Entscheidungsstichwort (Thema)

Auskehrung einer freien Rücklage als sonstige Leistung i.S.v.§ 41 Abs. 1 KStG

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Die Auskehrung einer in einer freien Rücklage erfassten Einlage an die Gesellschafter ist eine sonstige Leistung i.S.d. § 41 Abs. 1 KStG, für die die Ausschüttungsbelastung nach § 27 Abs. 1 KStG herzustellen ist.
  2. §§ 27, 41 KStG erfassen als Ausschüttung jede Art der Gewinnverteilung an die Anteilseigner der Körperschaft und alle sonstigen Leistungen, die die Körperschaft an die Anteilseigner mit Rücksicht auf ihre Gesellschafterstellung bewirkt.
  3. Eine durch Einlage entstandene freie Rücklage ist zwar nicht Teil des erwirtschafteten Gewinns einer Gesellschaft. Das schließt eine sonstige Leistung i.S.d. § 41 Abs. 1 KStG jedoch nicht aus.
  4. Die Auskehrung einer durch Einlage entstandenen freien Rücklage stellt keine steuerfreie Kapitalrückzahlung dar.
 

Normenkette

KStG § 27 Abs. 1, § 41 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 08.08.2001; Aktenzeichen I R 26/00)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Frage, ob im Fall der Auflösung einer vor dem 31.12.1976 gebildeten freien Rücklage für den Rückzahlungsbetrag die Ausschüttungsbelastung gemäß §§ 27 ff Körperschaftsteuergesetz - KStG - herzustellen ist.

Die Klägerin betrieb im Streitjahr 1984 in N... ein Unternehmen zum Vertrieb von Fleisch und Fleischwarenprodukten.

Die Klägerin erlitt in den Jahren 1969 und 1970 unter der Firma ... GmbH Verluste in Höhe von insgesamt 100.420,54 DM. Daraufhin schlossen am 30.04.1971 die damaligen zwei Gesellschafter eine Vereinbarung mit dem Inhalt, dass sie sich "zur Regelung" der Verluste verpflichteten, den Betrag in Höhe von 100.420,54 DM je zur Hälfte zu tragen. Dieser Betrag wurde in den Bilanzen der folgenden Jahre als freie Rücklage ausgewiesen und nach dem 31.12.1976 bei der Gliederung des verwendbaren Eigenkapitals in das EK 03 - Eigenkapital gem. § 30 I Nr. 3, II Nr. 3 KStG - eingestellt.

Nach mehrmaligem Wechsel der Beteiligungsverhältnisse waren 1984 als Gesellschafter an der Klägerin, die nunmehr unter der Firma B... Handels- und Verwaltungsgesellschaft mbH auftrat, Herr ... W... und Herr ... S... jeweils mit einem Geschäftsanteil von 30.000 DM beteiligt. In Ausführung eines Beschlusses dieser Gesellschafter vom 01.11.1984 zahlte die Klägerin den Betrag in Höhe von 100.420,54 DM an diese aus. Die freie Rücklage wurde als Bilanzposition zum Ende des Jahres aufgelöst.

Der Beklagte hat die Zahlung im Rahmen der Körperschaftsteuerfestsetzung 1984 als Ausschüttung behandelt, für die die Belastung nach §§ 27 ff KStG herzustellen ist. Entsprechend den vorhandenen Eigenkapitalanteilen hat er den Betrag zuerst mit dem Eigenkapital gem. § 30 I Nr. 1 KStG - EK 56 -, dann mit Eigenkapital gem. § 30 I Nr. 3, II Nr. 2 KStG - EK 02 - und zuletzt mit EK 03 verrechnet. Das hat zu einer Minderung der Körperschaftsteuer in Höhe von 19.385 DM und zu einer Erhöhung in Höhe von 21.594 DM geführt. Unter Berücksichtigung dieser Änderungen hat der Beklagte jeweils mit Bescheid vom 05.03.1987 die Körperschaftsteuer für 1984 auf 14.708 DM festgesetzt und die Besteuerungsgrundlagen gem. § 47 KStG zum 31.12.1984 gesondert festgestellt.

Gegen diese Bescheide hat die Klägerin mit Schreiben vom 10.03.1987 Einsprüche eingelegt, die mit am 01.12.1994 zugestelltem Einspruchsbescheid als unbegründet zurückgewiesen worden sind.

Die Klägerin hat mit bei Geicht am 22.12.1994 eingegangenem Schriftsatz Klage erhoben.

Sie begehrt die Verrechnung des Rückzahlungsbetrages mit dem EK 03 ohne Herstellung der Ausschüttungsbelastung.

Sie ist der Ansicht, die Auskehrung der freien Rücklage sei keine Ausschüttung im Sinne des § 27 I KStG. Die Anwendung der Norm erfordere bereits nach deren eindeutigem Wortlaut die Ausschüttung von Gewinn. Demgegenüber seien die in die Rücklage gezahlten Zuschüsse der Gesellschafter zu keiner Zeit Bestandteil des Gewinns der Klägerin gewesen. Die Auszahlung stelle demnach keine Gewinnausschüttung, sondern Kapitalrückzahlung dar. Etwas anderes könne sich auch nicht aus § 27 III KStG oder § 28 KStG ergeben, da diese Vorschriften keine erweiternde Definition des Ausschüttungsbegriffs aus § 27 I KStG beinhalteten, sondern lediglich an diesen anknüpfen. Die Unterscheidung im § 27 III KStG in Ausschüttungen entsprechend eines gesellschaftlichen Gewinnverteilungsbeschlusses und in andere Ausschüttungen diene lediglich der Klarstellung der zeitlichen steuerlichen Erfassung. § 28 KStG regele ausschließlich die Reihenfolge der für die Ausschüttung als verwendet geltenden Teile des Eigenkapitals. Beide Normen setzten aber eine Ausschüttung von Gewinn voraus. Dass § 27 I KStG nicht alle Arten von Ausschüttungen umfassen solle, zeige bereits die Existenz des § 41 KStG, für dessen Anwendung ansonsten kein Raum verbliebe.

Ebenfalls läge keine sonstige Leistung im Sinn des § 41 I KStG vor, da die Gesellschafter durch den Empfang der Rückzahlung keine Einnahmen nach § 20 I Nr. 1 oder 2 des Einkommensteuergesetzes - EStG - erzielt hät...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge