Leitsatz

1. Ehegatten können in der Land- und Forstwirtschaft ohne ausdrücklichen Gesellschaftsvertrag eine Mitunternehmerschaft bilden, wenn jeder der Ehegatten einen erheblichen Teil der selbst bewirtschafteten land- und forstwirtschaftlichen Grundstücke zur Verfügung stellt. Dabei kommt es nicht darauf an, ob dem Ehegatten das Fruchtziehungsrecht an den zur Verfügung gestellten Grundstücken als Alleineigentümer, als Miteigentümer oder als Pächter zusteht (Änderung der Rechtsprechung).

2. Der Anteil des selbst bewirtschafteten land- und forstwirtschaftlichen Grundbesitzes, den jeder Ehegatte zur Verfügung gestellt hat, ist i.d.R. nicht erheblich und daher zur Begründung einer konkludenten Mitunternehmerschaft nicht geeignet, wenn er weniger als 10 % der insgesamt land- und forstwirtschaftlich genutzten Eigentumsflächen beträgt (Änderung der Rechtsprechung).

3. Unterhält jeder Ehegatte einen eigenen landwirtschaftlichen Betrieb, genügt die Selbstbewirtschaftung von landwirtschaftlichen Flächen der Ehegatten nicht, um eine konkludente Mitunternehmerschaft zu begründen. Erforderlich ist, dass die Ehegatten die Grundstücke gemeinsam in einem Betrieb bewirtschaften, sodass von einer gemeinsamen Zweckverfolgung ausgegangen werden kann.

 

Normenkette

§ 13 Abs. 1 und Abs. 7, § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG

 

Sachverhalt

Nachdem die Ehefrau eines Landwirts land- und forstwirtschaftlich genutzte Grundstücke geerbt hatte, gaben die Ehegatten an, jeweils eigene landwirtschaftliche Betriebe unterhalten zu haben, und ermittelten die Gewinne jeweils nach § 13a EStG. Beide Betriebe wurden den Angaben zufolge zu einem hohen Prozentsatz auf Pachtflächen betrieben. Das FA übersandte den Ehegatten eine Mitteilung über den Wegfall der Voraussetzungen für die Gewinnermittlung nach § 13a EStG mit Wirkung ab 01.07.1999.

Die Ehegatten gaben für das Wirtschaftsjahr 1999/2000 keine Gewinnermittlung ab, sodass das FA den Gewinn dieses Wirtschaftsjahrs schätzte.

Im anschließenden Klageverfahren ging das FG von einer Mitunternehmerschaft der Ehegatten aus, sodass das FA einen Gewinnfeststellungsbescheid erließ. Gegen diesen Bescheid erhoben die Ehegatten erneut Klage, die vor dem FG keinen Erfolg hatte (Niedersächsisches FG, Urteil vom 14.02.2001, 12 K 835/96, Haufe-Index 665092, EFG 2002, 171).

 

Entscheidung

Die Revision der Ehegatten führte zur Aufhebung der Vorentscheidung und Zurückverweisung des Verfahrens an das FG. Die Feststellungen des FG reichten nicht aus, um zu klären, ob und ggf. seit wann eine Mitunternehmerschaft bestanden habe.

 

Hinweis

1. Auch für land- und forstwirtschaftliche Einkünfte gilt der Grundsatz, dass eine Mitunternehmerschaft i.S.d. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG ein Gesellschaftsverhältnis oder ein vergleichbares Gemeinschaftsverhältnis voraussetzt, aufgrund dessen alle Beteiligten Mitunternehmerrisiko tragen und Mitunternehmerinitiative entfalten. Ein Gesellschaftsvertrag kann auch konkludent geschlossen werden.

a) Hierfür gibt es nach der Rechtsprechung im Bereich der Land- und Forstwirtschaft insbesondere dann Anhaltspunkte, wenn Ehegatten Nutzflächen gemeinsam bewirtschaften, die ihnen entweder gemeinsam oder jedem einzeln gehören. Gemeinschaftliche Eigentümer sind Landwirtsehegatten etwa dann, wenn sie im Güterstand der Gütergemeinschaft leben und die Grundstücke zum Gesamtgut gehören.

b) Im Besprechungsfall waren die Ehegatten aber jeweils Eigentümer von Flächen. Eine gemeinsame Bewirtschaftung lässt auf die konkludente Vereinbarung einer GbR schließen, wenn nicht klare Absprachen über die Nutzung der Grundstücke durch einen der Ehegatten getroffen worden sind. Der Schluss auf einen Gesellschaftsvertrag ist aber nur dann gerechtfertigt, wenn nicht einem der Ehegatten nur ein ganz geringfügiger Anteil der bewirtschafteten Fläche gehört. Die Geringfügigkeitsgrenze hatte der BFH früher bei 20 % gezogen. Mit dem Besprechungsurteil wird die Schwelle nun auf die allgemeine Geringfügigkeitsgrenze von 10 % herabgesetzt. Diese Verschärfung kam nicht überraschend, sondern hatte sich spätestens mit dem BFH-Urteil vom 22.01.2004, IV R 44/02 (BFH/NV 2004, 867, BFH/PR 2004, 30) angekündigt.

2. Eine weitere Verschärfung kommt eher unerwartet. Sie ergibt sich daraus, dass der BFH bisher nur Eigentumsflächen in seine Berechnung einbezogen hatte. Jetzt hebt der BFH nur noch auf das Fruchtziehungsrecht ab, sodass auch angepachtete Flächen in die Berechnung des Anteils einzubeziehen sind.

3. Der Schluss auf einen Gesellschaftsvertrag rechtfertigt sich immer nur aus der gemeinsamen Bewirtschaftung. Bewirtschaftet jeder der Ehegatten seine eigenen und von ihm angepachteten Flächen selbst, kommen nur zwei Einzelbetriebe infrage, wenn nicht ein ausdrücklicher Gesellschaftsvertrag geschlossen worden ist.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 25.09.2008 – IV R 16/07

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