Erstattungszeitraum: In der zweiten und vierten Vorlagefrage des vorlegenden Gerichts, die der EuGH zusammen prüfte, ging es letztendlich darum, ob die Vergütung der Vorsteuer durch Wilo für den EZ geltend zu machen ist, in dem der Vorsteueranspruch materiell-rechtlich entstanden ist, oder für den EZ, in dem der Umsatz in Rechnung gestellt worden ist.

Geregelt in der Vergütungsrichtlinie: M.E. war diese Frage relativ einfach zu beantworten, da die Antwort sich aus Art. 14 der Richtlinie 2008/9/EG ergibt. Diese Vorschrift bestimmt, dass der Erstattungsantrag eines Steuerpflichtigen sich auf "den Erwerb von Gegenständen oder Dienstleistungen [zu beziehen hat], der innerhalb des Erstattungszeitraums in Rechnung gestellt worden ist, sofern der Steueranspruch vor oder zum Zeitpunkt der Rechnungsstellung entstanden ist."[49] Insofern gibt es bei der Vorsteuervergütung eine eindeutige Regelung zum Zeitpunkt der "Ausübung" des Rechts, während dies beim Vorsteuerabzug im Veranlagungsverfahren nicht so klar ist.[50] Im Antrag gem. Art. 15 der Richtlinie 2008/9/EG sind auch erheblich dezidiertere Angaben zu machen als beim Vorsteuerabzug im Veranlagungsverfahren gem. Art. 167 ff. MwStSystRL. Auch wenn also die materiellen Voraussetzungen für die Vorsteuervergütung und den Vorsteuerabzug im Wesentlichen vergleichbar sind (vgl. oben II.1.), bestehen bei den formellen Ausübungsvoraussetzungen signifikante Unterschiede.

Ergebnis des EuGH: Den Art. 14 der Richtlinie 2008/9 legte dann auch der Gerichtshof im Urteil vom 21.10.2021 letztendlich seiner Antwort zugrunde, indem er – etwas verklausuliert, wie er es gern tut – feststellte, ein Vorsteuervergütungsantrag für einen EZ (hier 2015) könne nicht deswegen abgelehnt werden, weil der Erstattungsanspruch (materiell-rechtlich) in einem früheren EZ (hier 2012) entstanden sei, wenn er erst im späteren EZ (also 2015) in Rechnung gestellt worden sei.

Verhältnis zu früherem Urteil: Ob der EuGH mit diesem Ergebnis von den Ausführungen in seinem Volkswagen-Urteil vom 21.3.2018[51] abwich oder nicht, braucht – da die Antwort des EuGH m.E. nun eindeutig ist – nicht weiter thematisiert zu werden.[52]

[49] Oder in dem der Steueranspruch entstanden ist, wenn erst die Rechnung ausgestellt wurde; typischerweise also in Anzahlungsfällen gem. Art. 65 MwStSystRL.
[50] Zu Entstehen und Geltendmachung des Vorsteuerabzugs im Veranlagungsverfahren s. auch von Streit/Streit, MwStR 2019, 13 (15); Maunz, UR 2018, 359 (365).
[51] EuGH v. 21.3.2018 – C-533/16 – Volkswagen AG, UR 2018, 359.
[52] Vgl. zu den Ausführungen des Verhältnisses von Veranlagungs- zu Vergütungsverfahren im Urteil vom 21.3.2018 von Streit/Streit, UStB 2018, 140 (142).

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