Rn. 217

Stand: EL 133 – ET: 01/2019

Bei Vereinbarung gewinn- oder umsatzabhängiger Leistungen als Gegenleistung für den Erwerb von WG besteht in systematischer Betrachtung ein intensives "Wechselverhältnis" zwischen Ansatz und Bewertung. Ein Ansatz – also die bilanzrechtliche Realisation (s §§ 4, 5 Rn 410ff (Hoffmann)) – ist wesentlich vom Unsicherheitsmoment der Wertermittlung belastet. "An sich" gilt als Realisationszeitpunkt für Einmalschuldverhältnisse der Zeitpunkt, in dem der Leistende seine schuldrechtlichen Pflichten erfüllt hat und nur noch der Unsicherheit des Eingangs der Gegenleistung und etwaiger Gewährleistungsverpflichtungen unterliegt. Hier ist das dem BFH in st Rspr zufolge jedem wirtschaftlichen Handeln innewohnende Unsicherheitsmoment ausreichend zurückgedrängt, so dass dem Realisationsvorgang nichts mehr entgegensteht. Die "Risikominimierung" wird in diesem Zeitpunkt als ausreichend erachtet.

In Sonderfällen einer gewinn- oder umsatzabhängigen Gegenleistung wird vom BFH allerdings die Unsicherheitshürde als zu hoch eingeschätzt. Nach Auffassung des BFH begründen gewinnabhängige Kaufpreisraten lediglich aufschiebend bedingte Ansprüche (§ 158 Abs 1 BGB). Die Gewinnrealisierung ist nach allg Grundsätzen jedoch davon abhängig, dass die Forderung wirtschaftlich entstanden ist, was wieder erfordert, dass die für ihre Entstehung wesentlichen wirtschaftlichen Ursachen gesetzt sind u der Kaufmann mit dem künftigen Eingang des zivilrechtlichen Anspruchs fest rechnen kann (BFH v 26.04.1995, I R 92/94, BStBl II 1995, 594; BFH v 17.09.1992, I R 24/92, BFH/NV 1994, 578). Genau diese Voraussetzung fehlt jedoch (BFH VIII, BStBl II 2002, 532). Daher liegen nach Auffassung des BFH bei Vereinbarung gewinn- oder umsatzabhängiger Gegenleistungen AK erst im Zeitpunkt des Anfalls der Einnahmen oder Gewinne vor (BFH v 01.09.2010, IV B 132/09, BFH/NV 2011, 27). Korrespondierend damit steht dem Veräußerer kein Wahlrecht über die Besteuerung seines Veräußerungsgewinnes zwischen der Sofortbesteuerung oder der laufenden Besteuerung zu (vgl H 16 Abs 11 EStH 2017 sowie ausführlich zur Problematik der variablen Veräußerungsentgelte Müller/Dorn, NWB 2017, 982ff). Im Zusammenhang mit der Veräußerung eines einzelnen WG durch einen bilanzierenden StPfl stellt sich zudem die Frage, wann das wirtschaftliche Eigentum vom Veräußerer auf den Erwerber übergegangen ist.

 

Beispiel (nach Hoffmann, PiR 2006, 209):

Die Biotec AG (B) überlässt durch einen zeitlich und örtlich unbefristeten Lizenzvertrag das Patent an einem erfolgversprechenden neuen Präparat exklusiv an den Pharmakonzern R. Das patentierte Präparat hat die dritte klinische Testphase erfolgreich überstanden, die behördliche Zulassung zum Verkauf als Arzneimittel steht vor der Tür (alternativ: ist bereits erfolgt). Der Kaufpreis berechnet sich nach einem festen Prozentsatz des Umsatzes, den der Pharmahersteller während der Patentlaufzeit (restlich 12 Jahre) aus diesem Präparat erzielen wird.

Die sog "Auslizenzierung" gilt wirtschaftlich als Veräußerung. Allerdings ist nach Maßgabe der vorstehenden BFH-Rspr der aus dem Veräußerungsgeschäft zu erzielende Umsatz unsicher und lässt sich nicht zuverlässig schätzen. Die Umsatzrealisation bei der B ist dann nur jeweils entsprechend dem Geldeingang vorzunehmen. Andererseits muss das Patent beim Erwerber aktiviert werden. Die Frage ist dann, wann und in welcher Höhe. Beim Veräußerer stellt sich umgekehrt die Frage der Ausbuchung zumindest dann, wenn das betreffende Patent aufgrund eigenen entgeltlichen Erwerbs einen Buchwert ausweist. Bei einer Ausbuchung im Zeitpunkt des Verkaufs steht dem Restbuchwert als Aufwand kein Erlös gegenüber.

Das Ergebnis wirkt unbefriedigend, weshalb in der Praxis wenigstens der Ausweis eines Verlusts durch Gegenbuchung eines Veräußerungserlöses in Höhe des Restbuchwertes des veräußerten Patentes vorgenommen wird (vgl hierzu Neu/Stamm, DStR 2005, 145 sowie das Fallbeispiel von Mellwig/Hastedt, DB 1992, 1589). Diese Vorgehensweise ist insofern inkonsequent, als eine ausreichend zuverlässige Schätzung und damit die Möglichkeit der Aktivierung beim Erwerber gerade in Höhe des Restbuchwertes unterstellt wird. Bei Anwendung der Lösungen des BFH zur Veräußerung von Mitunternehmeranteilen in den Urt BFH BStBl III 1964, 622; BStBl II 2002, 532 bleibt nur die sukzessive Aktivierung der an den Veräußerer gezahlten Lizenzvergütung während der Vertragslaufzeit. Die vorzunehmende AfA auf das Patent beim Erwerber ist dann ebenfalls jährlich anzupassen.

Nachträgliche Minderungen eines Kaufpreises wegen Nichterreichens der vereinbarten Bemessungsgrundlage (zB Umsatz einer erworbenen Steuerberatungspraxis) führen zur Anpassung der AK und damit der AfA-Bemessungsgrundlage mit Wirkung ex nunc (FG D'dorf EFG 2003, 1296).

 

Rn. 218–219

Stand: EL 133 – ET: 01/2019

vorläufig frei

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