Im Ergebnis ist die Auffassung der Finanzverwaltung, wonach die Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen bereits dann zu versagen ist, wenn die ZM verfristet abgegeben worden ist, nicht vereinbar mit § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG. Die nationale Steuerbefreiungsnorm spricht ausdrücklich davon, dass der Unternehmer seiner Pflicht nicht nachgekommen ist, was nicht gleichbedeutend ist mit einer verfristeten ZM. Vielmehr bleibt die Abgabeverpflichtung auch nach Fristablauf bestehen. Solange es allerdings an einer ZM mangelt, kann die Steuerbefreiung grundsätzlich versagt werden. Übermittelt der Unternehmer allerdings eine ZM, auch wenn diese verfristet ist, ist die Steuerbefreiung zu gewähren. Dies entspricht auch der Gesetzesbegründung zu § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG, die explizit auch bei der verfristeten, aber nachgeholten ZM die Steuerbefreiung weiterhin gewährt.

Mit Bezug auf den Richtlinienwortlaut von Art. 138 Abs. 1a MwStSystRL bejaht dieser ebenfalls im Einzelfall die Steuerbefreiung bei ausbleibender ZM, wenn der Steuerpflichtige das Ausbleiben ordnungsgemäß begründen kann. Insofern kann sogar vertreten werden, dass die ZM weiterhin eine lediglich formelle Voraussetzung für die Steuerbefreiung darstellt, die – wie oben angesprochen – nachgeholt werden kann oder – mit Verweis auf Art. 138 Abs. 1a MwStSystRL – sogar im Einzelfall gänzlich ausbleiben kann.

Gerade im Onlinehandel sind Unternehmer oftmals mit Fulfillmentanbietern konfrontiert, woraus innergemeinschaftliche Verbringungen resultieren, die in der Praxis spät oder gar nicht kommuniziert werden. Entsprechend sind solche Unternehmer oftmals damit konfrontiert, innergemeinschaftliche Verbringungen nachzuerklären, was auch Abgabe einer ordnungsgemäßen und insbesondere fristgerechten ZM betrifft. Diesen wie auch anderen Unternehmen drohen entsprechende Konsequenzen bei stringenter Anwendung von Abschn. 4.1.2. Abs. 2 S. 2 UStAE. Da die zunehmende Kritik an Abschn. 4.1.2. Abs. 2 S. 2 UStAE sehr wahrscheinlich nicht abflauen wird, bleibt zu hoffen, dass die Finanzverwaltung den UStAE an genannter Stelle schnellstmöglich überarbeitet, um unnötige gerichtliche Auseinandersetzung einzudämmen.

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