Rn. 510

Stand: EL 161 – ET: 11/2022

Maßgebend für die der Entfernungspauschale zugrunde zu legende Wegstrecke ist nach wie vor die kürzeste Straßenverbindung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte (§ 9 Abs 1 S 3 Nr 4 S 4 Hs 1EStG). Dies gilt auch dann, wenn der StPfl den Weg zur Arbeit nicht per Pkw, sondern mit einem anderen Verkehrsmittel oder zu Fuß zurücklegt, so zB wenn die öffentlichen Verkehrsmittel einen längeren Weg benötigen (s FG BdW v 30.03.2009, 4 K 5374/08, EFG 2009, 926) oder der StPfl einen kürzeren Fußweg nutzt.

Eine Ausnahme davon ist (notgedrungen) dann zu machen, wenn die Wohnung oder die erste Tätigkeitsstätte nicht über einen Straßenanschluss verfügt, zB im Falle einer Berghütte. In diesem Falle wird die kürzeste Wegverbindung zu berücksichtigen sein.

 

Rn. 511

Stand: EL 161 – ET: 11/2022

Straßenverbindung iSd § 9 Abs 1 S 3 Nr 4 S 4 EStG ist die kürzeste Strecke zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte auf öffentlichen Straßen iSd § 2 StVG, die dem allgemeinen Kraftfahrzeugverkehr dienen. Dies gilt unabhängig vom tatsächlich benutzten Verkehrsmittel einheitlich auch dann, wenn diese über eine Bundesstraße führt, die gemäß § 18 StVO nur von Fahrzeugen befahren werden darf, deren durch die Bauart bestimmte Höchstgeschwindigkeit mehr als 60 km/h beträgt (BFH v 24.09.2013, VI R 20/13, BStBl II 2014, 259).

 

Rn. 512

Stand: EL 161 – ET: 11/2022

Eine andere als die kürzeste Straßenverbindung kann nach § 9 Abs 1 S 3 Nr 4 S 4 Hs 2 EStG zugrunde gelegt werden, wenn diese offensichtlich verkehrsgünstiger ist und vom ArbN regelmäßig für die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte genutzt wird.

 

Beispiel 1:

(1) Die kürzeste Straßenverbindung (Landstraße mit Ortsdurchfahrten) beträgt 80 km,
(2) der Weg über die Autobahn 100 km,
(3) die Eisenbahnstrecke (ICE-Verbindung) 120 km.

Die Fahrzeit beträgt über Strecke (1) 2 Stunden, Strecke (2) 1 Stunde, Strecke (3) 30 Minuten. Der ArbN fährt mit dem ICE zur Arbeit.

Lösung:

Hier ist eine Entfernung von 80 km (Weg 1) zugrunde zu legen. Der Ansatz einer Entfernung von 120 km (Weg 3) scheitert daran, dass es sich nicht um eine Straßenverbindung handelt, der Ansatz der Autobahnverbindung (Weg 2) daran, dass sie vom StPfl nicht regelmäßig genutzt wird.

 

Beispiel 2:

(1) Die Fahrzeit über die kürzeste Straßenverbindung beträgt mit dem Pkw 30 Minuten,
(2) über eine Schnellstraße 15 Minuten.
(3) Eine Buslinie, die über die kürzeste Straßenverbindung geführt wird, benötigt 60 Minuten,
(4) die U-Bahn, die dem Verlauf der Schnellstraße folgt, 35 Minuten.

Der StPfl fährt mit der U-Bahn.

Lösung:

In diesem Fall kommt die kürzeste Straßenverbindung zum Ansatz, da die Fahrzeit mit dem Pkw (30 Minuten) kürzer ist als jene mit der U-Bahn auf dem längeren Weg (35 Minuten). Als Fahrzeit über die längere Strecke (Schnellstraße) ist dabei die des tatsächlich genutzten Verkehrsmittels (U-Bahn) heranzuziehen, da das Verkehrsmittel Pkw auf dieser Strecke vom StPfl nicht regelmäßig genutzt wird. Die Fahrzeit auf der kürzesten Straßenverbindung kann sich hingegen nur nach der Fahrzeit mit dem Pkw richten, zumal die kürzeste Streckenverbindung in vielen Fällen gar nicht durch ein öffentliches Verkehrsmittel bedient wird.

 

Rn. 513

Stand: EL 161 – ET: 11/2022

Eine Straßenverbindung ist dann verkehrsgünstiger als die kürzeste Verbindung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte, wenn der ArbN eine andere – längere – Straßenverbindung nutzt und auf diese Weise die Tätigkeitsstätte trotz gelegentlicher Verkehrsstörungen idR schneller und pünktlicher erreicht (BFH v 10.10.1975, VI R 33/74, BStBl II 1975, 852; BFH v 10.04.2007, VI B 134/06, BFH/NV 2007, 1309). "Offensichtlich" verkehrsgünstiger iSd § 9 Abs 1 S 3 Nr 4 S 4 Hs 2 EStG ist die vom ArbN gewählte Straßenverbindung, wenn ihre Vorteilhaftigkeit so auf der Hand liegt, dass sich jeder unvoreingenommene, verständige Verkehrsteilnehmer unter den gegebenen Verkehrsverhältnissen für die Benutzung der Strecke entschieden hätte (BFH v 16.11.2011, VI R 46/10, BStBl II 2012, 470; BFH v 16.11.2011, VI R 19/11, BStBl II 2012, 520).

Zu vergleichen sind die kürzeste und die vom ArbN regelmäßig für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte genutzte längere Straßenverbindung; weitere mögliche, tatsächlich aber nicht benutzte Fahrtstrecken bleiben dagegen unberücksichtigt (BFH v 16.11.2011, VI R 46/10, BStBl II 2012, 470).

Konkrete zeitliche Vorgaben, die erfüllt sein müssen, um eine Straßenverbindung als "offensichtlich verkehrsgünstiger" als die kürzeste Fahrtroute anzusehen, gibt es nicht; dies richtet sich vielmehr nach den Umständen des Einzelfalls (BFH v 16.11.2011, VI R 19/11, BStBl II 2012, 520). Dabei sind auch andere Umstände (Streckenführung, Schaltung von Ampeln oÄ) zu berücksichtigen. So können zB Besonderheiten einer Fährverbindung (wie Wartezeiten, technische Schwierigkeiten oder Auswirkungen der Witterungsbedingungen auf den Fährbetrieb) dazu führen, dass eine andere Straßenverbindung als "offensichtlich verkehrsgünstiger"...

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