[Anrede]

Liebe Mandantin, lieber Mandant,

[Einführung – Standard]

auch im vergangenen Monat hat sich rund um Steuern, Recht und Betriebswirtschaft einiges getan. Über die aus unserer Sicht wichtigsten Neuregelungen und Entscheidungen halten wir Sie mit Ihren Mandanteninformationen gerne auf dem Laufenden. Zögern Sie nicht, uns auf einzelne Punkte anzusprechen, wir beraten Sie gerne.

Mit freundlichen Grüßen

  1. Antrag auf Kindergeld darf auch per E-Mail gestellt werden

    Entgegen V 5.2 Abs. 1 Satz 1 und 2 DA-KG 2023 enthält § 67 Satz 1 EStG kein Unterschriftserfordernis. An die Form eines Kindergeldantrags sind keine hohen Anforderungen zu stellen, da das Kindergeld der Wahrung des Grundsatzes der Steuerfreiheit des Existenzminimums und der Förderung der Familie dient.

    Hintergrund

    Am 16.7.2019 schrieb die Klägerin an die Familienkasse mit dem Betreff "Kindergeld…." und unter Angabe der zutreffenden Kindergeldnummer eine E-Mail, in der sie beanstandete, ab Mai 2018 keine Kindergeldzahlung mehr erhalten zu haben. Die E-Mail enthielt u. a. auch den Namen, die Adresse und die Telefonnummer der Klägerin.

    Die Familienkasse teilte der Klägerin daraufhin mit, dass von ihr ein Antrag zu stellen sei. Über ihren Anspruch auf Kindergeld könne noch nicht (endgültig) entschieden werden, weil u. a. noch die Vorlage eines Antrags sowie der jeweiligen "Anlage Kind" erforderlich seien.

    Die Klägerin übersandte daraufhin mit Schreiben vom 22.8.2019 zwar eine Vollmacht, aber keine weiteren Unterlagen.

    Die Familienkasse lehnte – unter Nennung der Namen und Geburtsdaten der Kinder – den "formlosen Antrag auf Kindergeld" vom 16.7.2019 mit Bescheid vom 10.9.2019 ab.

    Hiergegen legte die Klägerin Einspruch ein und übermittelte mit E-Mail vom 14.11.2019 jeweils im PDF-Format u. a. ein von ihr ausgefülltes und unterschriebenes Antragsformular. Mit Schreiben vom 12.12.2019 reichte sie weitere Unterlagen nach.

    Mit Kindergeldbescheid vom 17.12.2019 änderte die Familienkasse den Bescheid vom 10.9.2019 und setzte für die beiden Kinder ab Mai 2018 bis einschließlich Juni 2019 Kindergeld fest. Sie wies allerdings darauf hin, dass Kindergeld nur für die Monate Mai 2019 bis Dezember 2019 ausgezahlt werde, da gem. § 70 Abs. 1 Satz 1 EStG n. F. der am 14.11.2019 formwirksam eingegangene Antrag zu einer Nachzahlung nur für die letzten 6 Kalendermonate vor Beginn des November 2019, also ab Mai 2019 führe.

    Hiergegen legte die Klägerin "Einspruch" ein, den die Familienkasse als Antrag auf Erlass eines Abrechnungsbescheids gem. § 218 Abs. 2 Satz 1 AO behandelte. Sie entschied mit Bescheid vom 31.3.2020, dass die Klägerin für die Monate Mai 2018 bis einschließlich April 2019 gem. § 70 Abs. 1 Satz 2 EStG n. F. keinen Auszahlungsanspruch habe. Nachdem der Einspruch der Kläger erfolglos blieb, erhob sie Klage. Die Klage hatte Erfolg. Das FG verpflichtete die Familienkasse, das Kindergeld für den Zeitraum Mai 2018 bis einschließlich April 2019 auszuzahlen. Der Antrag auf Kindergeld sei bereits mit E-Mail vom 16.7.2019 und damit vor Inkrafttreten des § 70 Abs. 1 Satz 2 EStG n. F., der nur für Anträge mit Eingang nach dem 18.7.2019 gelte, gestellt worden.

    Entscheidung

    Im Revisionsverfahren schloss sich der BFH der Auffassung des FG an. Nach Auffassung der Richter hat das FG zwar zu Unrecht den Abrechnungsbescheid vom 31.3.2020 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29.6.2020 aufgehoben, statt ihn zu korrigieren. Zudem hat es zu Unrecht die Familienkasse ohne Bezugnahme auf den Zeitpunkt des Ergehens der Einspruchsentscheidung verpflichtet, der Klägerin Kindergeld auszuzahlen.

    Jedoch ist die Entscheidung, dass die Klägerin einen Auszahlungsanspruch in Höhe des Kindergelds für die Monate Mai 2018 bis April 2019 hat, nicht zu beanstanden.

    § 70 Abs. 1 Satz 2 EStG n. F., wonach die Auszahlung von festgesetztem Kindergeld rückwirkend nur für die letzten 6 Monate vor Beginn des Monats, in dem der Antrag auf Kindergeld eingegangen ist, erfolgt, betrifft nur Anträge, welche nach dem 18.7.2019 eingegangen sind. Für zuvor eingegangene Anträge, für die § 66 Abs. 3 EStG a. F. gilt, gibt es keine Auszahlungsbeschränkung.

    Für die Frage, ob ein wirksamer Kindergeldantrag vorliegt und wann er eingegangen ist, ist bei Antragseingang bis einschließlich 9.12.2020 § 67 Satz 1 EStG i. d. F. vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Digitalisierung von Verwaltungsverfahren bei der Gewährung von Familienleistungen vom 3.12.2020 maßgeblich.

    Hiernach war der Antrag auf Kindergeld "schriftlich" zu stellen. Der zweite Halbsatz ("eine elektronische Antragstellung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz über die amtlich vorgeschriebene Schnittstelle ist zulässig, soweit der Zugang eröffnet wurde") wurde erst mit Wirkung ab dem 10.12.2020 eingefügt und ist für vorher gestellte Anträge – wie im Streitfall – ohne Belang.

    Der Kindergeldantrag konnte somit bis einschließlich 9.12.2020 auch mit einer einfachen E-Mail ohne Beifügung des amtlichen Vordrucks im PDF-Format gestellt werden,...

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