Entscheidungsstichwort (Thema)
Tarifermäßigung bei Entschädigungen für den Verlust des Arbeitsplatzes
Leitsatz (redaktionell)
- Entschädigungen i.S.v. § 24 Nr. 1a EStG sind grundsätzlich nur dann außerordentliche Einkünfte, wenn die Entschädigung für entgangene oder entgehende Einnahmen, die sich bei normalem Ablauf auf mehrere Jahre verteilt hätten, vollständig in einem Betrag gezahlt wird (Zusammenballung von Einkünften).
- Die Tarifermäßigung nach § 34 EStG für eine Entschädigungszahlung darf nicht versagt werden, nur weil ein Arbeitnehmer einen Dienstwagen 3 Monate lang weiter nutzen darf. Denn wird ein Dienstwagen zur privaten Mitbenutzung zur Verfügung gestellt, handelt es sich insoweit um ein zusätzliches Entgelt für die Arbeitsleistung neben dem Barlohn.
- Wird nach Abschluss eines Aufhebungsvertrages der Pkw noch für einen weiteren Zeitraum zur Nutzung zur Verfügung gestellt, ist Grund für die Pkw-Überlassung von diesem Zeitpunkt an nicht mehr die Entlohnung der Arbeitsleistung, sondern die Entschädigung für entgehende Einnahmen aus dem Arbeitsverhältnis.
- Ist der Wert der "privaten Pkw-Nutzung" im Verhältnis zur steuerpflichtigen Abfindungssumme äußerst geringfügig, handelt es sich um eine Zusammenballung von Einkünften, die die Anwendung des § 34 EStG rechtfertigt.
Normenkette
EStG § 34 Abs. 1, § 24 Nr. 1a
Streitjahr(e)
1996
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob eine an den Kläger gezahlte Abfindung dem ermäßigten Steuersatz nach § 34 Einkommensteuergesetz (EStG) zu unterwerfen ist.
Der Kläger (L.(… traf am 4. Oktober 1996 mit seinem Arbeitgeber (S( eine Vereinbarung über die Auflösung des Arbeitsverhältnisses zum 31. Dezember 1996. Wörtlich heißt es u.a. in dieser Vereinbarung.
"1. Das zwischen S. und Herrn L. bestehende Arbeitsverhältnis gemäß Dienstvertrag vom … , endet auf Initiative von S. aus betrieblichen Gründen im gegenseitigen Einvernehmen zum 31. Dezember 1996.
2. In der Zeit vom 4. Oktober 1996 bis 31. Oktober 1996 nimmt Herr L. den ihm noch zustehenden Urlaub.
3. Für die Zeit vom 1. November 1996 bis 31. Dezember 1996 ist Herr L. von seiner Verpflichtung zur Erbringung der Dienstleistung freigestellt.
4. Herr L. erhält von S. bis zum 31. Dezember 1996 monatliche Gehaltszahlungen wie im Dienstvertrag vereinbart.
5. Im Hinblick auf die von S. veranlasste Beendigung des Anstellungsverhältnisses erhält Herr L. eine Abfindung nach den §§ 9, 10 Kündigungsschutzgesetz - unter Berücksichtigung der steuerlichen Bestimmungen - mit seiner Gehaltsabrechnung für Dezember 1996 in Höhe von 125.000 DM brutto.
6. Herr L. kann den ihm überlassenen Firmen-Pkw BMW 525 bis längstens 31. März 1997 in bisherigem Rahmen noch privat nutzen.
7. Mit der Erfüllung dieser Vereinbarung sind alle wechselseitigen Ansprüche aus dem Anstellungsverhältnis und seiner Beendigung, gleich aus welchem Rechtsgrund, abgegolten."
In dem Einkommensteuerbescheid vom 14. Mai 1998 unterwarf das Finanzamt (FA) die Abfindung in Höhe von 125.000 DM dem normalen Steuersatz.
Gegen diesen Bescheid legten die Kläger Einspruch ein. Das FA hielt den Einspruch insoweit für begründet, als die Abfindung vollständig besteuert und nicht in Höhe von 24.000 DM gem. § 3 Nr. 9 EStG steuerfrei belassen worden sei. Mit Einspruchsbescheid vom 2. November 1998 änderte das FA den Steuerbescheid entsprechend. Im übrigen wies es den Einspruch als unbegründet zurück.
Die Abfindung sei nicht dem ermäßigten Steuersatz zu unterwerfen. Gem. § 34 Abs. 1 u. 2 EStG sei der ermäßigte Steuersatz nur dann anzusetzen, wenn die Zahlung der Entschädigung zu einer Zusammenballung von Einkünften führe. Hierunter fielen nur solche Entschädigungen, die auf den Zeitraum nach Beendigung des Dienstverhältnisses fiktiv entfallende Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit abgelten sollen. Die Entschädigung umfasse deshalb die Sonderzahlung in Höhe von 125.000 DM und den geldwerten Vorteil für den Dienstwagen, der dem Kläger über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses hinaus bis zum 31. März 1997 weiterhin überlassenen worden sei. Eine Zusammenballung von Einkünften läge grundsätzlich nur vor, wenn die Einkünfte, die sich bei normalem Ablauf des Geschehens auf mehrere Veranlagungszeiträume verteilt hätten, in einem Veranlagungszeitraum zugeflossen und steuerlich zu erfassen seien. Da die Entschädigungen wegen Auflösung des Dienstverhältnisses dem Steuerpflichtigen in zwei verschiedenen Veranlagungszeiträumen zugeflossen seien, könne die Tarifermäßigung nach § 34 EStG nicht gewährt werden.
Gegen diesen Bescheid haben die Kläger am 16. November 1998 Klage erhoben. Nach ihrer Auffassung sei der steuerpflichtige Teil der Abfindung in Höhe von 101.000 DM mit dem ermäßigten Steuersatz nach § 34 EStG zu besteuern.
Die von den Klägern begehrte Tarifermäßigung nach § 34 Abs. 1 u. 2 EStG sei vom FA mit der Begründung abgelehnt worden, es läge eine Zusammenballung von Einkünften in einem Veranlagungszeitraum im vorliegenden Fall nicht vor, da die weiterhin b...