Entscheidungsstichwort (Thema)

Körperschaftssteuerrechtliche Zulässigkeit einer sog. Einheits-GmbH & Co. KG; Europarechtskonformität der sog. Bruttomethode nach § 15 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 KStG. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: IV R 29/22)

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Bei einer sog. Einheits-GmbH & Co. KG, bei der eine Komplementär-GmbH vermögensmäßig an der KG nicht beteiligt ist, kann die Komplementär-GmbH Organgesellschaft einer GmbH & Co. KG sein, wenn die Beteiligung an der Komplementär-GmbH zu 100 % im Gesamthandsvermögen der GmbH & Co. KG gehalten wird.
  2. Die Heilungsvorschrift des § 34 Abs. 10b Sätze 2 und 3 KStG n.F. verstößt nicht gegen das grundsätzliche Verbot der echten Rückwirkung.
  3. Die sog. Bruttomethode nach § 15 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 KStG, wonach die Vorschrift des § 8b Abs. 1 KStG, nach welcher Gewinnausschüttungen einer in- oder ausländischen Körperschaft an eine in- oder ausländische Körperschaft unter den Voraussetzungen des § 8b Abs. 3 KStG nicht Bestandteil des Einkommens sind, also steuerfrei bleiben, bei einer Organgesellschaft nicht anzuwenden ist, verstößt nicht gegen Art. 4 Abs. 1 der Mutter-Tochter Richtlinie (Richtlinie 435/90/EWG des Rates vom 23. Juli 1990).
 

Normenkette

KStG § 14 Abs. 1, § 15 S. 1 Nr. 2 S. 1, §§ 17, 34 Abs. 10b, § 8b Abs. 1

 

Tatbestand

Strittig ist die steuerliche Behandlung von Ausschüttungen einer EU-Beteiligungsgesellschaft an eine inländische Organgesellschaft bei der Organträgerin.

Der Kläger ist prozessualer Rechtsnachfolger der xxx GmbH & Co. KG, welche - vertreten durch den jetzigen Prozessbevollmächtigten des Klägers - die Klage am 16. Januar 2020 erhoben hatte und während des finanzgerichtlichen Verfahrens vollbeendet wurde. Bei der xxx GmbH & Co. KG handelt es sich um die vormalige xxx GmbH & Co. KG Holding, welche laut Handelsregistereintragung zum 4. November 2014 ihren Firmennamen geändert hatte. Im Streitjahr waren an der xxx GmbH & Co. KG Holding die xxx Geschäftsführungs-GmbH ohne Anteile als Komplementärin sowie der Kläger zu 96 % und die Beigeladene zu 4 % als Kommanditisten beteiligt. Laut Handelsregistereintragung vom 6. August 2014 schied die Beigeladene zu diesem Zeitpunkt infolge einer Sonderrechtsnachfolge des Klägers aus der KG aus. Die xxx Geschäftsführungs-GmbH änderte ihre Firma mit Eintragung ins Handelsregister vom 5. Februar 2015 in die xxx Verwaltungs GmbH um, welche aufgrund einer formwechselnden Umwandlung in die xxx Verwaltungs B.V. & Co. KG am 24. April 2020 aus dem Handelsregister gelöscht wurde.

Mit Kauf- und Übertragungsvertrag vom 17. März 2020 übertrug der Kläger einen Teilbetrag seiner Anteile an der KG im Wege der Sonderrechtsnachfolge auf die xxx B.V. (vgl. Handelsregistereintragung vom 16. April 2020). Am 19. Mai 2020 folgte die Löschung der xxx GmbH & Co. KG aus dem Handelsregister. Laut Anmeldung zum Handelsregister vom 3. April 2020 traten zu diesem Zeitpunkt der Kläger sowie die persönlich haftende Gesellschafterin xxx Verwaltungs GmbH aus der Gesellschaft aus. Das Geschäft der KG wurde ohne Liquidation mit Aktiven und Passiven von der xxx B.V. übernommen.

Die xxx Geschäftsführungs-GmbH hielt im Streitjahr eine Beteiligung von 50 % an einer dänischen Gesellschaft, der xxx A/S. Die anderen 50 % wurden von der xxx A/S gehalten.

Die xxx GmbH & Co. Holding hielt im Streitjahr 100 % der Anteile an der xxx Geschäftsführungs-GmbH; es lag somit eine sogenannte Einheits-GmbH & Co. KG vor.

Der Kommanditgesellschaftsvertrag vom 23. September 2002 enthält zur Geschäftsführung und Vertretung der xxx GmbH & Co. KG Holding folgende Regelungen:

§ 8 Geschäftsführung, Vertretung

(1) Zur Geschäftsführung und Vertretung ist der persönlich haftende Gesellschafter allein berechtigt.

(2) Der persönlich haftende Gesellschafter ist von der Beschränkung des § 181 BGB befreit. Er führt die Geschäfte mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes.

(3) Werden die Anteile an einer Kapitalgesellschaft, die persönlich haftender Gesellschafter dieser Gesellschaft ist, von der Gesellschaft selbst gehalten (sog. Einheitsgesellschaft), gilt für die Beschlussfassung, Geschäftsführung und Vertretung folgendes:

a) Hinsichtlich der Anteile an dem persönlich haftenden Gesellschafter, die im Eigentum der Gesellschaft stehen, sind statt des persönlich haftenden Gesellschafters die Kommanditisten geschäftsführungsbefugt. Der persönlich haftende Gesellschafter verpflichtet sich, insoweit von seiner Vertretungsbefugnis für die Gesellschaft keinen Gebrauch zu machen.

b) Im Rahmen dieser Befugnis ist jeder Kommanditist allein zur Vertretung der Gesellschaft berechtigt.

c) Die Kommanditisten üben ihre Befugnis in der Weise aus, dass sie in einer Kommanditistenversammlung entsprechend den Regelungen dieses Gesellschaftsvertrages über Gesellschafterversammlungen und Gesellschafterbeschlüsse einen Beschluss fassen und anschließend der von ihnen bestimmte Kommanditist die beschlossene Maßnahme namens der Gesellschaft unter Einhaltung der vorgeschriebenen Form ausführt.

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