[Ohne Titel]

David R. Dietsch LL.B.[*]

Mit der Implementierung der Quick-Fixes in das deutsche Umsatzsteuergesetz avancierte die Zusammenfassende Meldung von einer bloßen formalen Berichtspflicht zu einer relevanten Voraussetzung der Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen. In diesem Zusammenhang vertritt die Finanzverwaltung die Meinung, dass für innergemeinschaftliche Lieferungen die Steuerbefreiung im Falle einer verfristeten Zusammenfassenden Meldung gänzlich zu versagen ist. Diese Ansicht ist allerdings weder mit nationalem Recht noch mit unionsrechtlichen Vorgaben vereinbar.

[*] Der Autor David R. Dietsch (Bucerius Law School) ist Manager des Taxdoo RegTech Center in Hamburg.

1. Einleitung

Mit Wirkung zum 1.1.2020 wurden die MwStSystRL sowie die MwStVO im Hinblick auf innergemeinschaftliche Konsignationslager und Reihengeschäfte sowie die Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen durch die Einführung der sog. Quick Fixes geändert.[1] Durch das JStG 2019[2] hat der deutsche Gesetzgeber die Quick Fixes umgesetzt und u.a. § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG neu gefasst.[3] Die Steuerbefreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung ist seitdem an die Abgabe der Zusammenfassenden Meldung (ZM) geknüpft. In diesem Zusammenhang vertritt die Finanzverwaltung die Auffassung, dass die Steuerbefreiung bereits dann zu versagen sei, wenn der Unternehmer die ZM nicht fristgerecht abgegeben hat.[4] Der nachfolgende Beitrag erläutert, warum auch in einem solchen Fall die Steuerbefreiung für eine innergemeinschaftliche Lieferung nicht endgültig entfällt.

[1] Vgl. Richtlinie (EU) 2018/1910 des Rates v. 4.12.2018, Durchführungsverordnung (EU) 2018/1912 des Rates v. 4.12.2018.
[2] Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften v. 12.12.2019, BGBl. I 2019, 2451.
[3] Art. 138 Abs. 1 MwStSystRL, der § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG entspricht, wurde ebenfalls angepasst und insbesondere um den Abs. 1a erweitert.
[4] BMF, Schr. v. 9.10.2020 – III C 3 - S 7140/19/10002:007, DOK 2020/1027480; Abschn. 4.1.2. Abs. 2 S. 3 UStAE.

2. Problemstellung

Steuerbefreiung wird versagt: Die ordnungsgemäße Abgabe der ZM wurde durch die Implementierung der Quick Fixes erheblich aufgewertet. So knüpft die Steuerbefreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung nunmehr an die Abgabe einer ZM an. Konkret versagt § 4 Nr. 1 Buchst. b S. 1 Halbs. 2 UStG jetzt dem Unternehmer die Steuerbefreiung, wenn dieser seiner Pflicht zur Abgabe der ZM (§ 18a UStG) nicht nachgekommen ist oder soweit er diese im Hinblick auf die jeweilige Lieferung unrichtig oder unvollständig abgegeben hat. Die Berichtigung nach § 18a Abs. 10 UStG bleibt hiervon unberührt.[5]

ZM als Voraussetzung für Steuerbefreiung: Nach der Implementierung der Quick Fixes veröffentlichte das BMF das sog. Einführungsschreiben zu den geänderten Anforderungen bei innergemeinschaftlichen Lieferungen.[6] In diesem nahm das BMF u.a. zur o.g. Aufwertung der ZM Stellung und passte den UStAE in der Folge an. Abschn. 4.1.2. Abs. 2 S. 2 UStAE besagt nunmehr, dass die Steuerbefreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung zu versagen ist, wenn der Unternehmer die ZM nicht richtig, vollständig oder fristgerecht abgegeben hat.

In diesem Zusammenhang haben sich unterschiedliche Meinungen hinsichtlich der neuen Bedeutung der ZM herausgebildet.[7] Im folgenden Teil wird insbesondere der rechtliche Aspekt untersucht, sofern der Unternehmer eine ZM nicht fristgerecht abgegeben hat und was dann hinsichtlich der Steuerbefreiung[8] gilt.

[7] Zum Meinungsstand s. ausführlich Connemann/Meyer-Burow, MwStR 2021, 557, Fn. 4.
[8] Im Folgenden wird stets von "Steuerbefreiung" gesprochen, gemeint ist die Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen gem. § 4 Nr. 1 Buchst. b S. 1 i.V.m. § 6a UStG.

3. Steuerbefreiung der ig. Lieferung bei Abgabe einer nicht fristgerechten ZM

Argumente gegen Auffassung d. Finanzverwaltung: Das BMF versagt die Steuerbefreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung, wenn der meldepflichtige Unternehmer die ZM nicht fristgerecht abgegeben hat.[9] Die nachfolgenden Argumente stehen dieser Auffassung entgegen.

[9] Abschn. 4.1.2. Abs. 2 S. 2 UStAE.

a) Wortlaut von § 4 Nr. 1 Buchst. b Halbs. 2 UStG

Vergleicht man den Wortlaut von § 4 Nr. 1 Buchst. b S. 1 Halbs. 2 UStG mit dem des UStAE, fällt hier bereits auf, dass beide nicht deckungsgleich sind.[10] Während das BMF die Steuerbefreiung versagen möchte, sobald der Unternehmer die ZM nicht fristgerecht abgegeben hat,[11] spricht der neue Gesetzeswortlaut davon, dass der Unternehmer der Pflicht "nicht nachgekommen ist".[12] Der Unterschied zwischen beiden Formulierungen wird deutlich, wenn man diese in einem zeitlichen Kontext betrachtet.

Die Abgabefrist der ZM ist der 25. Tag nach Ablauf des jeweiligen Meldezeitraums.[13] Übermittelt ein Unternehmer eine ZM nicht fristgerecht, hat dieser – zunächst – selbstredend keine ZM abgegeben. Dies heißt aber nicht zwangsläufig, dass der Unternehmer auch seiner Pflicht zur Abgabe einer ZM abschließe...

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