Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausschluss der Zulassung eines Facharztes der Herzchirurgie zur vertragsärztlichen Versorgung im Wege ambulanter Leistungserbringung

 

Orientierungssatz

1. Fachärzte für Herzchirurgie dürfen nicht zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen werden, weil ambulant erbringbare herzchirurgische Leistungen im Gesamtspektrum des Fachgebietes Herzchirurgie nur von untergeordneter Bedeutung sind.

2. Die ambulant möglichen Leistungen stellen aufgrund ihres eingeschränkten Leistungsinhaltes, aber auch von ihrer Bedeutung insbesondere im Vergleich gegenüber den Operationen am Herzen mit oder ohne Herzlungenmaschine, nur einen geringe Anteil an dem dem Herzchirurgen möglichen Leistungsspektrum dar.

3. In Deutschland stehen jährlich 7290 ambulant möglichen Eingriffen im herzchirurgischen Bereich mehr als 100000 stationäre Eingriffe am Herzen und an den herznahen Gefäßen gegenüber.

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 12.09.2007 abgeändert. Der Beschluss des Beklagten vom 22.11.2006 wird aufgehoben.

Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Zulassung des Beigeladenen zu 5) zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung.

Der zu 5) beigeladene Arzt für Herzchirurgie beantragte im Mai 2006 beim Zulassungsausschuss für Ärzte in Köln seine Zulassung als Facharzt für Herzchirurgie in C.

Der Zulassungsausschuss lehnte den Antrag mit der Begründung ab, Herzchirurgen seien in der vertragsärztlichen Versorgung nicht zulassungsfähig. Auf den Widerspruch des Beigeladenen zu 5) ließ der beklagte Berufungsausschuss ihn antragsgemäß zu (Beschluss vom 22.11.2006).

Klage und Berufung der Kassenärztlichen Vereinigung sind erfolglos geblieben. Der Senat hat die Auffassung vertreten, Herzchirurgen seien unter dieser Fachgebietsbezeichnung zulassungsfähig. Die gegenteilige Ansicht des beigeladenen Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA), die dieser in einer Neufassung der "Richtlinie über die Bedarfsplanung sowie die Maßstäbe zur Feststellung von Überversorgung und Unterversorgung in der vertragsärztlichen Versorgung" vom 20.12.2007 (ÄBedarfsplRL) zum Ausdruck gebracht habe, sei nicht zutreffend. Zu Recht habe das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) als Aufsichtsbehörde einen dahingehenden Beschluss des GBA beanstandet, sodass dieser nicht wirksam geworden sei. Der GBA verfüge nicht über die Kompetenz, Arztgruppen zu bezeichnen, die wegen ihres Leistungsspektrums nicht zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen werden könnten. Auch dem Bewertungsausschuss fehle eine entsprechende Befugnis. Soweit dieser zum 01.10.2006 - möglicherweise in direkter Reaktion auf das anhängige Streitverfahren - die Präambel zum Kapitel 7 des EBM-Ä in der ab 01.04.2005 geltenden Fassung so geändert habe, dass dort die Herzchirurgie nicht mehr erwähnt sei, sei das rechtswidrig und unbeachtlich. Der Bewertungsausschuss sei nicht berechtigt, durch die Streichung von Leistungspositionen für eine bestimmte Arztgruppe mittelbar deren Behandlungsmöglichkeiten in der vertragsärztlichen Versorgung einzuschränken bzw. aufzuheben. Solange weder im Fünften Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) noch in der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) eine Regelung des Inhalts enthalten sei, dass Ärzte mit bestimmten, nach dem Weiterbildungsrecht anerkannten Facharztbezeichnungen nicht zulassungsfähig seien, ergebe sich zumindest aus Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz ein Anspruch aller weitergebildeten Ärzte auf Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung (Urteil vom 13.08.2008 - L 11 (10) KA 85/07 -).

Mit ihrer Revision hat die Klägerin eine Verletzung des § 95 Abs. 2 und 3 SGB V gerügt. Der Beigeladene zu 5) sei als Arzt für Herzchirurgie nicht zulassungsfähig. Die Teilnahme an der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung setze voraus, dass die Leistungen, zu deren Erbringung der Arzt mit der Zulassung berechtigt und verpflichtet werde, in nennenswertem Umfang überhaupt ambulant erbracht werden könnten. Das sei bei der Herzchirurgie nicht der Fall. Aus der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) ergebe sich, dass der Vertragsarzt die wesentlichen Leistungen seines Fachgebiets im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung auch tatsächlich anbieten und erbringen müsse. Die wesentlichen Leistungen des Fachgebietes der Herzchirurgie seien jedoch operative Interventionen, die ganz überwiegend im stationären Bereich durchgeführt würden. Deshalb sei der GBA durchaus berechtigt, im Rahmen seiner Kompetenz zur Regelung der Einzelheiten der vertragsärztlichen Bedarfsplanung zu bestimmen, dass Fachärzte für Herzchirurgie nicht zur Gruppe der Chirurgen im bedarfsplanungsrechtlichen Sinne gehören und generell nicht zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen werden könnten. Unzutreffend sei im Übrigen die Auffassung, alle Ärzte mit abgeschlossener Weiterbildung könnten zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen werden. Das sei ersichtlich ...

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