Entscheidungsstichwort (Thema)

Zeitpunkt der Gewinnrealisation bei Verkauf von Grundstücken bei noch zu erschließendem Baugebiet

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Der Zeitpunkt der Gewinnrealisation beim Verkauf von Vermögensgegenständen ist gegeben, wenn der Vermögensgegenstand ausgeliefert, der Anspruch auf die Gegenleistung entstanden und die Gefahr des zufälligen Untergangs auf den Käufer übergegangen ist.
  2. Forderungen aus dem Verkauf von Grundstücken sind realisiert mit dem Übergang von Besitz, Gefahr, Nutzen und Lasten.
  3. Ein etwaiger Zusammenhang zwischen unentgeltlichen Erschließungsverpflichtungen gegenüber der Gemeinde und der Vermarktbarkeit der entstandenen Bauplätze führt nicht dazu, die Gewinnrealisation der Verkäufe einzelner Bauplätze nach Gesichtspunkten des Werkvertragsrechts zu beurteilen.
 

Normenkette

EStG § 5 Abs. 1 S. 1; HGB § 252 Abs. 1 Nr. 4; BGB § 433

 

Streitjahr(e)

2008

 

Tatbestand

Streitig ist der Zeitpunkt der Realisation des Gewinns aus der Veräußerung eines der ersten beiden Grundstücke eines aus insgesamt 24 Grundstücken bestehenden Neubaugebietes, das von der Klägerin im Auftrag der Gemeinde erschlossen wurde.

Gegenstand der Klägerin, einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), ist laut Handelsregister u. a. der Ankauf, die Erschließung und der Verkauf von Baugrundstücken.

2005 erwarb die Klägerin durch notariellen Vertrag vom 11.07.2005 … unbebaute Grundstücke in der Gemeinde G. Ortsteil … mit einer Gesamtfläche von rund 2,8 ha. Wegen der Einzelheiten wird insofern auf den Vertrag (Bl. 17 – 29 GA) Bezug genommen.

Am 15.12.2005 schloss die Klägerin mit der Gemeinde G. einen städtebaulichen Vertrag. Danach sollte die Klägerin Vorbereitung und Durchführung der städtebaulichen Maßnahmen, Baureifmachung und Verkauf der zuvor durch Vertrag vom 11.07.2005 erworbenen Flächen übernehmen. Durch den Vertrag übertrug die Gemeinde der Klägerin nach § 2 des Vertrages insbesondere die Erschließung der Grundstücke gem. § 124 des Baugesetzbuches (BauG). Wegen der weiteren Einzelheiten wird insofern auf den Vertrag (Bl. 30 – 31 GA) Bezug genommen.

Durch Erschließungsvertrag vom 29.08.2007 trafen die Gemeinde und die Klägerin Vereinbarungen über Art und Umfang der Erschließungsmaßnahmen. In § 1 des Vertrges verpflichtete sich die Klägerin zur Herstellung der in § 3 im Einzelnen bezeichneten Erschließungsanlagen (wie Fahrbahnen, Gehwege, Straßenentwässerung, Straßenbeleuchtung etc.) im eigenen Namen und auf eigene Rechnung. Gem. § 8 sollte die Gemeinde nach Abnahme die einzelnen in sich abgeschlossenen Erschließungsanlagen (bzw. Erschließungsanlagen-Abschnitte) übernehmen. Wegen der Einzelheiten wird insofern auf den Erschließungsvertrag (Bl. 33 - 39 GA) Bezug genommen.

Die Klägerin parzellierte die mit Vertrag vom 11.07.2005 erworbenen Grundstücke – mit Ausnahme der für öffentliche Bereiche benötigten Flächen - in insgesamt 24 Baugrundstücke und begann 2007 mit der Veräußerung der Baugrundstücke. Die Vermarkung verlief im Ergebnis schleppend. Neben den beiden Veräußerungen in 2007 und 2008 verkaufte die Klägerin ausweislich der mit Schriftsatz vom 13.06.2015 übersandten Aufstellung 2013 vier, 2014 zwei und 2015 bisher fünf Grundstücke.

In 2007 und 2008 veräußerte die Klägerin je ein Baugrundstück an die Eheleute K. und die Eheleute E.. Die Übergabe und der Übergang von Nutzen und Lasten erfolgten jeweils am Tag des Eingangs der Kaufpreiszahlung, am 12.03.2008 bzw. am 21.11.2008.

In § 4 des Notarvertrages vom 28.10.2008 wurden folgende Vereinbarungen getroffen:

„Der Kaufpreis für das Kaufgrundstück beträgt …

Der vereinbarte Kaufpreis beinhaltet:

den Schmutzwasserbeitrag und einen Grundstückanschluss mit Hausanschluss,

die Kosten der erstmaligen Vermessung und Versteinung des Kaufgrundstücks (ohne katasteramtliche Gebäudeeinmessung und -absteckung),

die Kosten der Erschließung der öffentlichen Flächen gemäß der von der Gemeinde G. genehmigten Ausbauplanung (Baustraße, Straßenendausbau, Schmutzwasserentsorgung, Straßenbeleuchtung, Ausgleichmaßnahmen, Regenwasserkanalisation des öffentlichen Netzes und Entwässerungsgräben).

Der endgültige Ausbau der Erschließungsanlage wird frühestens hergestellt, wenn die Hochbauten zu ca. 90% errichtet sind, spätestens jedoch fünf Jahre nach Baureife, d.h., dass die Ersterschließung durch Abnahme der Gemeinde G. gesichert ist. Vor diesem Zeitpunkt haben die Käufer keinen Anspruch auf Endausbau der Erschließungsanlagen.”

Wegen der Einzelheiten … des notariellen Kaufvertrages mit den Eheleuten E. wird auf den Vertrag vom 28.10.2008 … Bezug genommen.

Die Klägerin verbuchte die Kaufpreise in 2007 bzw. 2008 unter dem (passiven) Bilanzposten „erhaltene Anzahlungen auf im Erschließungsstadium befindliche Grundstücke”. Nach Auffassung der Klägerin werde eine Realisierung der Gewinne aus den beiden Veräußerungen erst nach Veräußerung des Großteils der Baugrundstücke (70 – 80 %) eintreten.

Der Beklagte veranlagte die Klägerin 2007 und 2008 zunächst erklärungsgemäß unter Vorbehalt der...

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