BMF, 3.8.2017, IV B 4 - S 1301/08/10015

In Abstimmung mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt für den Nachweis über das Vorliegen der Voraussetzungen für die Anrechnung fiktiver Quellensteuern bei Zinseinkünften nach Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) Folgendes:

 

1.0 Anrechnung fiktiver Quellensteuern

Zahlreiche deutsche DBA sehen bei Zinseinkünften, die in der Bundesrepublik Deutschland ansässige Steuerpflichtige aus den betroffenen Vertragsstaaten beziehen, auch dann eine Anrechnung ausländischer Quellensteuern vor, wenn diese effektiv – ganz oder zum Teil – nicht erhoben worden sind (Anrechnung fiktiver Quellensteuern). Die Voraussetzungen für die Anrechnung fiktiver Quellensteuern sind in den einzelnen DBA unterschiedlich geregelt.

 

1.1 Fallgruppenunterscheidung

Bei den derzeit bestehenden DBA sind bei den Vorschriften zur Anrechnung fiktiver Quellensteuern vier Fallgruppen zu unterscheiden.

 

1.1.1 Anrechnung aufgrund ausdrücklich aufgeführter Rechtsvorschriften

DBA, nach denen die Anrechnung fiktiver Quellensteuern davon abhängt, dass der andere Vertragsstaat aufgrund im DBA ausdrücklich aufgeführter Rechtsvorschriften auf die Erhebung einer Quellensteuer bei Zinseinkünften verzichtet (Ägypten 1987).

 

1.1.2 Anrechnung zur Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung des Quellenstaats

DBA, nach denen die Anrechnung fiktiver Quellensteuern davon abhängt, dass der andere Vertragsstaat zur Förderung seiner wirtschaftlichen Entwicklung auf die Erhebung einer Quellensteuer von Zinseinkünften verzichtet (Elfenbeinküste 1979, Griechenland 1966, Jamaika 1974, Kenia 1977, Liberia 1970, Marokko 1972, Trinidad und Tobago 1973, Tunesien 1975 und Venezuela 1995).

 

1.1.3 Begrenzung der Anrechnung auf den allgemein geltenden Steuersatz

In einer Reihe von DBA ist – zum Teil neben den in den Tzn. 1.1.1 und 1.1.2 genannten Voraussetzungen – vorgesehen, dass sich der Anrechnungshöchstsatz für die Anrechnung fiktiver Quellensteuern entsprechend verringert, wenn der in dem anderen Vertragsstaat nach nationalem Recht geltende Steuersatz auf Zinsen unter diesen Anrechnungshöchstsatz sinkt (Ägypten 1987, Jamaika 1974, Kenia 1977, Sri Lanka 1979 sowie Trinidad und Tobago 1973).

 

1.1.4 Anrechnung ohne besondere Voraussetzungen

DBA, nach denen eine Anrechnung fiktiver Quellensteuern ohne besondere Voraussetzungen vorgesehen ist (Argentinien 1978/1996, Bangladesch 1990, Bolivien 1992, Ecuador 1982, Indonesien 1990, Mongolei 1994 und Portugal 1980).

 

2.0 Nachweis der Voraussetzungen

Für den Nachweis der in Tz. 1.1 genannten Voraussetzungen zur Anrechnung fiktiver Quellensteuern im Einzelfall sind die folgenden Ausführungen zu beachten.

 

2.1 Nachweis bei ausdrücklich aufgeführten Rechtsvorschriften

Bei den unter Tz. 1.1.1 genannten Fällen wird von einer besonderen Regelung abgesehen, da mit Ägypten bislang noch kein Fall von Anrechnung fiktiver Quellensteuern bekannt geworden ist.

 

2.2 Nachweis bei Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung des Quellenstaats

 

2.2.1 Nachweispflicht des Steuerpflichtigen

Der Nachweis, dass einer der in Tz. 1.1.2 genannten Vertragsstaaten zur Förderung seiner wirtschaftlichen Entwicklung auf eine Besteuerung der Zinsen – ganz oder zum Teil – verzichtet, ist im Einzelfall von dem Steuerpflichtigen zu führen, der sich hierauf beruft (§ 90 Abs. 2 AO). Hierzu ist regelmäßig zum Nachweis eines Steuerverzichts zur Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung des Quellenstaats eine Bestätigung der nach dem jeweiligen DBA für die Abkommensanwendung zuständigen ausländischen Behörde von dem Steuerpflichtigen vorzulegen.

 

2.2.2 Nachweis durch das deutsche Kreditinstitut

Es ist nicht zu beanstanden, wenn sich der Steuerpflichtige auf eine Bestätigung beruft, die dem deutschen Konsortialführer oder einer anderen Konsortialbank des Kredits oder der Anleihe vorliegt. Die Bestätigung muss von der nach dem jeweiligen DBA für die Abkommensanwendung zuständigen ausländischen Behörde ausgestellt worden sein und die Feststellung enthalten, dass die betreffenden Zinsen zur Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung des Quellenstaats nicht oder nur ermäßigt besteuert werden. Der deutsche Konsortialführer ist aus diesem Grund gehalten, vor Vergabe eines Kredits oder Auflage einer Anleihe eine solche Bestätigung einzuholen und dem Kreditgläubiger bzw. Anleihenzeichner zur Verfügung zu stellen. Sofern der Förderungszweck im Quellenstaat durch gesetzliche Regelung festgelegt ist, kann der Nachweis durch Vorlage einer Übersetzung des Gesetzes erfolgen. Grundsätzlich ist nicht zu beanstanden, wenn der Steuerpflichtige als Nachweis über den Inhalt der dem Konsortialführer oder einer anderen Konsortialbank vorliegenden Bestätigung einen Abdruck der Bescheinigung im Werbeprospekt des Konsortialführers oder einer anderen Konsortialbank vorlegt oder die Zinsgutschrift einen gesonderten Hinweis auf den Inhalt der Bescheinigung enthält.

 

2.2.3 Geltungsdauer der Bestätigungen

Die von den ausländischen Behörden erteilten Bestätigungen im Sinne der Tzn. 2.2.1 ...

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