Entscheidungsstichwort (Thema)

Unmittelbare Liquidation einer sog. ”Einschiffsgesellschaft“ nach Veräußerung des Seeschiffes; Fortgeltung der Tonnagebesteuerung

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Zu den Voraussetzungen der Tonnagebesteuerung nach § 5a EStG.
  2. An die Wahl zur Gewinnermittlung nach der Tonnage ist der Stpfl. 10 Jahre gebunden.
  3. Durch den Verkauf des einzigen Seeschiffes ändert sich an der Bindungswirkung nichts, auch wenn die Bindung an die Tonnagebesteuerung grds. entfällt, wenn deren sachliche Voraussetzungen nicht mehr vorliegen.
  4. Wird eine Einschiffsgesellschaft liquidiert, deren alleiniger Gegenstand der (eingestellte) Betrieb eines Handelsschiffes im internationalen Verkehr war, bestehen die sachlichen Voraussetzungen der Tonnagebesteuerung nach § 5a EStG jedenfalls dann bis zum Ablauf der gesetzlichen Bindungsfrist fort, wenn die Gesellschaft ihr einziges Seeschiff veräußert und die Gesellschafter unmittelbar mit der Veräußerung die Liquidation der Gesellschaft beschließen.
 

Normenkette

EStG § 5a

 

Streitjahr(e)

2005, 2006, 2007

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 16.07.2020; Aktenzeichen IV R 3/18)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten im Zusammenhang mit dem Verkauf eines Seeschiffes über den Zeitpunkt des Ausscheidens der Klägerin aus der Tonnagebesteuerung und über die zeitliche Zuordnung einer an die Beigeladene gezahlten Liquidationsgebühr.

Die Klägerin betrieb bis zu dessen Veräußerung im Juni 2005 in der Rechtsform der GmbH & Co. KG das Seeschiff ”MS ”. Sie hat mit Wirkung zum 1. Januar 1999 zur Gewinnermittlung nach § 5a Einkommensteuergesetz -EStG- optiert und hielt daran bis zum Steuerjahr 2005 fest. An der Klägerin war eine Vielzahl an Kommanditisten beteiligt, u.a. die A.. mbH -nachfolgend A..-. Die A.. vertrat zudem treuhänderisch die Interessen weiterer Kommanditisten und erhielt für die von ihr übernommenen Verwaltungsaufgaben eine Vergütung von xx.xxx,xx € jährlich.

Am 11. April 2005 fand eine außerordentliche Treugeber- und Gesellschafterversammlung statt. Tagesordnungspunkt war die ”Erörterung eines möglichen Verkaufs des Schiffes sowie Beschlussfassung über den eventuellen Verkauf und die Liquidation der Schiffsgesellschaft“. In der diesbezüglichen Einladung vom 31. März 2005 heißt es u.a. (Bl. 57 BP-Arbeitsakte):

”Unter Berücksichtigung der anliegenden Berechnungen wird […] vorgeschlagen, […] über folgenden Beschluss abzustimmen:

Die Geschäftsführung wird beauftragt, das Schiff MS ”“ zu einem Preis von mindestens USD xx Millionen zu veräußern. Mit dem Verkauf des Schiffes tritt die Gesellschaft in Liquidation.“

Hintergrund war ein schon zu diesem Zeitpunkt konkret in Aussicht gestelltes Kaufangebot eines Interessenten. Die Gesellschafter fassten auf der Grundlage dieses Kaufangebots mehrheitlich den Beschluss, das Schiff zu verkaufen und die Klägerin zu liquidieren. Der Kaufvertrag wurde am 15. Juni 2005 geschlossen. Der Kaufpreis betrug xx.xxx.xxx USD (= xx.xxx.xxx,xx €) und wurde im Anschluss an die Übergabe des Schiffes am 15. Juli 2005 gezahlt.

Mit Schreiben vom 13. Juli 2005 teilte die A.. gegenüber den Treugebern/Gesellschaftern der Klägerin mit, dass die Schiffsgesellschaft - gemeint ist die Klägerin - nach der Begleichung bestehender Verbindlichkeiten und sogenannter nachlaufender Kosten liquidiert werde. Während der Liquidation würden die Anleger im Verhältnis ihrer Kommanditanteile Abschlagszahlungen auf den Verkaufserlös erhalten; die Endabrechnung zum Verkauf des Schiffes erfolge, so ergänzte die A.. im Schreiben vom 1. August 2005, nach weiterem Fortschritt der Liquidation. Im Übrigen freue man sich, dass bereits in der 32. Kalenderwoche eine Abschlagszahlung auf den Verkaufserlös in Höhe von 185 % des Kommanditanteils ausgezahlt werden könne. Diesbezügliche Einschränkungen oder Vorbehalte ergaben sich aus dem Schreiben, auf das wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen wird (Bl. 117 FGA), nicht.

In der Folgezeit kamen insgesamt drei Abschlagszahlungen auf den Verkaufserlös zur Anweisung, eine erste - wie angekündigt - am 5. August 2005 i.H.v. xx.xxx.xxx € (= 185 % des Kommanditkapitals), die zweite am 24. März 2006 i.H.v. x.xxx.xxx € (= 20 % des Kommanditkapitals) und eine dritte am 10. August 2006 i.H.v. xxx.xxx,xx € (= 6,5 % des Kommanditkapitals).

Auf der Grundlage dieser Ausschüttungen i.H.v. insgesamt xx.xxx.xxx,xx € rechnete die A.. am 26. Juni und 25. Juli 2007 unter Verweis auf § 14 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrages der Klägerin - gemeint ist offenbar § 14 Abs. 2 der Regelung - für ihren zusätzlichen Verwaltungsaufwand 464.982,75 € netto (= 2 % der Gesamtausschüttung) zzgl. Umsatzsteuer ab.

§ 14 des Gesellschaftsvertrages, auf den wegen des weiteren Regelungsinhalts Bezug genommen wird (Blatt 106 ff. FGA), trägt die Überschrift ”Kostenersatz für die A.. […]“ und hat folgenden Wortlaut:

”1. Die A.. mbH übernimmt für die Gesellschaft Verwaltungsaufgaben. Hierfür erhält sie eine jährliche Vergütung in Höhe von DM xx.xxx,--.

Mit dieser Vergütung sind auch solche Aufwendungen abgegolte...

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