser aufgrund einer allgemeinen, nicht nur für den Einzelfall getroffenen Regelung der Beziehungen und für eine gewisse Dauer im Inland diese Geschäfte tätigt.
  2. Ein nur gelegentlicher Aufenthalt im Inland reicht nicht aus.
  3. Der ständige Vertreter muss keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben.
 

Normenkette

EStG § 38 Abs. 1 Nr. 1; AO § 13

 

Streitjahr(e)

1992, 1993, 1994

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 28.01.2004; Aktenzeichen I B 210/03)

BFH (Beschluss vom 28.01.2004; Aktenzeichen I B 210/03)

 

Tatbestand

Streitig ist der Erlass eines Lohnsteuerhaftungsbescheides gemäß § 191 in Verbindung mit § 69 Abgabenordnung (AO).

Der Kläger war Geschäftsführer einer griechischen Gesellschaft (GmbH A), die einer deutschen Gesellschaft mit beschränkter Haftung ähnlich ist. Diese Gesellschaft ist seit April 1997 aufgelöst. Gesellschaftszweck war die Reparatur, die Instandhaltung und die Reinigung von Schiffen. Die GmbH A führte ihre gewerbliche Tätigkeit in der Bundesrepublik Deutschland und in Griechenland aus und beschäftigte zu diesem Zweck griechische Arbeitnehmer. Im Rahmen eines steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahrens seitens des Finanzamts für Fahndung und Strafsachen X wurde festgestellt, dass die GmbH A Arbeitnehmer für Sandstrahl- und Reinigungsarbeiten beschäftigte, ohne dafür eine Lohnversteuerung vorzunehmen. Die Arbeitslöhne wurden wöchentlich bar an die Arbeitnehmer ausgezahlt. Da eine Buchführung und auch Lohnkonten nicht vorhanden waren, ermittelte der Fahnder die baren und unbaren Einnahmen.

Als Grundlagen dafür dienten das Kontrollmaterial der Firma B, Barquittungen und die Zahlungseingänge auf dem Privatkonto des Klägers. Der Bruttolohn wurde auf 70 v.H. des Gesamtumsatzes geschätzt. Die einzubehaltende und abzuführende Lohnsteuer berechnete das Finanzamt wegen Nichtvorlage der Lohnsteuerkarten und der Personalstandsdaten nach Steuerklasse VI. Danach ergab sich folgende Ermittlung der Lohnsteuer:

1992

1993

1994 (bis 7/94)

Betrag auf Grund von Barquittungen lt. Kontrollmaterial des Unternehmens B

262.504,00

-

-

Unbar auf Konto des Klägers eingezahlte Beträge

289.815,50

1.221.732,26

1.351.165,00

Gesamtumsatz

552.319,00

1.221.732,26

1.351.165,00

Bruttolohnsumme (70 v.H. vom Gesamtumsatz)

386.623,00

855.212,00

945.815,00

LSt nach Stkl. VI (19 v.H.)

73.458,00

162.490,00

179.705,00

Der Gesamtumsatz der GmbH A in Deutschland in diesem Zeitraum betrug ca. 3 Mio DM. Da von der Firma GmbH A keine Lohnsteuermeldungen für die Zeiträume vom 1. Januar 1992 bis 30. November 1994 abgegeben wurden, setzte das Finanzamt die Steuerabzugsbeträge am 12. Januar 1999 durch Festsetzungsbescheide fest.

Gleichzeitig erließ das Finanzamt gegen den Kläger einen Haftungsbescheid gemäß § 191 in Verbindung mit § 69 AO wegen Lohnsteuer für die Zeit vom 1. Januar 1992 bis 30. November 1994. Hiergegen richtete sich der Einspruch vom 15. Januar 1999, der als unbegründet zurückgewiesen wurde. Dagegen erhob der Kläger am 27. Mai 1999 Klage.

Der Kläger trägt vor, die Festsetzungsfrist für die Lohnsteuerverbindlichkeiten sei bereits abgelaufen. Nach § 169 Abs. 2 Nr. 2 AO betrage die Festsetzungsfrist hierfür vier Jahre, die gemäß § 170 Abs. 1 AO mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist, zu laufen beginne, so dass für die Lohnsteuer 1992 mit Ablauf 1996, für 1993 mit Ablauf 1997 und für 1994 mit Ablauf 1998 die Festsetzungsfrist abgelaufen sei. Eine Ablaufhemmung gemäß § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO komme nicht in Betracht, da hier Steuerschuldner und Erklärungspflichtiger nicht identisch seien. Steuerschuldner sei der Arbeitnehmer während der Abgabeverpflichtete der Arbeitgeber sei. In diesem Fall der Trennung komme nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) (BStBl II 1990, 526) und einem Urteil des Hessischen Finanzgerichts (Hess FG) (EFG 1996, 164) die Vorschrift nach § 170 Abs. 2 Nr. 1 nicht zur Anwendung. Auch komme eine zehnjährige Festsetzungsfrist nicht in Betracht, da eine Steuerhinterziehung nicht vorliege.

Weiterhin seien die Lohnsteuerbescheide nicht wirksam zugestellt worden, da zum Zeitpunkt des Erlasses der Bescheide am 14. Januar 1999 die GmbH A schon aufgelöst gewesen sei, denn die Lohnsteuer sei an das Finanzamt in Griechenland abgeführt worden. Damit entfalle sowohl der objektive als auch der subjektive Tatbestand. Wegen der Akzessorietät der Haftung komme keine Inanspruchnahme in Betracht, denn bei der GmbH A sei keine Steuerschuld entstanden. Gemäß Art. 11 Abs. 3 Doppelbesteuerungsabkommen mit Griechenland (DBA Griechenland) seien die Arbeitnehmer nicht länger als 183 Tage in Deutschland tätig gewesen. Dies treffe für alle Arbeitnehmer zu. Die Unterschreitung der 183-Tage-G...

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