Leitsatz

Erhält ein Steuerpflichtiger wegen der Körperverletzung durch einen Dritten aufgrund von mehreren gesonderten und unterschiedliche Zeiträume betreffenden Vereinbarungen mit dessen Versicherung Entschädigungen als Ersatz für entgangene und entgehende Einnahmen, so steht der Zufluss der Entschädigungen in verschiedenen Veranlagungszeiträumen der tarifbegünstigten Besteuerung jeder dieser Entschädigungen nicht entgegen.

 

Normenkette

§ 24 Nr. 1 Buchst. a EStG , § 34 EStG

 

Sachverhalt

Der Kläger erlitt während seines Wehrdienstes einen Unfall und ist seitdem querschnittsgelähmt. Die Versicherung des Unfallverursachers vereinbarte nach langen Verhandlungen mit dem Kläger am 16.1.1995 die Zahlung einer Abfindung von 100.000 DM, wobei der Verdienstausfall und die vermehrten Bedürfnisse ab 1.1.1995 ausdrücklich vorbehalten blieben. Am 18.11.1995 verpflichtete sich die Versicherung zur Zahlung von 225.000 DM; dabei bezog sich der Vorbehalt auf die Zeit ab 1.1.1998. Am 24.9.1998 sagte die Versicherung die Zahlung von 1,3 Mio. DM zu. Die Abfindungen flossen jeweils 1995 bzw. 1998 zu und enthielten in Höhe von 260.000 DM bzw. 850.000 DM Ersatz für entgehende Einnahmen.

Das FA besteuerte die im Streitjahr 1998 zugeflossene Abfindung mit dem normalen Einkommensteuertarif, weil es an einem zusammengeballten Zufluss der Gesamtentschädigung fehlte. Das FG gab der Klage statt (EFG 2003, 97).

 

Entscheidung

Der BFH bestätigte das FG-Urteil. Er gewährte die Tarifbegünstigung für 1998, da der in diesem Jahr zugeflossene Betrag als selbstständige Abfindung anzusehen sei. Eine einheitlich zu beurteilende Gesamtentschädigung liege nicht vor.

 

Hinweis

1. Eine Abfindung, die für eine erlittene Körperverletzung von der Versicherung des Schädigers gezahlt wird, stellt nur insoweit eine Entschädigung i.S.d. § 24 Nr. 1 Buchst. a dar, als mit ihr ein Verdienstausfall wegen verminderter Erwerbsfähigkeit ausgeglichen werden soll. Soweit in der Abfindung Beträge enthalten sind, die Arzt- und Heilungskosten ersetzen oder als Schmerzensgeld gezahlt werden, besteht keine Steuerpflicht.

2. Im Streitfall ist der BFH nicht von einer Gesamtentschädigung ausgegangen, die ratenweise in zwei verschiedenen Veranlagungszeiträumen ausgezahlt worden ist, sondern von drei selbstständig zu beurteilenden Entschädigungen, die jeweils – jede für sich gesehen – in einem Veranlagungszeitraum zusammengeballt zugeflossen sind. Die ständige Rechtsprechung des BFH, wonach Entschädigungen nur dann tarifbegünstigt besteuert werden könne, wenn sie steuerlich in einem Veranlagungszeitraum zu erfassen sind und durch die Zusammenballung von Einkünften erhöhte steuerliche Belastungen entstehen, greift darum hier nicht.

3. Die Annahme von drei eigenständigen Entschädigungen leitet der BFH daraus ab, dass hier drei zivilrechtlich gesondert zu beurteilende Vergleiche mit jeweils entsprechender Abfindungserklärung geschlossen worden sind. Dabei betraf jeder Vergleich einen klar abgegrenzten und vom Gegenstand der anderen Vergleiche ausdrücklich ausgenommenen Zeitraum für die entgehenden Einnahmen. Die Entscheidung weicht deshalb auch nicht vom Grundsatz der Einheitlichkeit einer Entschädigung ab.

4. Beachten Sie: Diese Entscheidung betrifft einen Sonderfall und wird auf solche Ausnahmefälle beschränkt bleiben, in denen ein Steuerpflichtiger für die ihm im Lauf seines gesamten künftigen Arbeitslebens entgehenden Einnahmen entschädigt wird. Das lässt sich dem Hinweis des BFH entnehmen, dass auch ein Arbeitnehmer im Lauf seines Berufslebens mehrmals eine begünstigte Abfindung für den Verlust seines Arbeitsplatzes erhalten kann.

Aus dem Hinweis kann aber auch geschlossen werden, dass die Abfindung für den Verlust eines bestimmten Arbeitsplatzes nicht in mehrere Entschädigungen für verschiedene Zeiträume aufgeteilt werden darf.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 21.1.2004, XI R 40/02

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