vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [V R 71/07)]

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Unwirksamkeit eines Feststellungsbescheids im Insolvenzverfahren

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens darf das FA Steuern nicht mehr durch Steuerbescheid festsetzen; ein dennoch ergangener Steuerbescheid ist unwirksam.
  2. Die Finanzbehörde muss ihre Forderungen deshalb zur Insolvenztabelle anmelden.
  3. Ausnahmsweise ist ein Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis im Insolvenzverfahren durch schriftlichen VA festzustellen, wenn im Prüfungstermin der Forderung widersprochen wird.
  4. Ist die Steuerforderung bereits vor Insolvenzeröffnung bestandskräftig festgesetzt worden, besteht kein Bedarf für einen Feststellungsbescheid.
  5. Nach § 127 AO ist ein von einem örtlich unzuständigen FA erlassener VA dennoch wirksam, sofern er nicht noch andere Rechtsfehler aufweist. Dieser Gedanken gilt entspr. im Falle der Anmeldung von Steuerforderungen zur Insolvenztabelle.
 

Normenkette

AO §§ 251, 127; InsO §§ 174, 178-179

 

Streitjahr(e)

2004, 2005, 2006

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 23.02.2010; Aktenzeichen VII R 48/07)

 

Tatbestand

Streitig ist die Frage, ob der Beklagte befugt war, während des Insolvenzverfahrens einen Feststellungsbescheid zu erlassen.

Das Amtsgericht C eröffnete mit Beschluss vom 1. März 2006 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der BV GmbH (im Folgenden: BV) und bestellte den Kläger zum Insolvenzverwalter. Die BV gehörte zum Konzern D-Gruppe mit Sitz in D, für den das Finanzamt J zuständig war. Kläger und Beklagter gehen übereinstimmend davon aus, dass die Geschäftsleitung der BV seit Insolvenzeröffnung beim Kläger liegt und damit der Beklagte örtlich zuständig geworden ist.

Die BV hatte am 20. Dezember 2005 ihre Umsatzsteuererklärung für 2004 beim Finanzamt J abgegeben; dieses hat die Erklärung ohne Abweichung verarbeitet.

Das Amtsgericht C hat nach Insolvenzeröffnung die Gläubiger aufgefordert, Insolvenzforderungen bis zum 18. April 2006 anzumelden. Daraufhin meldete das Finanzamt J am 13. April 2006 beim Kläger Steuerforderungen gegen die BV in Höhe von 216.437,61 € zur Insolvenztabelle an, u.a.:

Umsatzsteuer 2004

2.195,42 € zuzüglich 64,50 € Säumniszuschläge

Umsatzsteuer 2005

23.128,01 €

Umsatzsteuer 2006

(1.1.-28.2.2006) 183.239,57 € zuzüglich 760,50 € Säumniszuschläge

Bei den Umsatzsteuern 2005 und 2006 handelte es sich um geschätzte Beträge; festgesetzt hatte das Finanzamt J die Umsatzsteuern 2005 und 2006 zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung noch nicht.

Der Kläger hat die vom Finanzamt J angemeldeten Beträge wegen örtlicher Unzuständigkeit des FA J bestritten.

Mit Schreiben vom 28. Juni 2006 wies nunmehr der Beklagte den Kläger darauf hin, dass dieser gegen „die nachstehend aufgeführten Abgabenforderungen” Widerspruch erhoben habe. Die Umsatzsteuer 2004 sei bestandskräftig festgesetzt worden. Der Kläger möge mitteilen, ob er die Forderung anerkenne oder Gründe für eine Wiederaufnahme des steuerlichen Festsetzungsverfahrens mitzuteilen. Die übrigen Steuerforderungen seien zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch nicht festgesetzt worden; sie seien durch Feststellungsbescheid festzustellen, sofern der Kläger seine Widersprüche nicht zurücknehme. Darauf erwiderte der Kläger, dass ihm eine Forderungsanmeldung des Beklagten nicht vorliege. Falls dieser die Abgabenforderungen beanspruche, möge er eine Forderungsanmeldung einreichen und das FA J veranlassen, seine Forderung zurück zu nehmen. Daraufhin reichte der Beklagte am 6. Juli beim Kläger eine Aufstellung der Forderungen gegen die BV ein, die außer den Umsatzsteuerforderungen noch weitere, für dieses Verfahren nicht erhebliche Abgaben umfasste.

Da der Kläger auch weiterhin seinen Widerspruch nicht zurücknahm, erließ der Beklagte am 28. August 2006 einen Feststellungsbescheid, in dem er Umsatzsteuerforderungen in der Höhe feststellte, wie sie das Finanzamt J angemeldet hatte. Der gegen diesen Bescheid gerichtete Einspruch hatte keinen Erfolg.

Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner Klage. Da nach dem Geschäftsverteilungsplan des Niedersächsischen Finanzgerichts für Klagen gegen Umsatzsteuerbescheide, die geschätzte Besteuerungsgrundlagen zum Gegenstand haben, nicht der Umsatzsteuerspezialsenat, sondern der Ertragsteuersenat zuständig ist, ist die Klage wegen Feststellung der Umsatzsteuern 2005 und 2006 einschließlich der steuerlichen Nebenleistungen beim 6. Senat unter dem Aktenzeichen 6 K 57/07 und nur die Klage gegen den Feststellungsbescheid hinsichtlich Umsatzsteuer 2004 zuzüglich Säumniszuschlägen beim erkennenden Senat erfasst worden.

Der Kläger hält den Feststellungsbescheid des Beklagten für rechtswidrig. Ein Feststellungsbescheid könne nur ergehen, wenn der Insolvenzverwalter eine angemeldete Insolvenzforderung bestreite. Der Kläger habe die Forderung des Beklagten aber nicht geprüft und damit auch nicht bestritten. Der Beklagte hätte einen gesonderten Prüfungstermin beant...

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