Rn. 648

Stand: EL 161 – ET: 11/2022

Die Entfernungspauschale ist nicht nur für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte iSd § 9 Abs 4 EStG anzusetzen, sondern auch, wenn ein ArbN zwar keine erste Tätigkeitsstätte hat, er aber nach den dienst- oder arbeitsrechtlichen Festlegungen sowie den diese ausfüllenden Absprachen und Weisungen zur Aufnahme seiner beruflichen Tätigkeit dauerhaft denselben Ort (sog Sammelpunkt) oder dasselbe weiträumige Tätigkeitsgebiet typischerweise arbeitstäglich aufzusuchen hat. In diesen Fällen gilt § 9 Abs 1 S 3 Nr 4 EStG nach § 9 Abs 1 S 3 Nr 4a S 3 EStG für die Fahrten von der Wohnung zu diesem Ort oder dem zur Wohnung nächstgelegenen Zugang zum Tätigkeitsgebiet entsprechend.

Für die Fahrten innerhalb des weiträumigen Tätigkeitsgebiets kann der StPfl wiederum die tatsächlichen Aufwendungen gemäß § 9 Abs 1 S 3 Nr 4a S 1 u 2 EStG beanspruchen.

a) Sammelpunkt

 

Rn. 649

Stand: EL 161 – ET: 11/2022

Als vom ArbG dauerhaft festgelegten Ort, an dem sich der ArbN aufgrund seiner arbeitsvertraglichen Festlegungen regelmäßig einzufinden oder seine dienstlichen Tätigkeiten regelmäßig aufzunehmen hat, nennt die Gesetzesbegründung unter anderem ein Busdepot oder einen Fährhafen (BT-Drucks 17/10774, 13).Unter die Regelung können zudem solche ArbN fallen, die sich aufgrund Anweisung des ArbG am Betriebssitz oder Ähnlichem einzufinden haben, um dort ein Firmenfahrzeug in Empfang zu nehmen oder von dort im Rahmen der Sammelbeförderung zur Einsatzstelle gebracht werden.

Bei der Übernahme eines Fahrzeugs ist darauf zu achten, dass in diesem Zusammenhang keine vor- oder nachbereitenden Tätigkeiten ausgeführt werden dürfen, weil ansonsten schon eine erste Tätigkeitsstätte zu bejahen sein kann (zur Übernahme eines Rettungsfahrzeugs durch einen Rettungsassistenten s BFH v 30.09.2011, VI R 11/19, BStBl II 2021, 308). Das hat zwar keine Auswirkungen auf die Fahrtkosten, wohl aber auf die Inanspruchnahme von Verpflegungsmehraufwendungen.

b) Weiträumiges Tätigkeitsgebiet

 

Rn. 650

Stand: EL 161 – ET: 11/2022

Nach Verwaltungsauffassung liegt ein weiträumiges Tätigkeitsgebiet vor, wenn die vertraglich vereinbarte Arbeitsleistung auf einer festgelegten Fläche und nicht innerhalb einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung ausgeübt werden soll (BMF v 25.11.2020, BStBl 2020, 1228 Tz 42; ebenso FG BBg v 09.04.2019, 5 K 5269/17, EFG 2019, 1088, rkr – verneint für einen Versicherungsbezirk; FG FG Nds v v 03.02.2021, 4 K 11 006/17, EFG 2021, 748 – bejaht für den Hamburger Hafen, Rev anhängig unter VI R 4/21).Dies soll zB Zusteller und Forstarbeiter betreffen.

Die Gesetzesbegründung nennt in diesem Zusammenhang zudem das Hafengebiet und den Bezirk eines Schornsteinfegers (BT-Drucks 17/10774, 13). Soweit Verwaltung und Gesetzgeber zudem den Zustellbezirk eines Briefzustellers als weiträumiges Tätigkeitsgebiet nennen, dürfte bereits eine erste Tätigkeitsstätte vorliegen, da Postzusteller am Zustellzentrum regelmäßig arbeitstäglich vor- und nachbereitende Tätigkeiten (zB Sortiertätigkeiten, Abschreibpost, Abrechnungen) ausüben, und dann bereits eine erste Tätigkeitsstätte gegeben ist (BFH v 30.09.2020, VI R 10/19, BStBl II 2021, 306; BFH v 30.09.2020, VI R 12/19, BFH/NV 2021, 307).

Bezirksleiter und Vertriebsmitarbeiter, die verschiedene Niederlassungen betreuen, oder mobile Pflegekräfte, die verschiedene Personen in deren Wohnungen in einem festgelegten Gebiet betreuen, sowie Schornsteinfeger sind nach Verwaltungsauffassung von dieser Regelung nicht betroffen (BMF v 25.11.2020, BStBl 2020, 1228 Tz 42).

Wird das weiträumige Tätigkeitsgebiet immer von verschiedenen Zugängen aus betreten oder befahren, ist die Entfernungspauschale aus Vereinfachungsgründen bei diesen Fahrten nur für die kürzeste Entfernung von der Wohnung zum nächstgelegenen Zugang anzuwenden (BMF v 25.11.2020, BStBl 2020, 1228 Tz 43; kritisch Thürmer in Brandis/Heuermann, § 9 EStG Rz 315).

Für alle Fahrten innerhalb des weiträumigen Tätigkeitsgebiets sowie für die zusätzlichen Kilometer bei den Fahrten von der Wohnung zu einem weiter entfernten Zugang können die Aufwendungen gemäß § 9 Abs 1 S 3 Nr 4a S 4 EStG nach § 9 Abs 1 S 3 Nr 4a S 1 u 2 EStG geltend gemacht werden (BMF v 25.11.2020, BStBl I 2020, 1228 Tz 44).

Zu unterscheiden ist das weiträumige Tätigkeitsgebiet von einer großräumigen, in sich geschlossenen ersten Tätigkeitsstätte, wie zB das firmeneigene Schienennetz, das ein Lokomotivführer mit der firmeneigenen Eisenbahn (Werksbahn) seines ArbG befährt (BFH v 10.03.2015, VI R 87/13, BFH/NV 2015, 724; BFH v 01.10.2020, VI R 36/18, BFH/NV 2021, 46). Ebenso kann ein großflächiges und entsprechend infrastrukturell erschlossenes Gebiet (zB Werksanlage, Betriebsgelände, Bahnhof oder Flughafen) bereits eine erste Tätigkeitsstätte darstellen (BFH v 11.04.2019, VI R 36/16, BStBl II 2019, 543; BFH v 11.04.2019, VI R 40/16, BStBl II 2019, 546; BFH v 11.04.2019, VI R 12/17, BStBl II 2019, 551).

c) Dauerhafte Zuordnung und typischerweise arbeitstägliches Aufsuchen

 

Rn. 651

Stand: EL 161 – ET: 11/2022

Die entsprechende Anwendung der Entfernungspauschale setzt gemäß § 9 Abs 1 S 3 Nr 4a...

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