Rn. 30

Stand: EL 152 – ET: 08/2021

Durchbrochen wird die abgeltende Wirkung in den Fällen des § 50 Abs 2 S 2 EStG (s Rn 13ff). Es ist daher einzelfallspezifisch für den Zeitpunkt der steuerlichen Erfassung der Einkünfte zu analysieren, ob es bei der grds greifenden Abgeltungswirkung bleibt.

1. Einkünfte eines inländischen Betriebs (§ 50 Abs 2 S 2 Nr 1 EStG)

 

Rn. 31

Stand: EL 152 – ET: 08/2021

Die Abgeltungswirkung der Abzugsteuer tritt nach § 50 Abs 2 S 2 Nr 1 EStG nicht ein, wenn die Einkünfte – besser Einnahmen, die dem Steuerabzug unterliegen – in einem inländischen Betrieb anfallen. IRd dann erfolgenden Veranlagung werden die nach wie vor einzubehaltenden Steuerabzugsbeträge nach § 36 Abs 2 Nr 2 EStG auf die ESt angerechnet.

 

Rn. 32

Stand: EL 152 – ET: 08/2021

Es muss demnach ein inländischer Betrieb und damit idR auch eine inländische Betriebsstätte iSd § 12 AO oder ein inländischer Vertreter iSd § 13 AO vorliegen (vgl BFH v 23.10.1991, BStBl II 1992, 185). Ein inländischer Betrieb ist bei allen Gewinneinkünften möglich, sodass Einkünfte aus luf, gewerblichen und selbstständigen Betrieben erfasst werden. Maßgebend für die Auslegung der Begrifflichkeit des "inländischen Betriebs" iSd § 50 Abs 2 S 2 Nr 1 EStG ist mE nur das nationale Steuerrecht; irrelevant sollten daher insb abkommensrechtliche Regelungen sein. Als inländischer Betrieb sollten mithin bspw auch gewerblich infizierte bzw geprägte PersGes qualifizieren, da diese gemäß § 15 Abs 3 Nr 1 u 2 EStG als Gewerbebetrieb gelten; unerheblich sollte diesbezüglich etwa sein, wenn die durch die PersGes vermittelten Einkünfte nach einem anwendbaren DBA (partiell) nicht als Unternehmensgewinne iSd Art 7 OECD-MA qualifizieren und aus abkommensrechtlicher Perspektive auch keine Betriebsstätte iSd Art 5 OECD vorliegt (s BFH v 29.11.2017 BFH/NV 2017, 684).

 

Rn. 33

Stand: EL 152 – ET: 08/2021

Nicht abschließend geklärt ist ferner, welcher Zusammenhang zwischen den Einkünften und dem inländischen Betrieb gegeben sein muss, damit tatbestandsseitig "Einkünfte eines inländischen Betriebs" vorliegen. Mangels spezifischer gesetzlicher Regelung kann mE sowohl ein wirtschaftlicher Zusammenhang – etwa Veranlassung durch eine inländische Betriebsstätte (s Herkenroth/Striegel in H/H/R, § 50 Rz 222 (Februar 2021)) bzw Prüfung gemäß der BetriebsstättengewinnaufteilungsVO v 17.10.2014 (BGBl I 2014, 1603) – als auch ein rechtlicher Zusammenhang (bspw Anteile an einer KapGes im Gesamthandsvermögen einer PersGes; s Bsp unten) maßgebend sein. Insb nicht erforderlich sollte eine abkommensrechtliche funktionale/tatsächliche Zuordnung sein.

 

Beispiel:

Eine natürliche Person ist in einem ausländischen DBA-Staat ansässig. Sie ist 100 %ige Kommanditistin einer iSd § 15 Abs 2 EStG gewerblich tätigen PersGes mit ausschließlicher Betriebsstätte iSd § 12 AO im Inland. Im Gesamthandsvermögen der PersGes befindet sich eine 100 %ige Beteiligung an einer im Inland ansässigen KapGes.

Eine Gewinnausschüttung der KapGes führt zu einer beschränkten EStPfl der natürlichen Person im Inland. Die Gewinnausschüttung unterliegt der KapSt. Die Abgeltungswirkung des Steuerabzugs greift aufgrund der Ausnahmeregelung des § 50 Abs 2 S 2 Nr 1 EStG nicht.

Kein anderes Ergebnis stellt sich ein, wenn die PersGes nicht originär gewerblich tätig ist, sondern gewerblich geprägt iSd § 15 Abs 3 Nr 2 EStG. Dies gilt ungeachtet der Tatsache, dass die über die PersGes erzielte Gewinnausschüttung aus Sicht des anzuwendenden DBA nicht als Unternehmensgewinn iSd Art 7 OECD-MA nachgebildeten Vorschrift einzustufen ist und potenziell auch keine abkommensrechtliche Betriebsstätte iSd Art 5 OECD-MA nachgebildeten Vorschrift vorliegt.

2. Nachträglich sich ergebende Einkünfte (§ 50 Abs 2 S 2 Nr 2 EStG)

 

Rn. 34

Stand: EL 152 – ET: 08/2021Stand: EL 152 – ET: 08/2021

§ 50 Abs 2 S 2 Nr 2 Hs 1 EStG hebt die Abgeltungswirkung des Steuerabzugs zu Lasten des StPfl für die Fälle auf, in denen nachträglich festgestellt wird, dass zu Unrecht von einer unbeschränkten StPfl ausgegangen wurde, in Wirklichkeit aber beschränkte StPfl vorlag. Unerheblich ist hierbei, ob die Annahme der unbeschränkten StPfl tatbestandsseitig auf § 1 Abs 2 3 EStG oder § 1a EStG beruhte. Ebenfalls irrelevant ist, ob die FinBeh das Fehlen der Voraussetzungen für eine unbeschränkte StPfl bereits vorher hätte bemerken können. Es gelten mithin andere Grundsätze als bei den iRd § 173 AO erforderlichen neuen Tatsachen.

 

Rn. 35

Stand: EL 152 – ET: 08/2021

Die Norm soll die Nacherhebung der Abzugsteuer nach den Regeln der beschränkten StPfl ermöglichen.

 

Rn. 36

Stand: EL 152 – ET: 08/2021

In der Praxis bedeutsam ist die Regelung idR nur bei der LSt. So ist eine Nacherhebung der Abzugsteuer nach den Regeln der beschränkten StPfl möglich, wenn beim Steuerabzug iRd unbeschränkten StPfl Vergünstigungen wie bspw das Ehegatten-Splitting gewährt worden sind, die bei beschränkter StPfl nicht zu gewähren wären. § 50 Abs 2 S 2 Nr 2 Hs 2 EStG ordnet die sinngemäße Anwendung des § 39 Abs 7 EStG an, wonach ua zu wenig einbehaltene LSt vom ArbN nachgefordert werden kann, wenn sie die Bagatellgrenze von EUR 10 übersteigt.

 

Rn. 37

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