Bindung des Antrags nach § 32d Abs. 2 Nr. 3b EStG
Bei den Einkünften aus den Anteilen an der GmbH handelt es sich um Kapitaleinkünfte im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG. Diese Einkünfte sind grundsätzlich nach dem gesonderten Tarif für Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von 25 % abgeltend zu besteuern. Dies gilt jedoch nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe b) EStG nicht, wenn der Steuerpflichtige im Veranlagungszeitraum, für den der Antrag erstmals gestellt wird, unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 1 % an der Kapitalgesellschaft beteiligt ist und durch eine berufliche Tätigkeit für diese maßgeblichen unternehmerischen Einfluss auf deren wirtschaftliche Tätigkeit nehmen kann (Besteuerung nach Tarif, Teileinkünfteverfahren 60 %, Werbungskostenabzug).
Nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 Sätze 3 und 4 EStG gilt der Antrag für die jeweilige Beteiligung erstmals für den Veranlagungszeitraum, für den er gestellt worden ist und solange er nicht widerrufen wird, auch für die folgenden vier Veranlagungszeiträume, ohne dass die Antragsvoraussetzungen erneut zu belegen sind.
Wegfall der beruflichen Tätigkeit
Wie ist aber zu verfahren ist, wenn der Steuerpflichtige in einem Folgejahr zwar noch an der GmbH beteiligt ist, aber keine berufliche Tätigkeit mehr ausübt?
Beispiel: A war bis 31.5.2022 an einer GmbH zu 18,5 % beteiligt und deren Geschäftsführer. Ab 1.6.2022 ist er zwar noch beteiligt, übt aber keine berufliche Tätigkeit mehr aus. Bei der Einkommensteuererklärung 2022 stellte er den Antrag auf Anwendung des Teileinkünfteverfahrens.
Finanzverwaltung: Wirkung der Option entfällt
Nach Auffassung der Finanzverwaltung (BMF, Schreiben v. 18.1.2016, BStBl 2016 I S. 85) ist es ausreichend, dass die notwendige Beteiligungsquote zu irgendeinem Zeitpunkt in dem Veranlagungszeitraum, für den der Antrag erstmals gestellt wird - wie hier in 2022 -, vorliegt. Wird aber die Beteiligungsquote in einem auf die erstmalige Antragstellung folgenden Jahr nicht mehr erreicht, entfalte die vorher ausgeübte Option keine Wirkung mehr. § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 4 EStG beinhalte insoweit lediglich eine Nachweiserleichterung und ersetze nicht die Tatbestandsvoraussetzungen.
FG Köln: Fortgeltung der Option
Mit dem FG Köln kommt man zu dem Ergebnis (Urteil v. 15.12.2020, 11 K 1048/17), dass das Teileinkünfteverfahren auch in 2023 anzuwenden ist. A ist weiterhin zu mehr als 1 % an der GmbH beteiligt und hat sein Optionsrecht nicht widerrufen. Der tariflichen Besteuerung der Kapitalerträge steht auch nicht entgegen, dass er in 2023 nicht mehr für die GmbH beruflich tätig war.
Denn nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 4 werden die Tatbestandsvoraussetzungen für die Anwendung des Optionsrechts auch für die dem Antragsjahr (Erstjahr) folgenden vier Veranlagungszeiträume fingiert. Der Wegfall der beruflichen Tätigkeit für die Kapitalgesellschaft in einem der dem Antragsjahr folgenden vier Veranlagungszeiträume ist für die Fortgeltung der Option unerheblich, so das FG.
Antragsjahr für das Optionsrecht entscheidend
Die Frage ist zwar streitig, aber nach dem Willen des Gesetzgebers sei die Vorschrift dahingehend zu verstehen, dass die Voraussetzungen für das Optionsrecht lediglich im Antragsjahr vorliegen müssen und der Wegfall der beruflichen Tätigkeit für die Kapitalgesellschaft in einem der dem Antragsjahr folgenden vier Veranlagungszeiträume für die Fortgeltung der Option unerheblich ist.
Vielmehr würden die Tatbestandsvoraussetzungen für das Vorliegen der Option in den vier auf das Erstjahr folgenden Veranlagungszeiträumen fingiert. Schon der Wortlaut lege eine Fiktionswirkung nahe, da "der Antrag, solange er nicht widerrufen wird, auch für die folgenden vier Veranlagungszeiträume gilt, ohne dass die Antragsvoraussetzungen erneut zu belegen sind".
Auch aus der Gesetzesbegründung ergebe sich, dass erst nach Ablauf von fünf Veranlagungszeiträumen ein erneuter Antrag und eine Darlegung der Antragsvoraussetzungen erforderlich sind. Die Regelung soll nämlich der Vereinfachung sowohl für den Steuerpflichtigen als auch die Verwaltung dienen. Daher ist hier auch 2023 und auch in den Folgejahren - sofern kein Widerruf erfolgt - das Teileinkünfteverfahren weiter anzuwenden.
Revisionsverfahren und neues Urteil des FG Köln
Wie hier dargestellt sind im Schreiben der Finanzverwaltung (da die berufliche Tätigkeit eine Tatbestandsvoraussetzung sei) lediglich Ausführungen zum Wegfall der erforderlichen Beteiligung in einem späteren Veranlagungszeitraum und nicht zu der Frage des späteren Wegfalls der beruflichen Tätigkeit für die Kapitalgesellschaft zu finden. Hierauf hat sich aber das Finanzamt im Rahmen des Urteils des FG Köln auch für den hier vorliegenden Fall bezogen.
Daher hat der BFH unter dem Az. VIII R 2/21 nun folgende Frage zu entscheiden: Handelt es sich bei § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 4 EStG um eine gesetzliche Fiktion zur Verfahrensvereinfachung für das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen i.S. des § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG während des gesamten dort bezeichneten Zeitraums oder um eine Nachweiserleichterung, welche nicht das tatsächliche Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen ersetzt.
Aktuell folgt der 5. Senat des FG Köln ( Urteil v. 14.11.2023, 5 K 1843/16) im Wesentlichen den Überlegungen des 11. Senats. Auch hier wurde die Revision zugelassen, welche unter dem Az. VIII R 37/23 eingelegt wurde.
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vielen Dank für Ihre nunmehr erkennbare Reaktion. Wie von mir gewollt, haben Sie den Artikel überarbeitet. Wenn ich Sie richtig verstehe, war dafür sogar keine Rücksprache mit dem Autor erforderlich. Sie haben die Fehler direkt beseitigt, damit der Artikel überhaupt erst Sinn macht. Dafür gebührt Ihnen Dank. Eine Überarbeitung des ganzen Artikels zu erreichen, war eigentlich nicht mein Ziel. Da halte ich meinen Kommentar für nicht zutreffend interpretiert.
Suboptimal fand ich, dass Sie ohne erkennbare Reaktion auf meinen Kommentar die Fehler ausmerzten. Sehen Sie mir nach, wenn ich "anonym" kommentiert habe; aber das ändert m.E. nichts am Gebot der Transparenz.
Soweit Sie anmerken, aktuellere Jahreszahlen seien geeigneter, mag ich Ihnen allenfalls nur sehr eingeschränkt zustimmen. Wodurch soll ein Fall lediglich durch Verwendung anderer, nämlich lediglich aktuellerer Jahreszahlen "verständlicher und praxisbezogener" werden? Einzig die - immer noch bestehende - Aktualität dem Leser zu vermitteln, weil sich die Rechtslage zwischenzeitlich nicht geändert hat, wäre ein gutes Argument.
Und wie steht es mit der Verwendung eines anderen %-Satzes? Sollte dadurch die Thematik ebenfalls besser erkennbar werden? Ich bin diesbezüglich immer noch auf der Suche nach der gesetzlichen Grundlage, bei der dies eine Rolle spielt. Vielleicht könnten Sie mir an dieser Stelle noch einen Tipp geben. Herzlichen Dank dafür bereits im Voraus.
das Argument für die Verwendung aktueller Jahreszahlen im Beispiel haben Sie selbst genannt. Zu zeigen, dass die Rechtslage so noch besteht, war hier tatsächlich die Absicht des Autors.
Die Verwendung eines anderen %-Satzes im Beispiel hat keine besondere Bedeutung. Es geht nur um das das Überschreiten der 1 %-Hürde.
MfG, Frank Holst, Haufe Online Redaktion
Finde ich nicht gut. So sieht das ja aus, also ob ich Ihren Artikel nicht richtig gelesen und/oder verstanden habe. Das halte ich für schlechten Stil, lieber Haufe-Verlag. Das sollte nun wirklich nicht vorkommen.
Daher erlaube ich mir diese erneute Anmerkung.
besten Dank für Ihre Rückmeldung zu diesem Beitrag. Da es sich bei den Jahreszahlen um Fehler handelte, haben wir sie auf Ihren Hinweis hin direkt korrigiert.
Um auf Ihren gesamten Kommentar antworten zu können, wollten wir noch Rücksprache mit unserem Autor halten, was inzwischen erfolgt ist. Wenn zwischenzeitlich der Eindruck entstanden sein sollte, dass ihr Kommentar unpassend erscheint, tut es uns leid. Da der Kommentar anonym veröffentlicht wurde, hielten wir diese Vorgehensweise in dem Moment für nicht so problematisch.
Wir sind der Meinung, dass der Beitrag ansonsten nicht überarbeitet werden sollte. Insbesondere sind wir davon überzeugt, dass in diesem Fall die Verwendung eines Beispiels mit aktuellen Jahreszahlen wesentlich dazu beiträgt, die Thematik verständlicher und praxisbezogener zu vermitteln.
MfG, Frank Holst, Haufe Online Redaktion
Der Urteilsfall in Kurzform:
auch 2013 bis 2015 = GmbH-Gesellschafter zu 12,5%, bis
Ende 2011 = Geschäftsführer,
bis 31.3.2013 = Arbeitnehmer,
für VZ 2013 Antrag gestellt.
Streitig: Abzug von Werbungskosten (im Teileinkünfteverfahren) auch für 2014 und 2015 auf Basis dieses Antrags.
Ihr Beispiel:
A bis 31.5.2022 = GmbH-Gesellschafter zu 18,5%, zugleich Geschäftsführer,
ab 1.6.2022 kein GF mehr,
für VZ 2023.
Anmerkung: Entsprechend dem Urteilsfall müsste der Antrag für VZ 2022 (und nicht erstmals für VZ 2023) gestellt werden. Und die Frage müsste lauten: Können auch für den VZ 2023 die Werbungskosten abgezogen werden?
Im Weiteren schreiben Sie: "dass er in 2022 nicht mehr für die GmbH beruflich tätig war." Anmerkung: Das müsste eigentlich heißen "dass er in 2023 nicht mehr tätig war", was aber einen Antrag in 2022 voraussetzen würde.
Ich meine, der Artikel müsste überarbeitet werden. Erlauben Sie mir noch den Hinweis, dass es jedenfalls mir sinnvoller erscheint, einen Urteilsfall unverändert in einem Beispiel zu übernehmen. Der Leser muss ansonsten umdenken und sich zum Beispiel hier konkret die Frage stellen, ob es einen Grund hat, warum im Beispielsfall die Beteiligung 18,5%, im Urteilsfall aber 12,5% beträgt. Entsprechendes gilt für die Jahreszahlen.