Entscheidungsstichwort (Thema)

Betreff: Bestandsk.v.USt-Besch. wegen Geldspielau. Umsatzsteuer 1989–1991

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert wird auf 42.871 DM festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Klägerin unterhält und betreibt neben Unterhaltungsautomaten auch Geldspielautomaten mit Gewinnmöglichkeit. Der Beklagte setzte die Umsatzsteuer für die Streitjahre entsprechend der abgegebenen Umsatzsteuerjahreserklärungen bestandskräftig fest. Mit Schreiben vom 15. November 1994 reichte die Klägerin beim Beklagten berichtigte Steuererklärungen für die Streitjahre ein. Damit begehrte sie die Umsätze aus Geldspielautomaten unter Berücksichtigung der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 5. Mai 1994 (BStBl II 1994, 48) entgeltsmäßig auf den Kasseninhalt zu beschränken. Der Beklagte lehnte die Änderung der Steuerfestsetzungen unter Hinweis auf die Bestandskraft mit rechtsmittelfähigen Bescheid vom 13. Dezember 1994 ab. Die hiergegen nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage begründet die Klägerin im wesentlich wie folgt: Verfahrensrechtlich sei das EUGH-Urteil C 208/90 vom 25. Juni 1991, Rechtssache Emmott, zu beachten. Danach bestehe eine gemeinschaftsrechtliche Fristenhemmung. Ein säumiger Mitgliedstaat könne sich bis zum Zeitpunkt der ordnungsgemäßen Umsetzung einer Richtlinie nicht auf die Verspätung einer Klage berufen, die ein Einzelner zum Schutz der ihm durch die Bestimmungen der Richtlinie verliehenen Rechte gegen den Staat erhoben habe. Die Grundsätze des Emmotturteils seien auch auf das Umsatzsteuerrecht anwendbar. Dies folge aus der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache BP SOUPERGAZ (C 62/93 vom 6. Juli 1995). In dieser Entscheidung habe der EUGH erstmals zu den verfahrensrechtlichen Voraussetzungen einer Erstattung im Umsatzsteuerrecht Stellung genommen. Dort sei ausgeführt, daß Rechtspositionen des Marktbürgers nur in den Schranken der in den jeweils einschlägigen nationalen Rechtsvorschriften festgelegten materiellen und formellen Voraussetzungen durchgesetzt werden könnten, sofern diese Voraussetzungen und die Verfahrensmodalitäten für die Klagen, die den Schutz der dem Bürger unmittelbar aus dem Gemeinschaftsrecht erwachsenen Rechte gewährleisten sollen, nicht ungünstiger seien, als bei ähnlichen Klagen, die nur innerstaatliches Recht beträfen, und nicht so ausgestaltet seien, daß sie die Ausübung der Rechte, die die Gemeinschaftsrechtsordnung einräume, praktisch unmöglich machte.

Im Streitfall liege ein Umsetzungsdefizit vor. Die unterschiedliche Beurteilung der Geldspielautomatenumsätze durch den Bundesfinanzhof einerseits und dem EUGH andererseits beruhe auf einer Abweichung der nationalen Vorschrift von der Richtlinienbestimmung. Aus der Vorabentscheidung des EUGH in der Rechtssache Glawe (C 38/93 vom 05.05.1994) folge, daß § 10 Abs. 1 UStG keine ordnungsgemäße Umsetzung der Bestimmung des Artikel 11 Teil A Abs. 1a der 6. EG-Richtlinie darstelle. Der EUGH habe dabei den Inhalt der Bemessungsgrundlage abweichend von der bisherigen nationalen Rechtsanwendung zu § 10 Abs. 1 UStG ausgelegt. Hieraus folge, daß der Entgeltsbegriff des § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG jedenfalls in Bezug auf Geldspielautomatenumsätze keine ordnungsgemäße Umsetzung der Richtlinie darstelle. Während § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG das Entgelt aus der Warte des Leistungsempfängers definiere, bestimme die 6. EG-Richtlinie die Besteuerungsgrundlage aus der Warte des Leistenden. Die unterschiedlichen Ergebnisse, zu denen der EUGH einerseits und der BFH andererseits gelangt seien, seien nicht nur Folge einer Beurteilungsdifferenz, sondern zwingender Ausfluß der bereits im Ansatz nicht deckungsgleichen Standpunkte beider Bestimmungen. Selbst wenn man ein Umsetzungsdefizit verneinen wolle, ergebe sich, daß der nationale Gesetzgeber durch sein Verhalten einen Zustand der Unsicherheit geschaffen habe, in dem der einzelne Marktbürger nicht in die Lage versetzt gewesen sei, in vollem Umfang von seinen Rechten Kenntnis zu erlangen.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten zu verpflichten, den Umsatzsteuerbescheid 1989 vom 15. September 1993 insoweit zu ändern, als die Umsatzsteuer um 12.905,06 DM herabgesetzt wird, den Umsatzsteuerbescheid 1990 vom 15. September 1993 insoweit zu ändern, als die Umsatzsteuer um 13.687,07 DM herabgesetzt wird und den Umsatzsteuerbescheid 1991 vom 10. November 1993 insoweit zu ändern, als die Umsatzsteuer um 16.279,86 DM herabgesetzt wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Dem Verpflichtungsbegehren der Klägerin stehe die Bestandskraft der Steuerfestsetzungen für die Streitjahre entgegen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte.

Dem Senat haben die beim Beklagten für die Klägerin geführten Umsatzsteuerakten zu Steuernummer vorgelegen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Dem Verpflichtungsbegehren der Klägerin steht entgegen, daß die Steuerfestsetzungen für die S...

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