1. Begriff des Arbeitsmittels

 

Rn. 840

Stand: EL 161 – ET: 11/2022

§ 9 Abs 1 S 3 Nr 6 EStG enthält keine Legaldefinition des Arbeitsmittels. Die im Gesetz erwähnten Werkzeuge und die typische Berufskleidung stellen lediglich Bsp für Arbeitsmittel dar. Der BFH versteht in st Rspr unter Arbeitsmittel alle WG, die ausschließlich oder doch nahezu ausschließlich und unmittelbar zur Erledigung der dienstlichen Aufgaben dienen (BFH v 14.01.2021, VI R 15/19, BStBl II 2021, 453 mwN). Angesichts des allgemeinen WK-Begriffs (s Rn 73) zu Recht kritisch gegenüber dem Definitionsmerkmal des "unmittelbaren" Dienens v Bornhaupt, FR 2000, 971; Kreft/Bergkemper in H/H/R, § 9 EStG Rz 509; Thürmer in Brandis/Heuermann, § 9 EStG Rz 446: Ein mittelbarer Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit genügt, sofern dieser nicht allzu lose ist.

Für die Praxis spielt diese Problematik allerdings keine nennenswerte Rolle, weil einerseits der BFH das Unmittelbarkeitskriterium nicht sehr eng auslegt (anerkannt beispielsweise die Aufwendungen für einen Schreibtisch, BFH v 25.09.1992, VI R 109/87, BStBl II 1993, 106) und andererseits bei einem bloß mittelbaren Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit die Aufwendungen vielfach auch durch die Lebensführung veranlasst sind und der WK-Abzug daran scheitert.

 

Rn. 841

Stand: EL 161 – ET: 11/2022

Es ist nicht erforderlich, dass das WG von Anfang an als Arbeitsmittel genutzt wird. Wird der zunächst privat genutzte Gegenstand umgewidmet und nunmehr zu beruflichen Zwecken verwendet, wird er von diesem Zeitpunkt an zum Arbeitsmittel (BFH v 02.02.1990, VI R 22/86, BStBl II 1990, 684; Kottke, DB 1998, 1255); die AK sind in diesem Falle unter Berücksichtigung fiktiver AfA für die Zeit der Privatnutzung zu berücksichtigen.

 

Rn. 842

Stand: EL 161 – ET: 11/2022

Im Regelfall handelt es sich bei den Arbeitsmitteln um körperliche Gegenstände (§ 90 BGB). Dies ist aber keinesfalls zwingend und wird von der Definition des Arbeitsmittels durch den BFH auch nicht vorausgesetzt. Auch immaterielle WG wie beispielsweise ein Softwareprogramm oder ein Telefonanschluss (FG Nbg v 22.11.1979, VI 273/78, EFG 1980, 176) können Arbeitsmittel sein, ebenso Tiere (§ 90a BGB).

Zu den Arbeitsmitteln gehören auch WG, die der Berufsfortbildung dienen, wie zB Fachzeitschriften.

 

Rn. 843

Stand: EL 161 – ET: 11/2022

Die Qualifikation als Arbeitsmittels ändert nichts an der Zugehörigkeit des WG zum PV.

2. Zusammenhang mit einer Einkunftsart

 

Rn. 844

Stand: EL 161 – ET: 11/2022

Zum Arbeitsmittel wird ein Gegenstand nicht schon durch die Art seiner Beschaffenheit, sondern durch die tatsächliche Verwendung im Rahmen einer Einkunftsart. Erst der konkrete Einsatz im Rahmen einer auf Einkunftserzielung gerichteten Tätigkeit macht das WG zum Arbeitsmittel (Kreft/Bergkemper in H/H/R, § 9 EStG Rz 509; Geserich in K/S/M, § 9 EStG H 30). Dies folgt aus der objektiven Komponente des für alle WK geltenden Veranlassungsprinzips, wonach Voraussetzung für deren Anerkennung ist, dass die Aufwendungen objektiv im Zusammenhang mit der auf Einnahmeerzielung gerichteten Tätigkeit stehen (s Rn 65).

 

Rn. 845

Stand: EL 161 – ET: 11/2022

Wird ein Arbeitsmittel (noch) nicht für die Berufstätigkeit genutzt, ist der objektive Zusammenhang mit der auf Einnahmeerzielung gerichteten Tätigkeit nicht gegeben. Das hat Bedeutung für den Fall, dass das Arbeitsmittel oder die Aufwendungen dafür vor erstmaliger Verwendung verloren gehen. So hat der BFH (BFH v 21.03.1975, VI R 131/73, BStBl II 1975, 641; zustimmend v Bornhaupt, FR 2000, 971; aA Thürmer in Brandis/Heuermann, § 9 EStG Rz 448; Kreft/Bergkemper in H/H/R, § 9 EStG Rz 193) beispielsweise die Klage eines angestellten Handelsvertreters, dessen Anzahlung auf einen Pkw vom Verkäufer veruntreut wurde, abgewiesen, weil der Pkw erst durch die tatsächliche Nutzung zu beruflichen Zwecken zum Arbeitsmittel geworden wäre. Zutreffenderweise wird man bei Fehlmaßnahmen für die Einordnung als Arbeitsmittel auf die beabsichtigte berufliche Verwendung des WG abzustellen haben, die der StPfl freilich nachzuweisen oder zumindest glaubhaft zu machen hat (ebenso Geserich in K/S/M, § 9 EStG Rz H 43; Krüger in Schmidt, § 9 EStG Rz 265). Auch der BFH stellt mittlerweile auf die beabsichtigte tatsächliche Verwendung ab (BFH v 20.05.2010, VI R 53/09, BStBl II 2011, 723).

 

Rn. 846

Stand: EL 161 – ET: 11/2022

Auch wenn ein Gegenstand noch nicht kraft seiner Natur Arbeitsmittel ist, so ist doch der Nachweis der berufsbezogenen Verwendung als Arbeitsmittel wesentlich erleichtert, wenn das WG seinem objektiven Charakter nach typischerweise nur beruflich genutzt wird, wie zB bei auf eine spezielle Berufstätigkeit zugeschnittenen Werkzeugen oder Fachliteratur. In einem solchen Fall wird die WK-Eigenschaft durch die Art des WG indiziert.

Ist das WG hingegen von seiner Art her auch zur Nutzung im Rahmen der allgemeinen Lebensführung (§ 12 Nr 1 S 2 EStG) geeignet oder werden WG dieser Gattung gar üblicherweise für Zwecke der Lebensführung angeschafft, ist für die Einordnung als Arbeitsmittel der tatsächliche Verwendungszweck im Einzelfal...

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