Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Instandhaltung selbst bewohnten Wohneigentums. dauerhaft bewohntes Segelboot. Austausch des vorhandenen Petroleumofens gegen einen Dieselofen

 

Leitsatz (amtlich)

1. § 22 Abs 2 S 1 SGB II in der zum 1.1.2011 in Kraft getretenen Fassung ist seinem Wortlaut nach ausdrücklich auf selbst bewohntes Wohneigentum im Sinne von § 12 Abs 3 S 1 Nr 4 SGB II beschränkt.

2. Eine entsprechende oder analoge Auslegung der Norm dahingehend, dass auch Instandhaltungs- und Reparaturkosten für andere Unterkunftsformen, hier zum Beispiel für ein Segelboot, erfasst sind, kommt in Anbetracht des eindeutigen Wortlauts der Norm nicht in Betracht.

3. Die Anschaffung eines Boots-Diesel-Ofens für ein Segelboot stellt bei einem bisher mit einem Petroleum-Ofen beheizten Segelboot keine Aufwendung für die Instandhaltung und Reparatur, sondern eine erheblich wertsteigernde Neuanschaffung dar.

 

Normenkette

SGB II § 22 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1, § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 4, § 24 Abs. 3 S. 1 Nr. 1; GG Art. 13

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 12.08.2020; Aktenzeichen B 14 AS 205/20 B B)

 

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Übernahme der Kosten für die Anschaffung eines Boots-Diesel-Ofens für sein Motorsegelboot i.H.v. 2.671,50 €.

Der 1959 geborene Kläger bezieht laufend Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) von dem Beklagten. Im Jahr 2016 erwarb er ein Motorsegelboot (Baujahr 1980, Länge 990 cm, Gewicht ca. 8 Tonnen), laut Kaufvertrag zu einem Kaufpreis von 6.000 €, wobei er lediglich 3.000 € direkt an den Verkäufer zahlte. Nach seinen Angaben lebt er seit geraumer Zeit auf diesem Boot. Seit 2018 und bis Oktober 2019 lag das Boot auf dem Gelände der Bootswerft J., K., L., u.a. zur Durchführung von Reparaturarbeiten. Nach Mitteilung des Klägers liegt das Boot seitdem im M.. Beheizt wird das Boot bisher mit Petroleum, einen Diesel-Ofen entsprechend dem beantragten gab es auf dem Boot in der Vergangenheit nicht.

Der Beklagte bewilligte dem Kläger in den letzten Jahren laufend Leistungen nach dem SGB II, wobei zumindest zeitweise ein geringfügiges Einkommen aus einer Tätigkeit als Taxifahrer berücksichtigt wurde. Dabei anerkannte der Beklagte auch vom Kläger in unterschiedlicher Höhe nachgewiesene laufende Kosten, welche dieser für das Bewohnen des Bootes geltend machte, insbesondere für die Anschaffung von Petroleum sowie Liegegebühren.

Am 16. Juli 2018 beantragte der Kläger die Übernahme der Kosten für einen Boots-Diesel-Ofen i.H.v. 2.671,50 €. Diesbezüglich teilte er mit, dass er zurzeit seine Kajüte auf dem von ihm bewohnten Segelboot mit einem Petroleumofen beheize. Dieser Ofen sei jedoch nicht für den permanenten Einsatz geeignet, da bei einem Dauereinsatz für eine ausreichende Belüftung und Sauerstoffzufuhr gesorgt werden müssten. Die Heizkosten mit dem Petroleumofen seien zudem im Gegensatz zu einem Dieselofen erheblich höher. Am 1. August 2018 führte der Beklagte einen Ortstermin auf dem Boot des Klägers durch und machte auch Fotos von der Örtlichkeit.

Mit Bescheid vom 28. August 2018 lehnte der Beklagte den Antrag des Klägers ab und führte aus, im Rahmen des durchgeführten Hausbesuches sei festgestellt worden, dass das Boot in einem unbewohnbaren Zustand sei. Infolgedessen bestehe kein Anspruch auf die Weitergewährung der Kosten der Unterkunft in tatsächlicher Höhe nach § 22 SGB II. Der Kläger legte am 5. September 2018 Widerspruch gegen den Bescheid ein und führte unter anderem aus, bei dem Boot handele es sich selbstverständlich um seine Unterkunft, er habe dort seinen gewöhnlichen Aufenthalt. Mit Widerspruchsbescheid vom 20. September 2018 wies der Beklagte den Widerspruch zurück mit der Begründung, der Kläger habe bisher keinen Boots-Diesel-Ofen besessen. Vielmehr habe er bisher mit Petroleum geheizt, es handele sich bei dem geltend gemachten Bedarf nicht um Aufwendungen der Instandhaltung und auch nicht um eine Reparatur, daher scheide die Übernahme der Kosten für die Beschaffung des Ofens nach § 22 Abs. 2 SGB II aus. Auch die Übernahme der Kosten nach § 24 Abs. 3 SGB II als Erstausstattung komme nicht in Betracht, da es sich bei dem Ofen nicht um ein Haushaltsgerät handele. Vielmehr stelle die Anschaffung des Boots-Diesel-Ofens eine Neuanschaffung dar und sei nicht im Rahmen des SGB II zu übernehmen.

Der Kläger hat am 4. Oktober 2018 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Bremen erhoben und im Wesentlichen ausgeführt, er habe einen Anspruch auf Erteilung einer Zusicherung zu den Aufwendungen, die zur Anschaffung eines Boots-Diesel-Ofens erforderlich seien. Das Boot sei durchaus in einem bewohnbaren Zustand. Er benötige den Boots-Diesel-Ofen auch im Hinblick auf den bevorstehenden Winter. Das Boot stelle auch seine Unterkunft dar. Die Sanierungskosten würden sich auf etwa 2.500 € belaufen. Er könne nicht auf den Petroleumofen...

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